Feuer kennen wir alle. Meistens hoffentlich nur als gemütliches Lagerfeuer, manchmal aber auch als Gefahr für Leib und Leben. Seit der Steinzeit fasziniert uns Feuer, aber es stellt sich die Frage: was ist Feuer eigentlich?
Um den Artikel nicht zu verkomplizieren beschränke ich mich hier auf Brände von organischen Stoffen, bei Metallen etc. sieht das etwas anders aus.
Feuer ist optisch durch eine Flamme erkennbar. Diese Flamme ist ein Gas, das brennt. Das kennen wir vom Gasfeuerzeug, aber wie kann bei Flüssigkeiten und Feststoffen ein Gas brennen?
Bei Flüssigkeiten kann man sich das leicht vorstellen. Ein Teil der Flüssigkeit ist immer gasförmig über der Flüssigkeit vorhanden. Das ist das, was wir als Geruch wahrnehmen. Je nach Flüssigkeit ist mehr oder weniger Substanz im Gasraum vorhanden. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wichtig ist unter Anderem der Dampfdruck. Damit wird angegeben, wie viel Substanz bei einer gewissen Temperatur im Gasraum vorhanden ist. Wichtig ist aber auch die Temperatur. Je höher die Temperatur, umso mehr Substanz geht in die Gasphase über (den Extremfall nennen wir Sieden bzw. Kochen).
Wird eine Flüssigkeit angezündet brennt also die Gasphase, die Temperatur steigt und es geht immer mehr Substanz in die Gasphase über. Voilà, es brennt.
Aber wie ist das bei Feststoffen? Die verdampfen ja nicht einfach, oder? Jein. Feststoffe zersetzen sich bei hohen Temperaturen Stück für Stück. Aus großen Molekülen werden kleine Fragmente herausgebrochen und kleine Fragmente gehen schnell in die Gasphase über. Voilà`, es brennt.
Aber wieso zersetzen sich Feststoffe bei hohen Temperaturen überhaupt? Eine Temperaturerhöhung funktioniert über Erhöhung der Geschwindigkeit, mit der Moleküle sich bewegen und vibrieren. Wenn die Temperatur hoch genug ist und das Molekül genug vibriert, bricht es auseinander. Vorstellen kann man sich das wie ein dünnes Stück Holz. Wenn ich das immer stärker und schneller hin und her bewege, bricht es irgendwann durch. In der Realität ist der Verbrennungsvorgang allerdings deutlich komplexer, aber das sprengt hier den Rahmen.
Jetzt wissen wir, wie etwas brennt, aber WIESO brennt etwas überhaupt? Eine Verbrennung ist eine chemische Reaktion, die abläuft, wenn die Endprodukte energieärmer sind als die Ausgangsprodukte. Das ist bei allen Reaktionen so. Und bei fast allen Reaktionen gibt es eine Energiebarriere, die das erstmal verhindert. Das ist tatsächlich eine gute Sache, sonst würden wir einfach spontan Feuer fangen. Nicht gut ;-). Diese Energiebarriere kann durch Zuführung von Energie überwunden werden. Hier kommt wieder die Temperatur ins Spiel, die muss nämlich so hoch sein, dass die Energiebarriere überwunden werden kann. So viel zum Prinzip. Allerdings gehört da noch etwas mehr dazu. Zunächst müssen überhaupt mal Reaktionspartner vorhanden sein, also ein brennbarer Stoff und ein Oxidationsmittel, in diesem Fall Sauerstoff. Die müssen zudem in einem geeigneten Mischungsverhältnis vorliegen, damit etwas brennen kann. Ist bspw. zu wenig Sauerstoff vorhanden, kann der Stoff nicht brennen. Dann gibt es bei Verbrennungen auch noch verschiedene Temperaturen, bei denen unterschiedliches passiert.
·Am Flammpunkt kann man das Gemisch zwar anzünden, es brennt aber nicht von selbst und erlischt, sobald die Zündquelle entfernt wird.
·Am Brennpunkt ist das anders. Hier reicht die Energie, die bei der Verbrennung frei wird um die Reaktion selbst am Laufen zu halten. Einmal gezündet verbrennt der Stoff dann komplett und hört nicht von selbst wieder auf.
·Am Zündpunkt schließlich ist die Temperatur so hoch, dass es keine Zündquelle mehr benötigt. Sobald genug Sauerstoff vorhanden ist, geht die Verbrennung von selbst los.
Mit dem Wissen was für eine Verbrennung nötig ist, kann man sie natürlich auch bekämpfen. Indem man die Reaktionspartner einfach trennt, dann hört die Reaktion auf, oder indem man die Temperatur so weit herabsenkt, dass die Reaktion nicht mehr ablaufen kann. Dafür hat die Feuerwehr dann verschiedene Löschmittel zur Verfügung. Das bekannteste ist natürlich Wasser. Damit wird das Feuer aber nicht erstickt, wie man annehmen könnte, sondern die Temperatur erniedrigt.
Was aber kann man machen, damit Produkte gar nicht erst oder erst später anfangen zu brennen?
Man kann den Produkten Flammschutzmittel zugeben. Flammschutzmittel modifizieren die Verbrennungseigenschaft eines Materials und können auf die unterschiedlichsten Art und Weisen wirken. Es gibt beispielsweise Flammschutzmittel, die das Fließverhalten von Kunststoffen verändern und dadurch die Brandausbreitung zum Teil steuern können. Der Großteil zielt aber eher darauf ab den Brand direkt zu verhindern bzw. die Verbrennung an Ort und Stelle zu bekämpfen. Einige Flammschutzmittel geben bei hohen Temperaturen nicht brennbare Gase ab und löschen das Feuer durch Sauerstoffentzug ab. Andere wiederum entziehen der Umgebung bei ihrer Zersetzung so viel Energie, dass das Produkt durch Temperaturerniedrigung gelöscht wird. Dann gibt es Flammschutzmittel, die bei hohen Temperaturen schmelzen und damit das Produkt einfach vom Brandraum isolieren. Das ist derselbe Mechanismus, mit dem ABC-Pulver funktionieren. Auch da bildet sich eine glasartige Schicht, die einfach ein Nachströmen von brennbaren Gasen verhindert. Was chemisch aber am interessantesten ist, sind Flammschutzmittel, die direkt in die Verbrennungsreaktion eingreifen. Wie bereits erwähnt sind Verbrennungen extrem komplexe Vorgänge. Was man allerdings weiß ist, dass sie über Radikale ablaufen. Das sind Moleküle mit ungepaarten Radikalen. Extrem reaktive Zeitgenossen, man kennt sie vor allem als „freie Radikale“, die bei Stoffwechselvorgängen entstehen und wegen denen es eine Vielzahl an Nahrungsergänzungsmitteln mit Antioxidantien gibt ;-). Diese Radikale treiben die Verbrennungsreaktion an. Daher setzt man Flammschutzmittel ein, die diese Radikale abfangen können. Keine Radikale, keine Verbrennung, simple as that. Dafür hat man gerne halogenierte Flammschutzmittel verwendet, allerdings wissen wir, dass diese negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Daher wird immer mehr an Alternativen geforscht, dennoch sind halogenhaltige Flammschutzmittel weiterhin die meist verwendeten Flammschutzmittel. Je mehr Kunststoffprodukte wir verwenden (Stichwort Fassadendämmung), umso wichtiger ist die Entwicklung guter und umweltverträglicher Flammschutzmittel, denn auch wenn die Feuerwehren immer seltener wegen Bränden ausrücken müssen: Es sterben jedes Jahr noch zu viele Menschen bei Bränden, durch geeignete Flammschutzmittel können viele Leben gerettet werden.
Mal wieder ist ein Thema viel komplizierter und interessanter als man denken könnte, wenn man mal genauer hinschaut.
In diesem Sinne:
#staycurious
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