Aktuell scheint die WELT zu versuchen, ihren Lesern weiszumachen, Modellierungen seien so etwas wie eine Wettervorhersage. Die, wenn sie nicht eintreffen, eine Aussage über die Fähigkeiten der Modellierer zulassen.
Ein Versuch, mit diesem Irrglauben aufzuräumen.
Modellierungen versuchen unterschiedliche Szenarien nachvollziehbar zu machen, anhand von unternommenen oder unterlassenen Maßnahmen. Sie sind keine Vorhersagen, die exakt so eintreten werden oder eintreten müssen.
Sie sollen Hinweise geben, im Sinne von "wenn wir uns so und so verhalten ist dieses Auskommen wahrscheinlich".
Idealerweise passt man dann sein Verhalten anhand der Modelle an – oder eben nicht.
Ein Modell bezieht völlig unterschiedliche Szenarien in Betracht und einer dieser möglichen Verläufe ist immer das Szenario der schlimmstmöglichen Entwicklung, ein Worst-Case-Szenario. "Was passiert, wenn wir jetzt gar nichts zur Eindämmung tun, sondern alles öffnen" wäre beispielsweise ein solches Szenario.
Auch Worst-Case-Szenarien werden nicht erstellt, um Menschen Angst zu machen oder sie in Panik zu versetzen. Sondern, um nicht blind in eine Situation hineinzurennen, die man, wenn sie erst einmal eingetreten ist, nicht mehr oder nicht mehr leicht unter Kontrolle bekommt.
Wenn ein Modell nicht eintrifft, dann im Allgemeinen, weil auf seiner Basis Entscheidungen getroffen wurden.
Die Aufgabe einer Modellierung ist, Entscheidungsträgern Hinweise zu geben, welche Mittel nötig sind, um die Modelle nicht zu Realität werden zu lassen. Es ist also der Job von Modellierern, dass die Situation, die ihr Modell beschreibt, im Endeffekt nicht eintritt.
Trifft eine Modellierung genau so ein, wie sie erstellt wurde, dann bedeutet es, dass wir uns geweigert haben, daraus Informationen zu ziehen und Initiativen zu ergreifen.
Es ist nicht nur bedauerlich, sondern unverantwortlich, von der WELT, hier nicht aufzuklären und den Lesern Funktion und Ziele von Modellierungen zu vermitteln, sondern stattdessen dafür zu sorgen, dass ihre Leser schlecht informiert und schlecht auf die Realität vorbereitet sind.
tl;dr: Es ist die Aufgabe von Modellierern, dass ihre Modellierung nicht zum tatsächlichen Verlauf einer Epidemie passt. Passt sie dennoch auf den Verlauf, bedeutet es nur, dass wir uns geweigert haben, aus den Modellen zu lernen.
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