Da übermorgen 1. Mai ist: Wir brauchen in unserer Gesellschaft (und gerade im Bildungswesen) einen völlig neuen Umgang mit der UdSSR und den unmenschlichen Verbrechen, die im Namen des Kommunismus verübt wurden.

Während sich Jugendliche hierzulande gerne ein ☭ ins Profil heften und Tankie-Memes posten, weil die lokale Antifa ihnen eingeflüstert hat, dass die Rote Armee Deutschland befreite, hatten Menschen in der UdSSR reale Konsequenzen von Lenins, Trotzkis und Stalins Politik.

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Diese Konsequenzen taugen allerdings weniger für ein romantisiertes Bild vom "Internationale"-pfeiffenden Sozialrevolutionär, sondern laufen (im best case) unter: "Großmutter, die ausgemergelt wurde" und "Urgroßvater, dem die Beine rausgeschossen wurden". (Bild aus den 1920ern)

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Wir sollten deshalb darüber lehren, was 1921 in Samara passierte, als Menschen andere Menschen und Gedärme von Tieren auffraßen, als ein Regime beschloss, Landesteile nicht mehr mit Nahrung zu versorgen, weil sie dem falschen Kollektiv angehörten. (Bild via "Der rote Terror")

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Wir sollten über die Tscheka lehren, die Geheimpolizei unter Lenin, anfangs angeführt vom Polen Feliks Dzierżyński, der wahllose Erschießungskommandos durchgeführt und im gesamten Land Terror verbreitet hat. (Video via Phoenix)



Wir sollten über Dekosakisierung lehren, bei der Lenin und Stalin in 15 Jahren ein Volk nahezu eliminierten, weil es ihnen zu reich war. Die Eliminierung erfolgte auf Anweisung des Zentralkomitees und wurde bereits 1919 von langer Hand geplant.

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Wir sollten über Propaganda lehren, die mittels der Parteizeitschrift "Prawda" ("Wahrheit") verbreitet wurde. Millionen in Städten (der Rest konnte großteils nicht lesen) bekamen eine Wahrheit vorgegaukelt, die es nicht gab und welche Verbrechen verschwieg. (Bild von 1937)

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Wir sollten über die Hölleninsel Solovki lehren, ein Arbeitslager, welches als Vorläufer des Gulags gilt. Auf den Solovki-Inseln wurden Tausende von Menschen -- Mönche, Klassenfeinde, Weißarmisten -- gefoltert und ermordet. Für die gute linke Sache.

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Wir sollten vermitteln, was der Bauermord an Kulaken war, bei dem mehrere Millionen wohlhabender Bauern deportiert wurden. 600.000 von ihnen wurden getötet. Warum? Weil Großgrundbauern in der Ideologie der Kommunisten nicht zu der zwangskollektivierten Landwirtschaft passten.

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Wir sollten über Holodomor lehren, bei dem Stalin in den 1930er-Jahren Millionen Menschen auf dem Territorium der heutigen Ukraine bewusst verhungern ließ. Getreideexporte wurden zurückgehalten, Ausreisen mittels Grenzschließung verhindert, Kannibalismus hingenommen.

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Wir sollten den großen Terror, also die Jeschovshtshina, lehren. Bei den Säuberungswellen ab 1936 wurden mehrere Millionen Menschen, insbesondere Oppositionelle, verhaftet, in Gulags gebracht und erschossen. Eine ganze Elitengeneration wurde ausgemerzt.

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Man könnte ewig so weiter machen. Liest man Bücher (etwa von Medvedev, Applebaum, Snyder oder Maximov), merkt man, dass Ermordung nach Quoten und Volkszugehörigkeit in der UdSSR ein Fass ohne Boden waren. Antisemitismus war übrigens ebenso virulent. Das alles greift ineinander.

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Während die DDR und der Holocaust an deutschen Schulen (zurecht) großes Gewicht einnehmen, klafft eine riesige Bildungslücke, wenn es um Verbrechen des Kommunismus und der UdSSR geht. Stattdessen vermitteln Influencer ebenso wie Journalisten mitunter 1 edgy Bild vom Kommunismus. Während wir mit allem, was politisch "rechts" ist, Schreckensherrschaft und Genozid verbinden, verklären wir linkstotalitäre Regime zu Freiheitskämpfen, die Positives im Sinn hatten.

"Hat halt nicht geklappt, die Idee dahinter war doch aber eigentlich eine gute." Fick dich. Die Gewaltverbrechen waren auch nichts Abstraktes, sondern konkret. Sie spielten sich vor < 100 Jahren ab. Sie ereigneten sich nicht auf fernen Planeten, sondern unweit von Deutschland. Und sie passierten nicht im luftleeren Raum, sondern unter der Ideologie des Kommunismus. Für Deutsche sind diese Verbrechen aus dem exotisch anmutenden "Ostblock" böhmische Dörfer (pun intended); für Millionen von Menschen, die aus Sowjet-, GUS- und Satellitenstaaten stammen, reale Gewalterfahrungen, die Familien zerstörten und Volksgruppen vernichteten.

Neben der Auseinandersetzung mit der UdSSR wäre dann die Lektüre von Auszügen aus diesem Buch hilfreich. Dieses Epos dekliniert, wie kommunistische Regime in Maos China, Nordkorea, Vietnam, Kambodscha, Kuba, Angola, Afghanistan, Mosambique, usw. Unheil und Massensterben brachten.

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Wenig triggert mich so sehr, wie selbsternannte Revolutionäre im Neuköllner Altbau mit Selbstbezeichnung "Kommunist", die am 1. Mai Mollis werfen und nicht wissen, wer der Namensgeber hinter ihrem Spielzeug war. (Pro-Tip: Googlet Molotov-Ribbentrop-Pakt, Großer Terror und Katyń).

Die Auseinandersetzung mit der UdSSR würde auch vermitteln, dass nicht nur radikal rechte, sondern auch radikal linke Ideologien bekämpfenswert sind und Erinnerungskultur verdienen. Unter Stalin kamen geschätzt mehr als 20 Millionen Menschen ums Leben. Unvorstellbar. Die Auseinandersetzung würde auch vermitteln, dass Kapitalismus ein Menschheitsgeschenk ist, das beispiellos – ich wiederhole: bei-spiel-los – ist, wenn es darum geht, Wohlstand vorherzusagen. Kommunismus hingegen, sorry to say, gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.

Das heißt nicht, dass man nicht Auswüchse des Kapitalismus kritisieren darf. Aber, dass man sich gut überlegen sollte, was es über einen aussagt, wenn man sich lässig "Kommunist" nennt, weil man mal bei Karl Marx reingelesen hat und an Gerechtigkeit glaubt. Blanker Hohn.

Die Auseinandersetzung würde auch erklären, warum wir uns gut überlegen sollten, ob wir unsere Gesellschaft nach (zum Teil willkürlichen) Identitätskriterien einteilen. Die westliche Freiheit, die das Individuum in den Mittelpunkt stellt, ist ein unfassbares Geschenk. Anders gesagt: In den Doktrinen der Bolschewiki waren die Feindbilder klar abgesteckt. Die Bourgeoisie, die Großgrundbauern, die Reichen, Unternehmer, Adelige, Zarentreue, Kosaken, Kaukasier – Menschen landeten auf Grundlade ihrer Zugehörigkeit zu einem Kollektiv auf Todeslisten.

So, und zum Schluss: Unvergessen, wie der russische Präsident Vladimir Putin dem Regisseur Oliver Stone 2017 sagte: "Eine übermäßige Dämonisierung Stalins ist ein Mittel, um die Sowjetunion und Russland anzugreifen." Blanker Hohn.

Übrigens auch unvergessen, dass SPD und Grüne vor 2 Wochen unter dem Banner von Hammer & Sichel für den "Mietendeckel" demonstrierten und heute wieder von "Enteignungen" träumen.

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