Obwohl das Bistum Osnabrück in der sogenannten Diaspora liegt – im gesamten Bistum leben wesentlich mehr Andersgläubige als Katholiken – sind einige Ordensgemeinschaften mit Klöstern vertreten. Seit 1854 befand sich das Kloster der Benediktinerinnen vom Heiligsten Sakrament zunächst am Neuen Graben, seit 1896 sind die Schwestern am Hasetorwall auf dem ehemaligen Gelände der Nobbenburg zuhause.

Ein Kopfsteinweg führt entlang einer Wiese zur Klosterpforte. Trotz des nahen Verkehrs ist es in den Räumlichkeiten auffällig still. „Ora et labora“ – „Bete und arbeite“ – lautet der Grundsatz der Benediktinerinnen. Der Alltag ist genau strukturiert. Er beginnt um 5.55 Uhr mit dem Morgengebet (Laudes und Terz) und schließt mit dem Nachtgebet (Komplet und Vigilien) um 19.30 Uhr.Zeitfenster für Gebet, Arbeit, Mahlzeiten und Ruhe wechseln sich gemäß einem festen Plan ab. Lektüre und Aufgaben rund um Haus und Garten sind ebenfalls Bestandteile. Das Gebet hat höchsten Stellenwert, weshalb sämtliche Aktivitäten hierfür unterbrochen werden.

Wo arbeiten die Schwestern?

„Die Schwestern arbeiten für ihren Lebensunterhalt“, erklärt Sr. Ursula Wahle OSB. Drei eigene Betriebe führen die Schwestern: Die Kerzenwerkstatt, die Paramentik, in der Textilien für Gottesdienste genäht und bestickt werden, und die Hostienbäckerei – ein kleines Online-Business. Das Funktelefon hängt am Gürtel des Habits – des traditionellen Ordenskleides – der Schwester, das Laptop ist wichtiges Arbeitsgerät. Neben der Fertigung stehen das Verpacken der Waren, der Versand, die Abwicklung der Online-Bestellungen und die Abrechnung und Buchhaltung auf dem Programm. Eine Gewinnabsicht gibt es nicht, denn die Schwestern leben in bescheidenen Verhältnissen.

Welche Beweggründe gibt es für diesen Lebensentwurf?

Privatbesitz im herkömmlichen Sinne gibt es nicht im Orden, ebenso wenig wie Unterhaltungsmedien oder klassische Freizeitaktivitäten. Nachrichten werden jedoch i.d.R. täglich konsumiert. Als Informationsquellen werden Laptop und Tageszeitung genutzt. Ob den Schwestern aufgrund ihres bescheidenen Lebensstils etwas fehlt? „Wir setzen andere Prioritäten“, so Sr. Ursula. Sie selbst, gelernte Krankenschwester, sei auf der Suche nach einem sinnerfüllten Leben ins Kloster gekommen: „Dann hat es mich nicht mehr losgelassen.“ Derzeit besteht die Gemeinschaft aus 16 Schwestern, darunter zwei Novizinnen – Nonnen in der Ausbildung. Die Altersstruktur der Schwestern ist gemischt: Die jüngste ist 27, die älteste 91. „Wir sind ein Drei-Generationen-Haushalt“, sagt Sr. Ursula.

Wo zeigen die Schwestern soziales Engagement?

Die Benediktinerinnen sind eine Gemeinschaft, in der man sich kümmert. Das gilt sowohl für die eigenen Ordensschwestern als auch für Externe. So wird eine Schwester, die schwer pflegebedürftig und dement ist, im Haus versorgt. Auch werden im Kloster Einzelgäste für Besinnungstage aufgenommen. Jeden Freitag zwischen 9.00 und 10.30 Uhr findet eine Lebensmittelverteilung an der Klosterpforte statt. Bis zu 100 Menschen kommen regelmäßig, um Nahrungsmittel in Empfang zu nehmen.

Angeliefert werden die Lebensmittel durch eine Privatinitiative, sortiert und ausgegeben werden sie durch die Schwestern. Auch die eigenen Lebensmittel beziehen die Schwestern größtenteils aus dieser Quelle. Eine Bedürftigkeitsprüfung findet nicht statt. „Unser Ziel ist es zu helfen. Niemand stellt sich ohne Grund in die Schlange“, so Sr. Ursula. Obdachlosen in der Umgebung stehen die Schwestern als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung.


Erstveröffentlichung im Magazin "Osnabrücker Wissen" - Ausgabe 27,  März 2020.

Anmerkung: Dieser Artikel ist vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie entstanden.

(c) Bildmaterial: Sina-Christin Wilk

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