Und manchmal sehe ich dich da liegen. In dem Aquariumhaus. Hinter den orangen Vorhängen, die morgens in der Sonne wehen.

Dich schwer atmend aufstehen. Mürrisch. Zerknirscht. Des Aufstehens müde.

Du machst dich fertig ein ums andere Mal mit der ewigen gleichen Routine, die dein Herz schon längst erstickt hat. Fährst in die Stadt. In dein Revier. Und alles ist grau. Selbst, wenn die Sonne scheint.

Dein Wirken ist ein Walle Walle, das zu dem Zwecke sich ergieße.

Jeder Eimer, den du abschöpfst, bringt nur neues Wasser. Und kein Hexenmeister weit und breit. Es hört nie auf! Und fing nie an. Weil es schon immer da war. Und der Glaube in dir ist viel zu verfestigt, manifestierte Resignation, dass nichts von deinem Wirken je etwas ändert. Also verwaltest Du.

Verbrechen. Weinende Kinder. Gebrochene Nasen. Menschen, die springen. Menschen, die zuschlagen.

Du packst sie von rechts nach links, diese Menschen. Zwischen Pappdeckel. Zack: Stempel drauf.

Legst sie auf andere Aktenstapel, die wachsen und wachsen und wann immer du glaubst, du hättest einen Berg bezwungen und könntest den Horizont sehen, dann tut sich ein neuer Berg auf. Und du hast schon lange vergessen, dass diese Menschen Menschen sind, weil du den Menschen vor lauter Bergen nicht mehr siehst.

Dafür siehst du die Bilder. Wieder und wieder.

Der Junge. In deinen Händen. 11 oder 12. Die Mutter. Ihre Verzweiflung. Sein Gewicht. So schwer. So schwer wie dein Herz.

So schwer, dass das Bier, das du dir Abends in den Kopf schraubst, wie Licht in einem schwarzen Loch verschwindet. Wirkungslos.

Das Mädchen. Unter der Brücke. Der Ausdruck in ihrem Gesicht.

Als wäre dort, wo sie hinsprang, Friede. Alles besser. So ein Besser, das nach Sonne klingt. Nach Luft und Liebe.

So wie die Luft und die Liebe in diesem Frühling, als ich dich sah. Und wir lachten. Und schwerelos waren. Für Momente nur. Momente mit einem "vielleicht". Momente mit einem "wohin" und einem "was wäre wenn".

Momente mit Möglichkeiten. Mit so etwas wie einer Aussicht über den Gipfel des Berges.

Momente, in denen noch nicht klar war, dass zwei Menschen die selben Worte nutzen können und trotzdem etwas völlig unterschiedliches meinen.

So wie du, wenn du von Liebe sprichst, jemanden meinst, der droht, dir dein Kind wegzunehmen, wenn du ihn verlässt. Und ich jemanden meine, der so etwas niemals tun würde.

Momente, die vorbei sind wie das Leben der Menschen zwischen den Pappdeckeln. Besiegelt mit einem Stempel auf dem steht "Zur Aufbewahrung".

Und manchmal sehe ich dich da stehen, auf dem Dach, breitbeinig die xte Zigarette rauchend, über die anderen Dächer in meine Richtung blickend und dann weiß ich, dass ich doch etwas in dir berührt habe.

Weil ich dich sah, wie du sein wolltest.

Während du bloß siehst, was du nicht bist. (Für T.)