Zwei Punkte im Vorhinein:

Punkt 1: Kapitalismus ist keine Staatsform sondern eine theoretische Grundlage einer Wirtschaftsform.

Punkt 2: Kommunismus funktioniert sehr gut, insbesondere dort wo er seinen Ansprüchen gemäß eine geeignete Gruppengröße und Akzeptanz der Gruppendynamik antrifft. In Familien zum Beispiel, in Vereinen oder in Klöstern.

Aber die Frage ist ja, welche Staatsform eine Alternative sein könnte. Also nimm Platz, dort hinten stehen Kaffee und Kekse, die Antwort ist etwas länger…

Die transmissive Matrixdemokratie

Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus einem Wirtschaftssystem auf Basis des Transmissiven Systems und einer Regierungsform auf Basis der Matrix des Staates.


Das Transmissive System ist dabei eine dynamische Verbindung von individueller Unternehmung (im Sinne des Kapitalismus) und sozialer Kooperation (im Sinne des kommunistischen Handelns).

Dabei legt die individuelle Seite möglichst das Augenmerk auf Innovation und Wettbewerb, während die soziale Seite sich auf Nachhaltigkeit und Synergie konzentriert. Die daraus entstehenden Güter und Dienstleistungen sollten daher möglichst unterschiedlich sein um einen dynamischen Wettbewerb und Austausch zu ermöglichen. Insbesondere auch deshalb, weil Überschüsse zwangsweise zur Unterstützung der jeweils anderen Seite zu nutzen sind. Dem Individuum als Person steht es dabei frei auf welchem der zwei Märkte es sich involviert. Die Freiheit der Entscheidung des Individuums sollte dabei nie eingeschränkt werden. Wenn jemand 20 Stunden pro Woche gemeinnützig und 20 Stunden individuell als Angestellter arbeiten will, sollte das genau möglich sein, wie vierzig Stunden auf jeder Seite oder 35 und 5. Und so wie individuelles Handeln Geld als Mittel der Potenz auf dem individuellen Markt erzeugt, muss das Handeln auf dem sozialen Markt ebenso ein Anrecht auf Leistungen aus diesem Markt erzeugen.

Unser 20/20 Arbeiter könnte also zum Beispiel sein Anrecht aus 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit nutzen um Lebensmittel aus Kollektiven anzufordern, während das Geld aus 20 Stunden Arbeit für schicke Kleidung und Wohnraum verwendet wird. Es gibt also weiterhin Geld, und aber auch Anrechtsstufen die auf der eingebrachten Zeit und Multiplikatoren basiert, die bestimmen welchen Vorteil die eingebrachte Leistung in dieser Zeit der Gemeinschaft erbracht hat. So würde das Bereitstellen eigener Werkzeuge oder Fahrzeuge ebenso honoriert, wie eine Leistung die eine seltene Qualifikation erfordert.

Ein wichtiges funktionales Element der sozialen Seite ist dabei das sogenannte Portal, in dem alle Teilnehmer ihre potentiellen Leistungen oder Überschüsse anbieten können, während sie ebenfalls ihre Bedürfnisse darstellen. Aus der Verbindung aus Angebot und Nachfrage, ähnlich wie auf dem individuellen Markt, entsteht hier ebenfalls eine Wertschöpfung zwischen Individuen und der von ihnen betriebenen Kollektive, Kooperationen oder Vereine.

Der Vorteil den ich in dieser Form der Wirtschaft sehe ist, dass die Wahlfreiheit einerseits einen gesunden Wettbewerb schafft, und sich Akteuere im individuellen Markt nicht darauf verlassen können, dass alle Individuen zwangsweise für alles Geld brauchen. Andererseits können Individuen aus dem Gleich-Gleich des sozialen Marktes hervorstechen indem sie innovativ oder stark im Wettbewerb sind. Andererseits ermöglicht die Transferierung der Überschüsse (die Leistungstransmission, die dem Transmissiven System seinen Namen gibt) eine gegenseitige Stärkung der Märkte, ohne dass geschaffene Leistungen verschwendet werden.


Auf der staatlichen Seite steht dann das folgende System:

Das neue Kernelement ist hier die Matrix des Staates. Sie stellt eine qualitative und quantitative Beschreibung des Staates in Form einer Matrix dar. Von den Staatsgrenzen, über die Struktur der Gesetze bis hin zu außenpolitischen Leitbildern usw. wird in ihr alles was den Staat bestimmt dargestellt. Der Sinn dahinter ist, dass die Bürger ihre individuelle Position zur Ausformung des Staates in dieser Matrix als Abweichung abbilden können. Politische Zielstellung von Parteien oder Interessengruppen können darin ebenso als Orientierungsrahmen für die Bürger abgebildet werden. Der Bürger kann also zum Beispiel auch die Zielstellungen seiner Partei übernehmen, oder für sich adaptieren. Daraus ensteht ein Abweichungsprofil an den einzelnen Punkten innerhalb der Matrix, anhand derer ermittelt werden kann, wie groß der Anpassungsbedarf in diesem Rahmen ist. Gleichzeitig stimmen aber alle Bürger die nichts sagen automatisch für den Erhalt des Status Quo an diesem Punkt. Es ergeben sich also deutlich direktdemokratischere Optionen, während gleichzeitig das Gesamtbild erhalten bleiben kann ohne auf eine Ja/Nein - Volksabstimmung herunter geköchelt werden zu müssen. Die Matrix des Staates ist vielmehr ein Leitbild für die Arbeit des Parlaments und der von ihr ernannten Regierung. Dieses Leitbild wird nur durch die Verfassung eingeschränkt.

Das Parlament wird weiterhin vom Bürger gewählt, und bildet wie immer eine Regierung, die wiederum die Leitung der Ministerien und der untergeordneten Exekutivorgane übernimmt. Außerdem erlässt es weiterhin Gesetze und Verordnungen.

Neu ist hingegen der Wächterrat, ein durch die Bürger gewähltes Gremium, das die Arbeit des Parlaments, der Regierung und der Ministerien daraufhin überprüft, ob diese das Leitbild der Matrix des Staates einhalten. Außerdem bildet der Wächterrat den Kopf des Richterwahlausschusses, der die obersten Bundesrichter bestimmt und ggf. bei Abweichungen von der MdS oder groben Verstößen entlässt.

Die Richter und Gerichte wiederum agieren ganz normal anhand der geltenden Gesetze und präzisieren diese ggf. anhand der geltenden Rechtssprechung.


Fügt man nun beide Elemente zusammen, so entsteht daraus eine sehr freie und eigenverantwortliche Staatsform, die den Bürgern sowohl sehr viel politisches Mitbestimmungsrecht als auch Entscheidungsfreiheit im wirtschaftlichen Handeln ermöglicht. Trotz der vielen Freiheit können wichtige Werte im Rahmen der Verfassung geschützt werden.


Dieser Artikel ist aus der Antwort von Dirk Patze auf die Quora-Frage "Welche Staatsform könnte eine echte Alternative zum Kapitalismus sein? Kommunismus hat ja nie wirklich funktioniert (zumindest nicht in der Form, in der er erdacht wurde)." entstanden.