Berlin 21.07.2021 #Östereich #Medienkritik

ServusTV wollte seit September neue Erkenntnisse und Perspektiven liefern, dazu nahm man das "CORONA-QUARTETT" ins Programm und bot Sucharit Bhakdi wiederholt eine Bühne. Doch der Plan ging nicht auf und der Ruf litt gewaltig und nun beendete man auch die Zusammenarbeit...

ServusTV oder Redbull?
Hinter ServusTV steht die Firma Red Bull Media House GmbH. Die Tochterfirma des Energy-Produzenten leitet unter anderem der Miteigentümer der Red Bull GmbH Dietrich Mateschitz. Über Mateschitz ist in der Öffentlichkeit nicht viel bekannt, doch immer wieder wurde ihm eine Nähe zum Rechtspopulismus vorgeworfen. Gerade in der Flüchtlingskrise schwadronierte er von einem "Meinungsdiktat des politisch Korrekten" und prangerte die Politik an, welche "in politischer Correctness ergeht". In der österreichischen Kleinen Zeitung spottete er über "Wir schaffen das"- sagende Leute. Sich selbst bezeichnet er hingegen gerne als "Humanist, Kosmopolit, Pazifist und Individualist", doch wie dies zu seiner offensichtlich ablehnenden Haltung gegenüber Flüchtlingen passt?
Auch seine Haltung zur Demokratie ist sehr fraglich, so finanziert er über eine Stiftung Addendum. Dieses von ihm selbst gegründete Portal stellt sich selbst gerne als eine „Rechercheplattform“ dar. Man ging dort den wirklich wichtigen Fragen nach: "Ist Demokratie wirklich so eine gute Idee?" Man stellte sich bewusst als eine Alternativ zur angeblich unfreien Presse dar. Im September 2020 entschied man sich, das Portal einzustellen.

Seit 2007 gehört ServusTV zum Programm des Red Bull Konzerns

Der Sender wurde schnell zu einer Heimat für die österreichischen Rechtspopulisten. Kritik gab es zu den verschiedenen Medienprojekten mehrfach, vor allem die Ausrichtung der Aktivitäten soll jedes Mal klar erkennbar gewesen sein.  So passte es auch gut ins Konzept des Senders, "alterative Meinungen" zu zeigen.

Sucharit Bhakdi gehörte oft zu den Gästen. In der Sendung "Corona-Quartett" war er schon so etwas wie ein Stammgast gewesen, besonders zum Anfang des Formates. Bhakdi klang auf dem Papier nicht sofort unseriöse, so war er doch Universitäts-Professor und leitet von 1991 bis 2012 das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Nur in der Pandemie fiel Bhakdi schon früh mit einigen Aussagen auf, gerade seine nachweislich falschen Aussagen zu den "Coronatoten" wurde in der Presse und Fachwelt bemängelt. Nach seiner Unterstellung würden alle Toten, welche ein positives Testergebnis hätten, als "Coronatote" zählen. Die Plausibilität des Todes erwähnt er jedoch nicht, wenn jemand offensichtlich an einem Autounfall gestorben ist und zudem ein positives Testergebnis hat: Nimmt man den Toten nicht in die Statistik für "Coronatote" auf. Die Ursache muss immer auch plausibel sein. Mittlerweile belegten auch einige Studien, dass die Menschen mehrheitlich an Corona sterben und nicht mit.
Im Frühjahr 2020 distanzierte sich das Bundesministerium des Innern von einem Positionspapier, welches auf amtlichen Briefpapier. Zirkulierte und bezeichnete es als „Privatmeinung“. Sucharit Bhakdi war zuvor an der Erstellung beratend beteiligt. In der Folge wurde der Oberregierungsrat Stephan K. vom Dienst freigestellt. Vertreter der Alma Mater Mainz und Kiel wiesen seine Aussagen scharf zurück.

Corona-Quartett

Mit dem "Corona-Quartett" wollte man all den "kritischen" Stimmen eine Plattform bieten. Das Format begann im September als eine wöchentliche Talkshow. Laut Sender sollte es nie um einen "emotionalen Schlagabtausch" gehen, man wollte viel mehr zu einem Erkenntnisgewinn beitragen. Nur geschah dies bisher nie wirklich.
Man könnte sagen: Mit neuem Wissen konnte man die Sendung nie verlassen, der Informationsgehalt lag um null Prozent. Das lag und liegt an vielen Punkten.
Zu den Anfangszeiten gab es nicht einmal einen Moderator. Bhakdi konnte so längere Monologe halten oder sich mit dem Finanzwissenschaftler Stefan Homburg austauschen. Homburg ist (neben Bhakdi) einer der bekanntesten Verschwörungsmystiker. Sucharit Bhakdi sorgte mit der These einer schon zu diesem Zeitpunkt beendeten Pandemie für heftige Schleudertraumata in der wissenschaftlichen Welt und schon alleine die Zeit strafte ihn als Lügner ab. Vor allem seine Ablehnung der Masken gegenüber vertrat er in der Sendung oft unwidersprochen, so seinen Kindern etwa "psychisch gestört" vom Tragen der Masken. Beweise oder Argumente zur Untermauerung der Thesen blieb er dabei fast immer schuldig. Als ein Gast mal nicht seiner Meinung war und erklärte, man könne nicht alle in einem Topf verwerfen, da erwiderte Bhakdi: "Doch, wieso nicht?". Der Gast war Florian Thalhammer, Infektiologe und Mitglied im Beraterstab der Coronavirus-Taskforce der österreichischen Bundesregierung. Oft verlor sich der ehemalige Professor Bakdi in wirklich seltsamen Vergleichen. Für Laien war der Informations-Nebel oft zu dicht. Am Ende ging man aus den Sendungen nicht mit neuem Wissen heraus. Bei Anhänger von Bakdi, Homburg und der Querdenker-Szene vertieften sich nur ihre Vorstellungen, was zuletzt auch an der Konzeption der Sendung lag. Homburg unterbrach die Gäste immer wieder und drehte diesen das Wort im Munde um. Ein echter Austausch und gar ein Erkenntnisgewinn waren so unmöglich. Gäste und neutrale Zuschauer erkannten dies mehrfach und verwiesen auf HUMBUG.
Besonders deutlich wurde es, als Richard Greil einmal Gast dieser Sendung war. Greil rechnete der Runde vor: Wie viel beatmungspflichtige Pateinten man schon nach 14 Tagen hatte. Der ärztliche Leiter des Corona-Krisenstabs Salzburg konnte die Fakten dahinter gut vermitteln, doch das Gespann des Humbugs interessierte es leider gar nicht.

Das Diskussionen so nicht zustande kommen und dies in etwa so sinnvoll ist, als wenn man versuchen würde über das Wasser zulaufen, wurde den Machern der Sendung auch irgendwann klar und man holte Michael Fleischhacker als Moderator. Nur machte die räumliche Ferne (stand an einem Pult, während die Runde an einem Tisch war) und die sture Haltung von Homburg und Bakdi die Sache nicht einfacher. Der Moderator war bemüht, aber soweit abseits der Runde konnte er nicht viel ausrichten. Das Prinzip hinter einer solchen Sendung hätte gut sein können. Man hätte unaufgeregt über die Sachverhalte einen Diskurs führen können: Was ist nun dran an den Infektionszahlen und wie aussagekräftig sind sie? Wie groß ist Nutzen und Schaden von Lockdowns?
Nur schien all dies nicht wichtig zu sein. Man setzte bewusst auf das Humbug-Duett. Was in vielen Sendungen wirklich toll zur Schau gestellt wurde. Homburg war wenig sachlich unterwegs, als  die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann in einer anderen Ausgabe sagte "Ich vertrete die wissenschaftliche Standardmeinung" holte Homburg den Vorwurf der "Staatsmeinung" aus seinem Köcher. Homburg ist wie andere Vertreter dieser Szene ein guter Redner, wie auch Reitschuster oder Ken Jebsen versteht er eine tolle Illusion aufzubauen. Die Magier der Wörter lenken wie die echten Magier eben ab, doch zum Schluss ist eben kein tolles Kunststück vorgeführt worden. Am Ende steht bei solchen Blendern nichts. Hinter all den vielen Worten verbirgt sich heiße Luft.

Homburg, wie Bakdi, können andre Meinung neben den eigenen Anschauungen nur schwer ertragen. Nur geht das Team Humbug dabei jeweils anders vor. Während Homburg den Leuten das Wort direkt versucht abzudrehen und diese anschließend auch gerne verdreht, geht Sucharit Bhakdi anders vor. Er zeigt seine Verachtung so offen zur Schau, wenn abweichende Meinungen vorgetragen werden: Schüttelt er oft mit dem Kopf und atmet recht genervt aus. Fast so als wenn er der Allwissende wäre und niemand ihm das Wasser reichen könne. Andere Wissenschaftler kämpfen gegen die Pandemie an und er sitzt mit dem Wirtschaftswissenschaftler Homburg hier. Am Ende bedient man hier nur die Positionen der Querdenker und der Telegram-Möchtegern-Rambos. Der Gemüse-Hitler wäre sicherlich stolz auf die beiden.

Doch alles hat ein Ende - Aus bei ServusTV

Nur alles hat irgendwann mal ein Ende und das schon vor dem Ende der Pandemie. Sucharit Bhakdi hat bald mehr Zeit, seine Auswanderungspläne. Er wollte ja schon länger die "Diktatur Deutschland" verlassen.
ServusTV beendet die Zusammenarbeit und dies wegen seiner antisemitischen Äußerungen. Weitere Auftritte des Humbug-Duetts werden somit auf ServusTV nicht mehr stattfinden. Ob man sich aber nun von dem Imageschaden erholen kann? Das beleibt zumindest sehr unwahrscheinlich. Das Quartett verteidigte der Senderchef erst letztens in einem APA-Interview. In dem Interview der Nachrichtenagentur sprach man Senderchef Ferdinand Wegscheider vor allem auch den Imageschaden an und dass viele Teile der Bevölkerung den Sender ServusTV eher als ein Platz der Maßnahmengegner und Querdenker betrachten würden. Wegscheider verneinte dies eher und blies dabei ins Querdenkerhorn. Er sprach von einer "einseitige Berichterstattung" die ihm an "totalitäre Staaten" erinnere. Vor allem würde man auch "den kritischen Teil der Wissenschaft aussperren". Klingt ganz nach dem Vorwurf gleichgeschaltet Lügenpresse, die alternative Meinungen unterdrücken würde und vielleicht sogar Fakten verdrehen? Das dürfte jedenfalls den Eindruck von ServusTV, als Sender der Querdenker verstärken.

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