Ergebnisse eines Umbrella-Reviews, welches vorliegende Reviews unter einer neuen Fragestellung auswertet.

In die Analyse wurden 7 internationale Review-Studien (Rapid Reviews, Systematic Reviews sowie eine Meta-Analyse) einbezogen, die insgesamt 116 Studien ausgewertet haben. Nach Abzug der Überschneidungen bleiben 66 Studien, die durch unsere Untersuchung einbezogen wurden.

Für die Suche wurden die Suchmaschinen scholar.google sowie pubmed genutzt. Als Such-Algorithmus wurde die Funktion „quarantine and review and family or children or youth“ genutzt. Anschließend wurden alle Quellen, die doch Einzelstudien waren, ausgeschlossen und der Zeitraum auf das Jahr 2020 begrenzt.

Neben den erwartbaren Ergebnissen, dass Quarantäne ein erhebliches Risiko für psychosoziale Folgen birgt (vor allem Stress, Depressionen, Ängste sowie Post-Traumatische-Belastungsstörung PTBS) ergaben sich für Familien und Kinder folgende interessante Ergebnisse:

Menschen über 55 Jahren neigen zur Entwicklung depressiver Symptome, Menschen unter 55 Jahren (also die Eltern-Generation) entwickeln eher Symptome einer PTBS. Dies betrifft zwischen 15-30 % Betroffener [6].

Diese Symptome hielten teilweise noch 3 Jahre nach der Quarantäne an [2;4]. Bei Kindern bestand eine extrem hohe Korrelation zu einer parallelen PTBS bei einem Elternteil [6]. Wie oft Kinder eine PTBS entwickeln, wurde unterschiedlich bewertet zwischen 6,2% und 30% [2;3].

Für Erwachsene gilt, dass das Risiko erheblicher psychischer Folgewirkungen durch Quarantäne ansteigt, wenn sie als Eltern mit mindestens einem Kind zusammenleben [7].

Insgesamt zeigt sich aber, dass unter 16-Jährige ein höheres Risiko für negative psychologische Folgen einer Quarantäne haben als Erwachsene [7], wobei die 3-6-Jährigen noch einmal als besonders vulnerabel betrachtet werden müssen [3].

Dabei stehen im Vordergrund: Anpassungsstörungen (16.7%), akute Belastungsstörungen (16,7%), Trauer (o.A.) [3], Aufmerksamkeitsprobleme und erhöhte Unruhe (bei Kleinkindern: 77%) [3] sowie Gefühle der Hilflosigkeit (66,1%), Besorgtheit (68,6%) und Angst (62%) [1].

Viele Kinder zeigten auch nach der Quarantäne anhaltende Probleme und einen Leistungsabfall in der Schule [3].

In der Familiendynamik zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Stresserleben der Eltern und einer Zunahme von häuslicher Gewalt [7]. 42% befragter Eltern gaben an, dass sich die Interaktionsformen innerhalb der Familie während der Quarantäne verschlechterten und dies auch dauerhaften Einfluss auf das Familienleben hatte [3].

Unter Stress steigerte sich auch besonders bei Männern und besonders bei höherem Einkommen der Alkoholkonsum [6;4], was teilweise noch 3 Jahre nach der Quarantäne fortbestand [7].

Zusammenfassend zeigten sich über alle Studien hinweg in 70% der Familien akute soziale und emotionale Probleme, und in etwas mehr als 30% aller Familien gravierende und auch über die Quarantänezeit hinausreichende psychische Folgewirkungen.

Als besonders gravierende Einflussfaktoren auf die Situation von Familien können festgehalten werden: Finanzielle Situation und fehlende Sicherheit [2;6;7], psychische Vorerkrankungen [2;6], akute Versorgungsengpässe auf Grund fehlender Netzwerke [2;7], soziale Isolation/ fehlendes Netzwerk schon vor der Quarantäne [3;6], Gefühl der Stigmatisierung (über 50%) [2;4], niedriger Bildungsstatus [6;7] sowie bei Kindern die fehlenden Spielmöglichkeiten mit Gleichaltrigen und fehlende Spielmöglichkeiten und Spielplätze [5].

Verwendete Quellen:
[1] https://www.indjsp.org/article.asp?issn=0971-9962;year=2020;volume=36;issue=5;spage=112;epage=119;aulast=Sharan
[2] thieme-connect.com/products/ejour…
[3] ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/P…
[4] papers.ssrn.com/sol3/papers.cf…
[5] psyarxiv.com/p6qxt
[6] link.springer.com/content/pdf/10…
[7] https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)30460-8/abstract


Dieser Artikel ist zuerst als Thread auf Twitter erschienen.

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