Das Streben nach Anerkennung ist ja eine der größten Triebfedern menschlichen Handelns. Eine Steilvorlage für Führungskräfte – einfach Freitag mittags ein bisschen Bonuspunkte verteilen und schon klappt das mit Motivation und Teamspirit. Leider ist da der etwas peinliche Verwandte der Anerkennung – nämlich das Lob. Beide werden schnell mal miteinander verwechselt, sie sehen sich nämlich auf den ersten Blick ein wenig ähnlich. Leider lösen sie unterschiedliche Dinge aus – und da sind wir mitten im Thema.
Nähern wir uns dem Thema über die Synonyme (Woxikon), die man mit beiden Begriffen verbindet:
Anerkennung – Errungenschaft, Wertschätzung, Fortschritt, Durchbruch, Triumph
Lob –Belohnung, Prämie, Auszeichnung, Gegenleistung, Bestätigung
Lob erwartet Gegenleistung
Sie werden es schon erkannt haben: Gelobt wird, wenn jemand Vorgaben erfüllt hat. Dafür bekommt er eine Gegenleistung, nämlich Lob und Prämien. So wie etwa der Schüler, der eine Eins in Mathe hat und dafür mehr Taschengeld bekommt. Nicht umsonst haftet dem Lob etwas Streberhaftes an. Der Lobende übt eine Machtposition aus: Der Lehrer, der Vorgesetzte loben für erwartete und erwünschte Verhaltensweisen. Woran erinnert Sie das? Richtig – an die Hierarchie! Der Lobende ist nämlich zugleich immer in der Machtposition – also Lehrer oder Vorgesetzter. Der, der gelobt wird, hat vorher eine Gegenleistung erbracht – für die er den erwarteten Lohn erhalten möchte. Entweder in Form von Noten oder variablen Gehaltsanteilen. Ist das die außergewöhnliche Triebfeder, von der wir alle immer reden? Nein, natürlich nicht. Der Lobende hat ja vorher schon seinen Teil geleistet und hat das Lob sozusagen erwartet. Der Schüler, der im Diktat Null Fehler hat oder der Vertriebsmitarbeiter, der die Vorgaben zu 100% erfüllt hat, erwartet eine Note 1 oder die Auszahlung der variablen Gehaltsanteile. Beides löst keinen Motivationsschub aus oder verhilft zu besonders toller Arbeitsatmosphäre. Denn der Lobende selber lobt aus einem Kalkül heraus – Lob und Gegenleistung stehen im engen Zusammenhang.
Anders dagegen die Anerkennung. Die Synonyme aus Woxikon deuten es schon an: Anerkennung steht im Kontext von Dingen, die eben NICHT dem Erwartbaren entsprechen, sondern etwas Besonderes sind. Anerkennung hat mit der Erfüllung von Vorgaben nichts zu tun. Sie wird aus einer inneren Empfindung heraus ausgesprochen und genau deshalb ist sie für denjenigen, der Anerkennung bekommt, auch so euphorisierend. Wenn es sich um eine Empfindung handelt, dann kann man ja nicht bewusst Anerkennung spenden, oder? Sie müsste dann ja quasi ungeplant entstehen. Ganz so ist es nicht: Ein Klima, in dem Anerkennung gedeiht, kann man durchaus bewusst herbeiführen: Indem man sich mit dem Gegenüber befasst. Was sind die individuellen Stärken eines Menschen, was treibt ihn an? Dann wird einem viel eher bewusst, welche „Errungenschaften“ (siehe oben, Woxikon) jemand erreicht hat.
Ein Beispiel:
Ein Kollege – nennen wir ihn Markus – organisiert ein Event, das so noch nie stattgefunden hat: mit besonderen Sprechern, ungewöhnlicher Location und besonderem Catering. Markus musste für die Umsetzung kämpfen, denn die Vorgesetzten mussten Budgets freigeben. Er hat aber so überzeugend von der Idee gesprochen, dass er das nötige Geld bekommen hat. Über Wochen hat Markus nicht nur seine Arbeitszeit für den Event eingesetzt, sondern sich auch in seiner Freizeit damit beschäftigt. Das Ergebnis: Viele Teilnehmer, teilweise sogar neue Kontakte und durch die Nachbereitung durch den Vertrieb haben sich neue Geschäftsmöglichkeiten ergeben.
Ein Lob würde so ausfallen:
„Heute möchte ich Markus für die besonderen Anstrengungen für die Eventorganisation danken. Wir konnten damit unsere Umsatzziele früher als erwartet erreichen. Deshalb möchte ich Markus als Dank einen Gutschein für ein Wochenende in Athen schenken. Markus, danke, dass Du in besonderer Weise zur Erreichung der Teamziele beigetragen hast.“ Michael, der Teamleiter.
Anerkennung sieht so aus:
„Markus, ich bin beeindruckt, mit welcher Hartnäckigkeit Du dieses Event vorangetrieben hast. Dass es solch ein Erfolg wurde, haben wir Dir zu verdanken: Du hast so überzeugend für Deine Idee eingestanden, dass Du das Budget dafür bekommen hast. Mit Deiner Persönlichkeit und Deiner Ausstrahlung hast Du besondere Redner gewinnen können. Ich habe viel daraus gelernt. Markus, wie schön, dass Du bei uns bist.“
Der Unterschied ist deutlich:
Das Lob hat nicht den Adressaten im Fokus, die Anerkennung bezieht sich ausschließlich auf ihn.
Ich bin mir durchaus bewusst, dass im wahren Leben die Grenzen zwischen Lob und Anerkennung auch einmal verschwimmen können. Wie es bei Ihnen mit der Arbeitskultur aussieht, können Sie daran erkennen, in welchem Ausmaß bei Ihnen Anerkennung gestiftet wird – also auch vom Mitarbeiter zur Führungskraft. Wenn dies möglich oder sogar üblich ist, sind Sie auf einem guten Weg.
Nur so werden Mitarbeiter die neuen Wege beschreiten, ihre Potentiale freisetzen und Risiken eingehen. Alles Dinge, die beim Kulturwandel so häufig herbeigewünscht werden.
Diesen Artikel und weitere zum Thema findest Du im Blog von Dorothee Töreki unter: https://www.work4change.de/?page_id=2
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