Berlin 25.09.2021

In einem Onlineinterview befragte ich den Bundesvorsitzenden der "Partei der Humanisten" Alexander Mucha und die Pressesprecherin sowie stellvertretende Vorsitzende Maria Krause über verschiedene Themen unter anderem zur Unvereinbarkeitsliste, zu Hartz IV und den Grundsätzen der Humanisten, warum man die Humanisten wählen sollte und vieles mehr ...

Wer ist Alexander Mucha?

Alexander Mucha kommt aus der brandenburgischen Provinzstadt Straußberg, welche in der Nähe des Berliner-Speckgürtels liegt. Der 23 Jahre alte Jurastudent arbeitete zwei Jahre als Servicekellner. Neben der politischen Arbeit ist er ein entspannter Fußballfan. Alexander ist seit August 2020 der Bundesvorsitzende der Partei der Humanisten.

Ein Kurz-Info über "Die Humanisten":
Die "Partei der Humanisten" wurde 2014 gegründet. Ihre Kurzbezeichnung lautet: Die Humanisten. Liberal, sozial und progressiv - so sieht sich die Partei selbst.
In 15 Bundesländern ist die Partei vertreten, einzig das Saarland hat noch keinen eigenen Landesverband. 1.950 Mitglieder sind aktuell Teil der Partei.

Bei den zurückliegenden Wahlen konnte man kein Mandat erringen.
Zur Bundestagswahl 2017 bekam man gerade 5.591 Stimmen.
Die Europawahl 2019 schlossen die Humanisten mit einem Stimmanteil von 0,2 Prozent ab, dies sind 62.604 Stimmen.

Sie sind für: Wahl ab 16,"flexibles" Tempolimit, Einhaltung des Patentschutzes, Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2030 und weitere Forderungen.

Sind gegen: Förderung des traditionellen Familienbildes, Kopftuch im Dienst (neutrales Auftreten gegenüber dem Bürger - egal ob Kopftuch, Kippa oder Kreuz), Kirchensteuer, Austritt aus der EU, Abrechnung über Fallpauschalen und einiges mehr.

Kurz vorweg:

Das gesamte Gespräch lief mehr als drei Stunden lang. Wir versammelten uns gemeinsam mit der Pressesprecherin Maria Krause zu einem Onlineinterview (die Unterhaltung wurde aufgezeichnet). Hier findet ihr nun die spannendsten Antworten und Fragen.

Das Interview:

Wie ist die Lage?

Alexander: Wir mussten lange überlegen, was wir auf diese Frage antworten und tendieren zwischen sitzt (jetzt gerade zumindest) und so im allgemeinen Sinne mit der Partei und dem Wahlkampf steht natürlich an. Wir versuchen da unsere Ressourcen entsprechend zu mobilisieren und dann auch zielgerechte Aktionen zu starten. Wir bemühen uns das wir sorgfältig eine digitale und Präsenzkampagne auf die Beine stellen. Und soweit ich das bisher gesehen habe, läuft dies zwar mit den bisherigen Holprigkeiten, aber es läuft gut. Ich denke auch, dass wir sehr solide auftreten werden. Wenn man es mal zusammenfasst: Wir haben jetzt eine vollausgearbeitete Kampagne entwickelt, für das Gesamtkonzept. Eine Social Media Kampagne steht kurz vor der Fertigstellung, beziehungsweise kurz vor Launch. Wir arbeiten zusätzlich fleißig an Spots und solchen Interviews, sowie Interviews mit Direktkandidaten und davon gab es bis jetzt ein - zwei Stück und versuchen weitere zu starten. Wir arbeiten natürlich an: Plakaten, alleine weil man damit auch gelegentlich ins Gespräch kommt. Straßenaktionen, soweit Corona dies zulässt. Wir hoffen natürlich, dass die Deltavariante etwas glimpflicher ausgeht - als dies bisher zu befürchten ist, auch wenn die Daten darauf bisher leider nicht deuten. Wobei wir natürlich den starken Anstieg der Zahlen sehen. Nichtsdestotrotz sind wir da zuversichtlich. Wir waren schon immer eine primär digital-unterwegs Partei, weil man dank des Internets ganz massiv als eine kleine Gruppe Reichweite erzielen kann und viele Leute erreichen kann und haben da entsprechende Erfahrung. Haben auch eine ganze Reihe von Wahl-O-Maten bereits erfolgreich beantwortet und das ist immer einer der größten Marktpunkte: "Wo man sagen kann darüber werden uns die Leute kennenlernen". Sind deswegen sehr sehr zuversichtlich, was die Lage angeht.

Wenn ihr gewählt werdet und ihr holt plötzlich über 50 Prozent der Stimmen. Was würdet ihr in den ersten neun Wochen angehen?

Alexander: Da muss ich erst mal überlegen. Parlamentsarbeit ist natürlich etwas, was extrem viel Vorbereitung erfordert und viel Hintergrundarbeit. Kein Bundestagsabgeordneter könnte es schaffen, wenn er da alleine sitzt und sich durch solchen Kram durchwühlt, jedenfalls nicht, wenn er meines Erachtens - wenn er das ernsthaft betreiben möchte. Das heißt: Wenn wir jetzt auf einmal urplötzlich im Oktober mit 50 Prozent im Bundestag sitzen, dann müssten wir wahrscheinlich erst mal unsere Listen nachwählen, weil uns dann die Kandidaten ausgegangen wären. Und dann müssten wir versuchen, den logistischen Aufwand zu bewältigen, dass was wir als den richtigen Weg in der Politik sehen, umzusetzen: Wissenschaftliche und faktenbasierte Ansätze als Lösungswege für die Probleme unsere Zeit in die Politik zu bringen. Das müssten wir gewährleisten können und das müssten wir auch nachhaltig gewährleisten können, denn  wenn wir es jetzt geschafft haben und dann liefern wir mit 50 Prozent Anteil im Bundestag nicht, weil wir die nötige Infrastruktur dafür nicht haben - weil wir nicht wissen: Was tun wir hier jetzt eigentlich, da wir niemanden haben, der zuarbeitet und diese Informationen  bringt aus unserer Partei niemand (oder Angestellte bzw. von "Was auch immer"), dann können wir uns in vier Jahren direkt aus dem Bundestag verabschieden und werden dann halt nicht wiederkommen.

Maria: Richtig ... Ich würde dann wahrscheinlich als Erstes meinen Job kündigen, damit ich dafür die Zeit habe. Die meisten von uns machen das nebenbei ehrenamtlich und wie man sich denken kann, ist es ein sehr zeitintensives Hobby. Das fordert dann unheimlich viel organisatorischen Aufwand. Wir haben zwar mittlerweile ziemlich gute und professionelle Strukturen. Nichtsdestotrotz arbeiten die meisten von uns eben das nach der Arbeit oder dem Studium auf.
Also grundsätzlich: Wir müssen erst mal schauen, dass wir uns selbst strukturieren, um inhaltlich abliefern zu können. Die interne Professionalisierung, wo wir natürlich ständig dran arbeiten, die müsste noch weiter voranschreiten und eine solche Maßnahme wäre zum Beispiel: Expertenräte für bestimmte Bereiche, auf welche man sich anschließend auch berufen kann.

Es gibt die Seite abgeordnetenwatch.de. Ich denke diese kennt ihr wahrscheinlich: Würdet ihr eure Abgeordneten, wenn ihr dann welche hättet, dazu ermutigen die Fragen dort zu beantworten? Weil es ja doch eine ganz gute Möglichkeit ist mit dem Wähler direkt in Kontakt zu treten

Maria: JA, ganz unbedingt. Auf jeden Fall, also ich finde, das ist auch etwas, was in der Politik oder vonseiten der Politiker häufig fehlt. Das ist nämlich die Transparenz und die Kommunikation, auch nach außen. Gespräche mit den Bürgern führen und gerade über eine solche Plattform sind dann die Zugänge für alle viel besser und viel freier. Das gehört für mich auch definitiv zum Job dazu.

Alexander: stimmt der Aussage von Maria mit einem Nicken zu.

Für was stehen die Humanisten? Wie würdet ihr das jemanden erklären, wenn derjenige euch sagt: Erklär mir dies bitte in drei kurzen Sätzen!

Alexander: Für faktenbasierende - wissenschaftliche Politik. Die den Menschen ihre Freiheiten ermöglicht und dafür sorgt, dass wir in der gesellschaftlichen Verantwortung jeden dieser Menschen seine Freiheitsrechte schützen und ermöglichen.

Welches Ziel habt ihr dieses Jahr?

Alexander: Das ist relativ simpel. Wir haben zwei Ziele festgelegt und zwar wollen wir unsere Mitgliederzahl steigern. Wir sind derzeit 1.950 Mitglieder. (Stand gestern) Und wir haben das Ziel diese Zahl, bis zum Ende dieses Jahres - Anfang nächsten Jahres, auf 3.200 zu erhöhen. Das zweite Ziel ist Mehreinnahmen für uns zu generieren, um als Partei weiter nachhaltig an effizienteren Strukturen arbeiten zu können. Um unsere Arbeit auch verbessern zu können. Das alles vor dem Hintergrund: Das wir sagen, wir wollen diese Partei langfristig - nachhaltig etablieren und dafür brauchen wir eine starke, eine verlässliche Mitgliederbasis. Und eine entsprechende finanzielle Ausstattung, um diese Art von Politik auch tatsächlich irgendwann mal in ein Parlament tragen zu können.  

Maria: Und selbstverständlich wollen wir natürlich auch bekannter werden.
Das geht ja damit einher, dass wir jetzt an der Wahl teilnehmen, dass wir mehr Mitglieder erreichen, dass wir nach außen gehen und dass wir natürlich auch mit unserem Wahlprogramm, welches kürzlich verabschiedet worden ist und auf das wir sehr stolz sind, einfach auch innerhalb von diesem Wahlkampf unsere Themen setzten können. Das wir hier eine kritisch-rationale Stimme sein wollen.

Das "Hartz IV Gesetz" wurde 2021 etwa 16 Jahre alt und betrifft klassische Erwerbslose bis hin zum Grundsicherungsempfänger (Alter und Erwerbsunfähigkeit). Die Menschen sollten "gefördert und gefordert" werden, doch was ist dran? Wie beurteilt eure Partei dieses Gesetz und was ist euer Gegenentwurf, falls ihr einen habt?

Alexander: Aus unserer Perspektive: Es besteht zwischen keinem Menschen irgendeine  Form von Unterschied, was unsere Betrachtungsweise  angeht, was die Rechte eines Individuums angeht. Jeder Mensch muss die gleichen Rechte und (soweit irgendwie machbar) die gleichen Möglichkeiten haben. Die gleichen Chancen und die gleiche Teilhabe an der Gesellschaft. Sollte es  für irgendjemanden notwendig sein, für die Teilhabe irgendwie gefördert zu werden, dann ist das notwendig. Dafür ist ein Staat da, um Menschen solche Möglichkeiten zu eröffnen, ein solches Mindestmaß zu bieten. Das bedeutet für uns: Wir stellen den Menschen ins Zentrum unserer Politik.

Maria: Ich glaube: Jeder, der solche Maßnahmen schon einmal durchgemacht hat oder miterlebt hat, derjenige weiß, was das bedeutet. Weiß, dass das aktuelle Hartz IV Gesetz alles andere als humanistisch ist. Wir wollen als Humanisten natürlich eine Gesellschaft, in der die Menschen frei und selbst bestimmt leben können, auf dieser Basis, dies ist momentan überhaupt nicht der Fall.
Deswegen unser Gegenentwurf an dieser Stelle: Ein existenzsicherndes Grundeinkommen, durch eine negative Einkommensteuer. Das schützt einerseits Menschen vor ausbeuterischer Arbeit. Es ermutigt auch auf der anderen Seite, sich selbst zu verwirklichen, auch selbstständige, künstlerische und ehrenamtliche Tätigkeiten. Es spart ein Haufen Verwaltungskosten, wenn wir in diese Richtung gehen - diesen Weg gehen wollen. Letztendlich sehen wir eine fortschreitende Automatisierung, fortschreitende Digitalisierung, es wird weiter klassische Erwerbstätigkeiten verdrängen und da kommen wir langfristig nicht um ein Grundeinkommen herum.

Zu der Unvereinbarkeitsliste: Die gesamte Partei Die Linke ist bei euch auf der Liste vertreten und das dürfte die meiste Kritik auslösen. Gewisse Unterorganisationen der Partei werden zwar vom Verfassungsschutz beobachtet, aber deswegen die gesamte Linke aussperren. Warum, wenn ihr euch doch eh jedes Mitglied vorher einzeln anschaut?

Alexander: Ganz simpel gesagt: Wenn man in einer solchen Organisation ist und das im Antrag mitteilt und wir es lesen, dann ist es niemals ein pauschales Nein. Der Antrag wird immer geprüft werden.

Maria: Das Gleiche gilt auch, wenn jemand zum Beispiel Mitglied ist beim VVN, also dem Bund der Antifaschist*innen oder auch wenn man Teil der Antifa war. Ich glaube, jeder war während des Studiums mal mehr oder weniger in Kontakt mit der Antifa. Das ist auch normal und die stehen auf dieser Liste, weil (Unter)-Organisationen vom Verfassungsschutz beobachtet werden oder weil auch viele kommunistische Mitglieder dabei sind, welche am Ende den Kommunismus wollen. Genau deswegen stehen die darauf, weil wir das an der Stelle einfach prüfen wollen und schauen, ob wir auf derselben demokratischen Linie sind - den gleichen Zug fahren.

Alexander: Wir können von außen natürlich nie sagen, wo eine bestimmte Organisation genau steht und wo die schwarzen Schafe sitzen. Wir schauen uns die gesamte Organisation an - Schauen uns Ziele an - Die Positionen. Bei den Linken ist es halt so, dass wir grundsätzlich im Vergleich zwischen unseren und deren Idealen eine Unvereinbarkeit insbesondere, was Wirtschafs- und Gesellschaftspolitik angeht, vermuten können. Wir sind wie gesagt immer Individualisten - alles wird individuell geprüft und das egal wo man vorher drin war.

Wollt ihr den Hanf freigeben? Und wenn: In welchem Sinne?

Maria: Ja! Das wollen wir auf jeden Fall machen. Das ist mir auch eine ganz große Herzensangelegenheit. Und ihr werdet mich wahrscheinlich auch bei der Hanfparade sehen.
Legalisierung: Besitz und Anbau für den Eigenbedarf. Nach dem Cannabiskontrollgesetz der Grünen wären es drei Pflanze für den Eigenbedarf.
Das finde ich jetzt ein bisschen wenig - könnte man ruhig ein wenig mehr hoch setzen und den Besitz bei ungefähr 60 Gramm an Blüten und dann natürlich auch eine Abgabe über Apotheken oder lizenzierte Fachgeschäfte, damit da auch eine Qualitätssicherung dabei ist und natürlich auch ein Jugend- und Verbraucherschutz.

Welche Themen sind während der Corona-Krise zu wenig behandelt worden?

Alexander: Man müsste mehr darüber reden, dass man nicht über Dinge redet oder nicht richtig, dass man Dinge nicht richtig behandelt. Das ist für mich das Kernproblem und das ist auch während der Corona-Krise passiert. Die Leute waren halt permanent mit Corona beschäftigt, über anderthalb Jahre mittlerweile. Es hat quasi nichts anders gegeben, außer Corona, Corona, Corona - hin und wieder etwas Klima, aber dann wieder ganz schnell Corona. Wir haben aber tatsächlich noch ganz andere Probleme als Corona und über diese müsste man auch reden. Die Aufmerksamkeit und Bearbeitung verdienen. Zum Beispiel wären da die Probleme, welche mit der Demografie einhergehen, die mit Digitalisierung oder ihrem Ausbleiben einhergehen, infrastrukturelle Probleme, Bildungsproblem natürlich - die immer wieder sehr stark verkannt sind. Während Corona ist aus diesem Grund alles zu kurz gekommen, an der Stelle, weil Corona alles andere verdrängt hat und das ist nicht gut. Ich habe das Gefühl, es wird uns noch ein wenig auf die Füße fallen, wenn uns auffällt - da ist ja wirklich noch was anderes außer Corona und ein bisschen Klima.


Ich bedanke mich nochmals für die mitgebrachte Zeit bei den Humanisten und natürlich besonders bei der Pressesprecherin und stellvertretende Vorsitzende Maria Kruse und dem Vorsitzenden Alexander Mucha. Diese Interviewlänge ist nicht selbstverständlich und daher bedanke ich mich dafür, dass die beiden sich die Zeit genommen haben und meine Fragen nach besten Wissen und Gewissen beantwortet haben.

Zusätzlich möchte ich mich bei Mechthild bedanken: Ursprünglich war sie für ein Interview vorgesehen und konnte dies aus familiären Gründen jedoch nicht bestreiten. Sie stellte den Kontakt zur Pressesprecherin her (da diese bei einem Interview so, oder so anwesend gewesen wäre).

Disclaimer: OBIausHV ist kein Mitglied der Partei der Humanisten und unterstützt/e diese auch nicht finanziell.
Für dieses Interview wurden keine Gelder gezahlt.
OBIausHV war früher Mitglied der Piratenpartei und arbeitete zu einigen (privaten/öffentlichen) Anfragen mit der Partei "DIE Linke" zusammen.
Aktuell besteht keine Mitgliedschaft bei irgendeiner Partei.

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