Der Discounter Penny hat aktuell unter dem Motto "Die wahren Preise" für ausgewählte Produkte die Preise massiv erhöht. Das Unternehmen, das zur "Rewe Group" gehört, erklärt seinen Kunden, dass er durch die vorübergehende Bepreisung von Produkten zu den "wahren" Kosten diesen deutlich machen will, was sie eigentlich bezahlen müssten, wenn sie alle Kosten tragen würden, die sie - nach Auffassung von Penny - eigentlich bezahlen müssten. Bei diesen Kosten, von denen man meint, dass die Bürger sie gar nicht wahrnehmen würden, gehören die Umweltbelastungen und die sozialen Folgekosten, die im Zusammenhang mit der Produktion der einzelnen Produkte entstehen.
Bemerkenswert und auch zu hinterfragen ist, welche Rolle die an diesem Projekt beteiligten Wissenschaftler der Universitäten spielen. Beteiligt sind die Universität Greifwald und die Technische Universität Nürnberg, die ihren eigenen Angaben zufolge, im Rahmen eines Forschungsvorhabens die sogenannten wahren Kosten für Lebensmittel untersuchen. Inwieweit durch die Penny-Aktion jetzt ein echter wissenschaftlicher Mehrwert entstanden sein soll, um sich den sogenannten "wahren Kosten" nähern zu können scheint fraglich. Das beginnt bereits damit, dass man sich erst einmal darauf verständigen müsste, welche konkreten Kosten einem Lebensmittel hinzugerechnet werden. Bei den Kosten für den sogenannten Ressourcenverbrauch der Natur beginnt bereits die Problematik. Die negativen Folgen der sogenannten Globalisierung haben nicht die Verbraucher verursacht. Vielmehr wurden sie ihnen von den Politikern und insbesondere von den international tätigen Großkonzernen "aufgedrückt". Die Kosten für Rinderfleisch, das von Rindern aus Argentinien stammt sind nicht mit den Kosten von Rindern aus heimischer Landwirtschaft zu vergleichen. Es dürfte auch ein großer Unterschied sein, ob die Rinder in Großbetrieben oder in einer überschaubaren bäuerlichen Umgebung stammen. Allein die "Begleitkosten" wie Transport, Zollaufwendungen und zusätzliche Lagerhaltung werden so unterschiedlich sein, dass eine exakte vergleichbare betriebswirtschaftliche Kalkulation gar nicht so einfach ist. Man kann aber auch bei den natürlichen Produkten, wie Äpfel fragen, ob es denn die Verbraucher waren, die dafür sorgten, dass die heimischen Apfelsorten nicht mehr existieren und das Obst weltweit per Flugzeug auch in die Geschäfte der Penny-Rewe-Gruppe gelangen.
Was bei der aktuellen Penny-Aktion aus Sicht vieler Betrachter fragwürdig ist, ist die Tatsache, dass hier unter dem vermeintlichen wissenschaftlichen Deckmantel der Eindruck erweckt wird, als könne man durch die Penny-Aktion, die doch mehr eine Art der Umerziehung im Sinne einer politischen gesellschaftlichen Ausrichtung, neue valide wissenschaftliche Erkenntnisse generieren. Wenn Prof. Gaugler feststellt: “Die wahren Kosten, also die Bepreisung der ökologischen Folgekosten, machen das Ganze greif- und nachvollziehbarer und schaffen Transparenz. Sie sollen zum Nachdenken anregen, und zu bewussterem Konsum,” dann wird doch mehr ein pseudopädagogischer Ansatz erkennbar, der eher an einer politischen Umerziehung der Bürger, als an einen fundierten Wissenschaftsgewinn denken lässt. Auch die Einlassung der Kollegin von Prof. Gaugler, die Wissenschaftlerin Dr. Michalke: “Wir verstehen unser Projekt eher als eine Kritik an einem politischen Landwirtschaftssystem, das über Jahrzehnte entstanden ist und das so, davon sind wir überzeugt, nicht weiter tragbar ist, weder für die Umwelt noch die Landwirte oder die Menschheit,” bringt zum Ausdruck, dass es hier um eine gesellschaftspolitische Kritik geht. Diese ist durchaus berechtigt. Es fragt sich aber, ob man diese durch eine PR-Aktion mit einem Unternehmen, das selbst Teil des Problems ist, künstlich verstärkt und den Verbrauchern durch das Einreden eines schlechten Gewissens zu verstehen gibt, dass sie sich in ihrer Einstellung zu ändern haben. Wissenschaft scheint dies jedenfalls nicht zu sein. Es ist allenfalls eine gesellschaftspolitische Aussage.
Um einen vergleichbaren Preis zu ermitteln, der alle Faktoren berücksichtigt, muss man zuerst festlegen, unter welchen Voraussetzungen mit welcher Zielsetzung und mit welchen logistischen Anforderungen ein Produkt erstellt und dann an die Verbraucher verteilt werden kann. Konzerne wie Rewe (zu denen auch Penny gehört), Aldi, Lidl mit Kaufland bestimmen derzeitig, welche Produkte aus welchen Regionen der Welt zu welchen Bedingungen auf den Markt kommen. Der einzelne bäuerliche Betrieb hat keine Chance, sich gegen diese Nachfragemacht - man könnte vielleicht schon fast an ein Nachfragekartell denken - zu wehren. Damit einher gehen auch die jeweiligen Produktionsbedingungen, die dann von den landwirtschaftlichen Betrieben angewandt werden, um einigermaßen dem Preisdruck, der anfangs eben nicht von den Verbrauchern, sondern von den wenigen marktbeherrschenden Vertriebsketten aufgebaut wird. Welche Bürger können sich denn jetzt Fleisch von einem Bauernhof leisten, der keine Massentierhaltung hat und mit den Tieren artgerecht umgeht? Das sind eben nicht diejenigen, die bei Penny einkaufen, sondern wahrscheinlich gutverdienende Bürger, zu denen man mit großer Wahrscheinlichkeit auch Professoren und Wissenschaftler zählen kann.
Natürlich ist es ein Wahnsinn der Natur gegenüber, eine Massentierhaltung zu betreiben, die Felder mit Hilfe der Chemie auszubeuten. Es ist ein Wahnsinn, Getreide nur noch dann anbauen zu können, wenn Großkonzerne die Lizenzen gegen Entgelt von den landwirtschaftlichen Betrieben verlangen. Es ist ein Wahnsinn, besondere Nahrungsmittel per Flugzeug weltweit zu transportieren, damit in den Edellokalen die sogenannte Elite lukullisch speisen kann. Das sind alles Kosten zulasten unserer Erde, die alle Bürger und hier besonders solche, die bei Penny und anderen Discountern einkaufen, weil sie sehen müssen, dass am Ende des Monats noch Essen auf den Tisch kommt, bezahlen müssen.
Diese Fragen, können nicht durch PR-Aktionen, die als Wissenschaft verkauft werden, gelöst werden. Hier hat man mehr den Eindruck, dass eine Art der Volksbelehrung mit einem praktischen Beispiel praktiziert wird. Zu solchen Praktiken sollte sich die Wissenschaft nicht hergeben, weil sie sich damit unglaubwürdig macht. Leider scheint dies aber mittlerweile politische Methode zu werden. Nicht umsonst hört man ständig, dass "die Wissenschaft" dies oder jenes festgestellt habe. Jeder Akademiker weiß aber, dass es die Wissenschaft gar nicht gibt, sondern allenfalls ein Streben nach möglicher Erkenntnis. Gerade bei der Ermittlung von Kosten, gibt es sehr gute betriebswirtschaftliche Methoden, diese zu ermitteln. Ob diese bei dem Projekt Penny der beteiligten Universitäten angewandt worden sind, darf bezweifelt werden.
So sollte man das Projekt Penny sehr schnell abhaken und als das einstufen, was es ist, eine gute Werbemaßnahme für ein Unternehmen unter dem wissenschaftlichen Deckmantel und eine sehr unangenehme Art der Volksbelehrung.
Dir gefällt, was Dipl.- Soz.Arb. Jörg-Michael Bornemann schreibt?
Dann unterstütze Dipl.- Soz.Arb. Jörg-Michael Bornemann jetzt direkt: