Ich bin Gesellschafterin und Mitarbeiterin einer Personalvermittlung für ausländische Pflegefachkräfte.
Unser Ziel ist es nicht nur ausländische Pflegefachkräfte nach Deutschland zu vermitteln, sondern sie auch auf ihrem Weg der Integration zu begleiten.
Das wäre alles nicht nötig, würden die deutschen Pflegefachkräfte die Anerkennung und die Arbeitsbedingungen bekommen, die sie verdienen.
Leider wurde die Pflege in Deutschland kaputt gespart und dadurch die Fluktuation von gutem Personal vorangetrieben und verhindert, dass sich genügend für eine Ausbildung in der Pflege interessieren.
So wird nichts anderes übrig bleiben, als Pflegefachpersonen aus dem Ausland anzuwerben.
Ich war vor einem Jahr in Kolumbien und habe mir die Arbeitsbedingungen der Pflege vor Ort angeschaut.
Anders als (noch) bei uns ist Pflege dort keine Ausbildung, sondern ein Studium, das über fünf Jahre geht.
Das Studium muss komplett selbst finanziert werden und um sich das leisten zu können, fangen die Eltern bei der Geburt ihres Kindes schon mit dem Sparen an.
Die Arbeitsbedingungen einer Pflegefachperson in Kolumbien sind hart.
Sie haben teilweise 16 Stunden Schichten, nur 10 Tage Urlaub im Jahr und ein Gehalt, von dem sie kaum leben können. Kindergeld oder andere Sozialleistungen gibt es nicht.
Deshalb erscheint ihnen unser Sozialstaat Deutschland wie das Paradies.
Viele möchten nach Deutschland kommen, scheitern aber an der Sprachbarriere.
Um ein Arbeitsvisum zu bekommen, brauchen sie mindestens Sprachlevel B2.
Der Einwurf, dass das schlecht ausgebildete Pflegekräfte sind, die kein Deutsch sprechen, ist also nicht richtig.
Wir werden, auch wenn sich die Arbeitsbedingungen in Deutschland bessern sollten, nicht so schnell "biodeutsche" Fachkräfte bekommen können und da sind ausländische Pflegefachleute (für beide Seiten) nicht die schlechteste Lösung.
Aber auch hier nur im Hinblick, dass sie nicht verheizt werden sollen. Sondern den "Neustart" in der Pflege unterstützen können.
Der Artikel ist zuerst erschienen auf Quora als Antwort auf die Frage: "Soll Deutschland ausländische Pflegekräfte aktiv anwerben? Wenn nicht, wie soll der dringende Bedarf an Pflegekräfte in den kommenden Jahren gedeckt werden?"