Totholz scheint eine wichtige Rolle beim Klimaschutz zu spielen. Dass das Holz unserer Wälder große Mengen CO2 bindet, ist bekannt. Neue Erkenntnisse gibt es jetzt zum Abbau von Totholz, wodurch ein Teil des Kohlendioxids in die Atmosphäre entweicht.

Der Wald ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Erholungsraum für Menschen und bindet Kohlenstoff. Wie das Statistische Bundesamt heute mitteilt, speicherten die deutschen Wälder mit ihrem gesamten Ökosystem im Jahr 2019 rund 8,3 Millionen Tonnen Kohlenstoff mehr als im Vorjahr. Das entspricht rund 30,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid.

Die privaten Haushalte und die Produktionsbereiche wie beispielsweise die Industrie, Dienstleistungen oder die Landwirtschaft sorgten demgegenüber für einen Ausstoß von rund 879,2 Millionen Tonnen. Damit deckte die Zunahme der Kohlenstoffspeicherung des Waldökosystems im Jahr 2019 rechnerisch nur drei Prozent der jährlichen CO2-Emissionen in Deutschland ab, so die Statistiker.

Großteil der zusätzlichen Speicherung von Kohlenstoff in Waldböden

2019 nahm der Kohlenstoffspeicher des Waldökosystems demnach um knapp ein Drittel weniger zu als noch im Vorjahr, als die Zunahme umgerechnet 44,3 Millionen Tonnen CO2 betrug. Ein Grund des geringeren Anstiegs könnten die durch Trockenheit und Insektenbefall entstandenen Waldschäden sein.

So fand der Großteil der zusätzlichen Speicherung mit rund 8,4 Millionen Tonnen Kohlenstoff in den Waldböden statt, während im stehenden Holz und der sonstigen Holzbiomasse sogar knapp 90000 Tonnen weniger Kohlenstoff gespeichert war als im Vorjahr. Bei dieser Betrachtung wird laut Bundesamt der Kohlenstoff nicht mitbetrachtet, der trotzdem langfristig im aus dem Wald entnommenen Holz gespeichert bleibt – zum Beispiel als Bauholz.

Das Waldökosystem ist ein gigantisches Reservoir an Kohlenstoff, der über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte gebunden wird. Deutschlandweit speichert der Wald insgesamt rund 3,1 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, das entspricht umgerechnet 11,5 Milliarden Tonnen CO2. Im Jahr 2018 waren es noch 11,4 Milliarden Tonnen.

Dabei ist der Waldboden der größte Kohlenstoffspeicher: Knapp die Hälfte (46,8 Prozent) des gesamten Kohlenstoffs in deutschen Wäldern bindet der Waldboden mit seiner Streu- und Humusauflage, gefolgt vom sogenannten stehenden Holz (28,9 Prozent), der sonstigen Holzbiomasse wie Sträucher oder Büsche (16,0 Prozent) und der sonstigen Biomasse mit 8,3 Prozent.

Ein Baum bindet pro Kubikmeter Holz rund eine Tonne Kohlendioxid

Welche Rolle spielt das Holz der Wälder eigentlich dauerhaft, wenn es um den Klimaschutz geht? Schließlich ist der CO2-Gehalt in der Atmosphäre, der deutlich zum Klimawandel beiträgt, eine Bilanz aus Kohlendioxidquellen und -senken. Quellen sind beispielsweise fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas, die verbrannt werden, um Energie zu gewinnen. So genannte Senken sind oft natürliche Prozesse wie zum Beispiel der Wuchs von Bäumen und anderen Pflanzen oder großflächige Moore.

Fest steht, dass ein Baum pro Kubikmeter Holz rund eine Tonne Kohlendioxid bindet. „Holz ist ein Kraftprotz als Kohlenstoffspeicher“, sagt Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt: „Dieses riesige Potenzial für mehr Klima- und Umweltschutz müssen wir künftig viel mehr nutzen als bisher.“

Aber welche Bedeutung hat es, wenn die deutschen Wälder mit ihrem gesamten Ökosystem rund 30,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid mehr speichern als im Vorjahr? Um diese Zahlen besser einordnen zu können, hilft ein anderer Wert: Das uns noch verbleibende CO2-Buget, das wir in die Atmosphäre abgeben dürfen, um die globale Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Laut dem Bericht des Weltklimarats IPCC vom Sommer 2021 können, gerechnet ab Anfang 2020, weltweit noch 400 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden, um das 1,5-Grad-Ziel nicht zu verfehlen. Der jährliche Ausstoß von CO2durch Verbrennen fossiler Brennstoffe, Industrieprozesse und Landnutzungsänderungen wird mit 42,2 Milliarden Tonnen angesetzt.

Jährlich 10,9 Milliarden Tonnen Kohlenstoff weltweit aus Totholz freigesetzt

Eine Übersicht zum aktuellen Stand des Restbudgets gibt das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change. Auf Deutschland runtergebrochen spricht die Fachwelt von einem Restbudget von 4,4 Milliarden Tonnen CO2. Doch der jährliche CO2-Ausstoß für Deutschland, in 2019 etwa 879,2 Millionen Tonnen, dürfte uns das Einhalten dieser Klimaschutzziele aus dem Pariser Abkommen erschweren.

Welche Rolle spielt das Totholz? Nach den jüngsten Ergebnissen eines weltweiten Experiments werden jährlich 10,9 Milliarden Tonnen Kohlenstoff weltweit aus Totholz freigesetzt. Das globale Forschungsprojekt wurde vom Nationalpark Bayerischer Wald etabliert und von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der Technischen Universität München koordiniert.

Die 10,9 Milliarden Tonnen Kohlenstoff entsprechen 38 Milliarden Tonnen an Kohlendioxid, wobei ein Teil des Kohlenstoffs nach der Zersetzung des Totholzes im Humus und der Tierwelt des Bodens gespeichert wird. Ein anderer Teil entweicht in die Atmosphäre. „Die aus Totholz freigesetzte Menge entspricht rund 115 Prozent der Emissionen aus fossilen Brennstoffen“, sagt Wissenschaftler Werner Rammer von der Technischen Universität München.

Wie kommen die Forschenden zu solchen Ergebnissen? Über die Rolle von toten Bäumen im globalen Kohlenstoffkreislauf war bisher wenig bekannt. Dabei gehören die Zersetzung von Holz und die Rückführung der darin gespeicherten Nährstoffe zu den wichtigsten Prozessen in Wäldern.

Bedeutende Rolle beim Totholzabbau haben die Tropenwälder

An 55 Wald-Standorten auf sechs Kontinenten haben die Forschenden Hölzer von über 140 Baumarten ausgelegt, um den Einfluss des Klimas auf die Abbaugeschwindigkeit zu messen. Die Hälfte der Hölzer befand sich in engmaschigen Käfigen. So konnte ausgeschlossen werden, dass hier Insekten an der Zersetzung mitwirken.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Abbaugeschwindigkeit und der Beitrag der Insekten sehr stark vom Klima abhängen und vor allem mit steigender Temperatur zunehmen. Höhere Niederschläge beschleunigen in warmen Regionen den Abbau, in Regionen mit niedrigen Temperaturen verlangsamen sie den Abbau.

Eine bedeutende Rolle haben die Tropenwälder. Mit 93 Prozent tragen sie auf Grund ihrer hohen Holzmasse in Kombination mit schnellen Abbauprozessen überproportional zu dem Ergebnis bei. „Langsamer Abbau in Wäldern der nördlichen und gemäßigten Breiten führt dazu, dass hier Kohlenstoff über lange Zeiträume in Totholz gespeichert wird“, sagt Sebastian Seibold an der Technischen Universität München: „Insekten haben am Holzabbau einen Anteil von fast einem Drittel, der sich überwiegend auf die Tropen beschränkt.“ In Wäldern der nördlichen und gemäßigten Breiten seien die Beiträge der Insekten jedoch gering.

„Die Studie unterstreicht die Rolle von Totholz im globalen Kohlenstoffkreislauf, ebenso wie die funktionale Bedeutung von Insekten beim Abbau von Holz“, betont Professor Jörg Müller als Leiter der Forschung im Nationalpark Bayerischer Wald: „Damit schließen wir eine weitere Lücke für die globale Modellierung von Kohlenstoffkreisläufen“, sagt er. Und Sebastian Seibold ist sich sicher, dass sowohl Klimaveränderungen als auch der Verlust von Insekten das Potenzial haben, den Holzabbau und damit die Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufe weltweit zu verändern.

Biomasse der Bergwälder Afriaks leistet erheblichen Beitrag zum Klimaschutz

Erst vor kurzem wurde eine Studieveröffentlicht, die deutlich macht, welche große Bedeutung die tropischen Bergwälder Afrikas als Kohlenstoff-Speicher der Erde haben. Die oberirdische Biomasse dieser Bergwälder leistet einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz.

Aufgrund der Höhenlage war die Forschung davon ausgegangen, dass die tropischen Bergwälder weniger produktiv seien als Tiefland-Regenwälder. Der Weltklimarat IPCC gab in seinen Berichten für Afrika den durchschnittlichen Speicherwert von 89,3 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar an.

Doch die internationale Studie zeigt, dass dieser Wert auf dem afrikanischen Kontinent um zwei Drittel höher liegt. Tatsächlich kann ein Waldstück in den tropischen Bergwäldern Afrikas im Durchschnitt etwa 149,4 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar aufnehmen – das entspricht ungefähr dem Kohlenstoffspeicher der afrikanischen Tieflandregenwälder und liegt deutlich über dem Wert der Tiefland- und Bergwälder Südamerikas.

Foto: Manfred Antranias Zimmer auf Pixabay

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