Im Jahr 1957 befand sich Pepsi  - wie viele Jugendliche zur damaligen Zeit - in einer Identitätskrise. Trotz der Bemühungen der Marketingleute von Pepsi verkaufte der größte Konkurrent und ewige Marktführer - Cola Cola - sechs Mal so viel wie Pepsi, obwohl eine Pepsi Cola nur halb so viel kostete wie eine Coke . Es lag nicht am Produkt, sondern daran, dass Pepsi`s Markencharakter - unentschlossen und richtungslos - eine leere Hülle dessen war, was es hätte sein müssen, um es mit Coca Cola aufzunehmen.

Coca Cola war zu jener Zeit konkurrenzlos, weil es gelang, der amerikanischen Öffentlichkeit das Bild zu vermitteln, alles Gute und Wohltuende des amerikanischen Lebensstils sei in den trüben Glasflaschen enthalten. Diese klare Überlegenheit der Konkurrenz war nicht anders als jene von Apple heute; genauso selbstverständlich, wie es Apple Nutzern heutzutage erscheint, auf eine grüne Sprechblase in iMessage zu reagieren, wäre damals jedem, der die amerikanischen Merkmale des Aussergewöhnlich seins, des Gemeinschaftssinns und natürlich des Weihnachtsmanns verinnerlichte, der Konsum von etwas anderem als Coke als äusserst abwegig erschienen.

Cola hat sich sogar dem Weihnachtsmann angeschlossen. Foto von der Library of Congress/Corbis/VCG/Getty

Im Jahr 1963 engagierte Pepsi einen jungen Werbefachmann namens Alan Pottasch, um das Problem anzugehen. Pottaschs Aufgabe war, gelinde gesagt, schwierig. Er sollte eine Marke neu beleben, die mit Coca Cola gegen eine der erfolgreichsten Brands aller Zeiten konkurrierte, deren Produkt Pepsi in jeder verbraucherorientierten Kategorie überlegen und zugleich von der chemischen Zusammensetzung her nahezu identisch war. Und so traf Pottasch eine Entscheidung, die sich später als richtungsweisend erweisen sollte - man solle, wie er es ausdrückte: „... aufhören, über das Produkt zu sprechen, und beginnen, über den Benutzer zu sprechen.“ Tim Wu meinte in seinem Buch The Attention Merchants dazu:

[Pottasch] hatte daher die Idee, Pepsi ohne Rücksicht auf seine inhärenten Eigenschaften zu vermarkten und sich stattdessen auf das Bild der Menschen zu konzentrieren, die es gekauft haben oder kaufen sollten.

Zum ersten Mal in der Geschichte beschloss eine Marke, anstelle des Produkts selbst den Kundentypus, der es gekauft hatte, zu bewerben. Darüber hinaus förderte Pepsi die Idee einer völlig neuen Generation, die frei von manipulativen, konsumorientierten Botschaften ist, wie sie von den Massenmedien aufrechterhalten wurden. (Es waren ja die 60er Jahre.) Diese Gruppe sollte als die "Pepsi Generation" bekannt werden.


Die Pepsi-Generation war revolutionär, weil es das erste Mal war, dass eine Marke Menschen davon überzeugte, ihr Produkt zu kaufen, indem sie sich auf den Personentypus konzentrierte. Keine Generation zuvor hatte sich so sehr danach gesehnt, über sich selbst hinauszuwachsen - der konsumorientierten Denkweise zu entkommen und wirklich unabhängige Gedanken zu entwickeln - und so erreichte Pepsi's Botschaft, trink unser Produkt und tue genau das, die richtige Gruppe im richtigen Moment.

Wu zitiert Pottasch zum Erfolg der Kampagne wie folgt:

„Eine ganze Generation nach unserem Produkt zu benennen und für das Produkt zu beanspruchen, war eine ziemlich mutige Sache", erinnert sich Pottasch später, "weshalb wir nicht sicher waren, ob sie einschlagen würde." Aber seine Intuition sollte sich als richtig erweisen. "Was du getrunken hast, sagte etwas darüber aus, wer du bist. Wir haben das Bild unseres Verbrauchers als aktiv, vital und jung geblieben gezeichnet."

Im Laufe des nächsten Jahrzehnts errang Pepsi - als Folge der Pepsi-Generation-Kampagne - einen bedeutenden Marktanteil von Cola. Und während die Kampagne revolutionär war, war das dahinterliegende Erfolgsrezept einfach. Wie Wu betont, ist "der Konsum der natürlichste Endpunkt von Begierde." Diese Generation sehnte sich danach, dem Konsum zu entkommen, und die Tatsache, dass Pepsi sie davon überzeugte, dies durch den Erwerb einer Pepsi zu tun - eine Pepsi zu kaufen ist letztlich ja auch konsumorientiert - unterstreicht die Genialität der Kampagne. Diejenigen, die Pepsi kauften und ein Teil der Pepsi-Generation wurden, suchten nach einem neuen Lebensgefühl und nicht nach einem neuen Getränk. Pepsi`s Genialität bestand darin, dass es einen Weg fand, Beides zu sein.


Das Grundlegende der "Pepsi Generation"-Kampagne zeigt sich in zweifacher Hinsicht. Erstens hat der Erfolg eine Marke wiederbelebt, die kurz davor stand, in der ersten Runde von seinem der größten Konkurrenten - Coca Cola - in einer frühen  ausgeknockt zu werden. Zweitens ist es auch Jahrzehnte später fast unmöglich, eine Marke zu finden, die nicht die von Pepsi eingeführte Strategie verfolgt: Den Leuten nicht ein besseres Produkt zu verkaufen, sondern eine bessere Version von sich selbst.

Man denke an Apple. Apple-Benutzer zu sein bedeutete - zumindest in der Ära von Steve Jobs - "think different". Kritiker mögen jetzt über die Charakterisierung eines Apple-Benutzers lachen, angesichts der Homogenität und Allgegenwart von Apple-Produkten, insbesondere unter Gutverdienern. Doch diese Kritiker übersehen, was Apple nicht entging: Menschen kaufen Produkte nicht wegen dem, was diese leisten, sondern sie kaufen Produkte wegen dem, was sie mit diesen tun können oder sich zumindest vorstellen tun zu können. Diese Idee durchdringt sogar Apples Einzelhandelsstrategie. Apple-Mitarbeiter zeigen uns nie, wie ein Produkt funktioniert, sondern lasses es uns verwenden, so dass wir uns mit dem Produkt vertraut machen müssen, und, noch wichtiger, mit uns selbst bei deren Gebrauch. Eine Vielzahl von Produktoptionen, aus denen man wählen kann, wird nie so faszinierend sein wie ein homogenes Produkt, das uns in einen Superhelden verwandelt - und Letztere hat Apple im Überfluss.

Die Silhouette ist nichts anderes als eine Einladung, sich im Kontext des iPod vorzustellen. Foto von Justin Sullivan / Getty

Samsung lernte dies auf die harte Tour, denn es konzentrierte sich auf die Werbung für die Eigenschaften seiner Produkte und nicht auf die Personen, die diese verwenden können. Mittlerweile vermeidet Samsung es, über die Geschwindigkeit seiner Prozessoren oder die Tiefe der Schwarztöne auf seinen Bildschirmen zu sprechen, weil das 99% der Menschen egal ist. Was sie - selbstsüchtig wie sind - interessiert, ist zu was die Produkte sie machen - "Macher, Regisseure, Schöpfer", wie Casey Neistat sagt - wenn sie ein Samsung-Produkt verwenden. Die Botschaft? Sei wie wir. Die Lösung? Kaufe ein Samsung .

Samsung übertraf sogar Pepsi`s Genialität, indem es erkannte, dass die Darstellung dessen, was die Menschen nicht sein wollen, mindestens ebenso wirkungsvoll ist wie die Darstellung dessen, was sie sein wollen. Im Fall von Samsung der gehirngewaschene Apple-Benutzer, der niemals einen Geräte-Wechsel unternimmt. Der Verbraucher, der das endlich schafft, ist derjenige, den Samsung in seinem Werbespot "Growing Up", der besseren Version des "Apple Sheep", zeigt; einer, der diejenigen, die sich für das iPhone entscheiden, von denen der Normalste ein finsterer Mann mit der für das iPhone X charakteristischen Ecke in der Frisur ist, hinter sich zurücklässt. Die Botschaft? Sei nicht er. Die Lösung? Kaufe ein Samsung.

So verhalten sich jedoch nicht nur Technologieunternehmen. Adidas und Nike tun es, Ersteres mit einem ähnlichen Ansatz wie Samsung und einer entsprechenden Liste von Influencern. Starbucks stellt Getränke wie den Unicorn Frappuccino her, ein Getränk, das bekanntermaßen und wenig überraschend „besser aussieht als es schmeckt“. Während sich ein schlecht aromatisiertes, aber fotogenes Getränk in früheren Generationen nicht verkauft hätte, tut es das in der heutigen, in unserer Generation. Warum?

Ähnlich wie es Pepsi verstand, dass sie mit Coke nie einzig um Produkt konkurrieren würden, versteht es Starbucks, dass es 2018 weniger um das Getränk selbst geht, als darum, zu wem das Getränk einen macht - auf Instagram und im wirklichen Leben. Und unabhängig davon, was Du über uns Millennials denkst - narzisstisch, egoistisch, egoistisch, eitel, freimütig - eines ist völlig klar: Infolge von Social Media und das Internet ist unsere Generation stets darauf bedacht, wie wir wahrgenommen werden - von Freunden, Familie, Kollegen und sogar von Menschen, die wir nie getroffen haben - mehr als jede andere Generation zuvor.

Es ist allgemein bekannt, dass soziale Medien einen Beitrag zur Identitätspolitik leisten, aber ich würde behaupten, dass sie zu etwas Tiefergehendem beitragen: zur Identitätslähmung. Dies ist ein Zustand, bei dem wir uns bewusst sind, wie sich alles, was wir sagen und tun - selbst das scheinbar Belanglose, wie die Schuhe, die wir tragen, oder die Fluggesellschaft, mit der wir fliegen - auf uns auswirkt. Daraus folgt, dass sich unsere Generation auch in einzigartiger Weise zu Marken hingezogen fühlt, die uns das Gefühl geben, das wir empfinden wollen, auch wenn bei dem, was wir selbst wollen, oftmals wiederum die Aussenwahrnehmung im Vordergrund steht. Wie bei Starbucks mit dem Unicorn Frappuccino, hat die äussere Wahrnehmung von uns für uns oberste Priorität. Das Social-Media-Umfeld, in dem wir leben, verlangt einen Fokus auf sichtbare Merkmale - die ihrem Wesen nach äußerlich sind - von Designerdrinks, aber auch von Individuen.


In Anbetracht all dessen schlage ich vor, dass Analysten mitdenken, wie sich Menschen mit einer Marke fühlen, wenn Sie über den Wert eines Unternehmens nachdenken. Dieser Faktor wird bei Finanzergebnissen nicht berüchtigt, es gibt keine Möglichkeit, diesen in einer Bilanz zu messen. Aber vielleicht liegt das daran, dass dies erst relevant zu werden beginnt; Pepsi war schließlich das erste Unternehmen in der Geschichte, das sich selbst vermarktete, indem es das Image des Verbrauchers bewarb, der es trank, und nicht das Produkt selbst - und das ist gerade mal 50 Jahre her. Seitdem sind sich die Verbraucher, v.a. durch die sozialen Medien, viel bewusster darüber geworden, wer sie im Kontext der von ihnen verwendeten Produkte sind, als es sich selbst Pepsi hätte vorstellen können. In dieser Gesellschaft ultrabewusster Konsumenten sind diejenigen  Marken erfolgreich, welche die Konsumenten sich selbst so sehen lassen, wie sie sich sehen wollen.


Dieser Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt. Das Original kann hier nachgelesen werden:

People Don’t Buy Products, They Buy Better Versions of Themselves
The year was 1957, and Pepsi — like many of the youth at that time — was dealing with an identity crisis. Despite efforts from marketers, Pepsi was being outsold by its biggest competitor and…