Es war ein ausverkauftes Konzert mit 20.000 Besuchern. Die Lichter gingen an, der letzte Song war gesungen. Zeit, sich auf den Heimweg zu machen. Doch einige werden dort nie angekommen sein.

Der Abend des 22.5.2017 veränderte alles.

Leben wurden beendet oder für immer geprägt.

Zum Ende des Konzerts der US-Popsängerin Ariana Grande, die mit ihrem neuen Album „Dangerous Woman“ auf Welttournee war, hatte sich ein islamistischer Selbstmordattentäter mit einer eigens gebauten Bombe im Foyer der Manchester Arena in die Luft gesprengt. Gegen 22.30 Uhr detoniert der Rucksack, der mit Metallteilen gefüllt gewesen ist. Überwachungsvideos der Arena zeigen den Attentäter Salman Ramadan Abedi wegen der Schwere des Rucksacks mit einem gebückten Gang laufend.

Die Explosion war in der ganzen Manchester Arena zu hören. 22 Menschen verloren unmittelbar ihr Leben bzw. erlagen im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen. Metallsplitter, Muttern, Schrauben und Nägel durchdrangen unzählige Menschen. Das jüngste Opfer (Saffie Rose Roussos) wurde gerade einmal 8 Jahre alt. Teenager sowie drei 14-jährige und zwei 15-jährige und Eltern, die auf ihre Kinder im Foyer warteten mussten sterben.

Nach behördlichen Angaben berief sich die Zahl der Verletzten auf 1017 Personen. Viele von ihnen mussten in den Krankenhäusern Manchester’s behandelt werden. Bis heute leiden die Betroffenen unter dem Anschlag. Körperlich wie im Rollstuhl sitzend oder durch Lähmungen an den Einschlagswunden wegen getrennten Nerven als wie auch psychisch.

Die Konzertbesucher berichten von einem tiefsitzenden Traumata, von einem verlorenen Sicherheitsgefühl und schlaflosen Nächten.

Original Videos auf YouTube lassen einen sprachlos zurück:

Eine Besucherin filmt mit ihrem Handy auf einem Sitzplatz in einer der vordersten Sitzreihe der Arena: Die hellen Lichter sind an. Es läuft eine leise Hintergrundmusik. Viele Menschen machen sich auf den Weg zu den Ausgängen. Plötzlich hört man einen lauten Knall. Die Filmerin des Videos ruft: „Oh my god! What’s going on? What just happened? What the f*** is going on?“

Man hört viele Schreie. Sehr viele Schreie.

Es bricht Panik aus. Alle drängen zu den Ausgängen. Mädchen stürzen sich über Geländer um aus der Arena zu kommen. Einige fallen zu Boden und werden überrannt.

Das Video bricht ab.

In einem anderen Video sieht man die fast leere Halle, überwiegend junge Teenager rennen zu den Ausgängen und ein Arenasprecher verkündet mit zittriger Stimme: „There’s no problem’s here. Just take your time and keep exiting the building. There’s no need to pitch up and run. Take your time. There’s no problems here“

Der Anschlag hätte zweifelsohne verhindert werden können.

Nachbarn berichten nach dem Anschlag, dass sich der 22-jährige Salman Abedi, Sohn libyscher Flüchtlinge, schon vor längerer Zeit verändert habe. Er ließ sich einen Bart wachsen, trug eine bodenlange Djellaba (Kapuzenmantel mit langen Ärmeln) und sang auf offener Straße lautstark islamische Gesänge. Eine Anwohnerin in Fallowfield, Abedis Stadtviertel, will sogar eine schwarze Flagge mit arabischer Schrift am Haus der Abedis gesehen haben. Aber man habe sich nicht viel dabei gedacht.

Mindestens fünf Mal sollen Leute aus dem Umfeld von Abedi die Behörden gewarnt haben, dass der junge Mann kranken Ideologien anhing und diese möglicherweise in die Tat umzusetzen plante: Als Selbstmordattentäter in den Tod zu gehen, sei „okay“, hatte er Bekannten gegenüber geäußert. Das berichten übereinstimmend britische Medien. Glaubensbrüder in Abedis Moschee, der Didsbury Mosque in Manchester, gingen gleich den offiziellen Weg und warnten Mitarbeiter von „Prevent“ schon 2015: Abedi verhalte sich auffällig. „Prevent“, ein Programm des Innenministeriums, soll gegen jedwede Radikalisierung vorbeugen.

Nichts passierte, selbst nachdem laut „Times“ ein Angehöriger den Inlandsgeheimdienst MI5 kontaktiert und vor Abedi gewarnt hatte. Jenen MI5, an dessen politischer Spitze zu jenem Zeitpunkt eine Innenministerin namens Theresa May stand.

Untätigkeiten und Versäumnisse, der britischen Geheimdienste, die unentschuldbar sind.

Die Ermittler führten die gesammelten Erkenntnisse nach dem Anschlag zur Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Es soll sogar Verbindungen zu einem libyschen Zirkel der Terrorfinanzierung in Deutschland (Leipzig) geben. Mehrere Festnahmen von Hintermännern wurden in verschiedenen Ländern durchgeführt.

Drei Wochen nach dem Anschlag, ist der Bruder des Attentäters, Hachem Abedi  in seiner libyschen Heimat festgenommen worden. Er räumte laut libyscher Polizei ein, von den Anschlagsplänen seines Bruders gewusst zu haben. Zudem hatte er geholfen die Bombe zu bauen. Am 20. August 2020 wurde Hachem Abedi von einem britischen Gericht als „gleichermaßen für die durch die Explosion verursachten Todesfälle und Verletzungen verantwortlich“ befunden. Dem Richter nach war Hachem Abedi ein wesentlicher Bestandteil der Planung bei dem Terroranschlag. Er hat zudem bei der Bestellung von Chemikalien und der Organisation des Transports der Materialien für die Sprengladung eine Schlüsselrolle eingenommen. Er soll wie Salman Abedi Mitglied der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat sein. Wegen Terror Unterstützung wurde er zu lebenslänglich mit einer Mindestinhaftierung von 55 Jahren verurteilt.

Ariana Grande selbst, meldete sich wenige Stunden nach dem Anschlag um 3:51 Uhr mit einem kurzen Tweet zu Wort in dem es hieß:

„broken. from the bottom of my heart, i am so so sorry. i don’t have words“

Ihre Konzerte sollten ein Safespace sein. Ein Ort, an dem man alle Sorgen vergessen und sich fallen lassen kann. Sich in eine Musikwelt träumt, das Leben genießt. Grande machte sich im Nachhinein schwere Vorwürfe. Die Sicherheitsvorkehrungen in der Arena waren nicht ausreichend.

Sie unterbrach ihre Tour bis einschließlich 5. Juni 2017. Trotz ihrem psychisch extrem labilen Zustand kündigte sie am 26. Mai 2017 ein Benefizkonzert mit dem Namen “One Love Manchester“ für die Opfer des Anschlags an, welches am 4. Juni 2017 stattfand. Über 50.000 Menschen waren bei dem Open Air Konzert vor Ort und hörten zu. Zahlreiche namhafte Sänger wie Liam Gallagher von Oasis, Justin Bieber, Miley Cyrus, Coldplay, Katy Perry und viele viele mehr haben auf dem Konzert gesungen. Grande sang ebenfalls einige ihrer Lieder wobei sie immer wieder mit den Tränen kämpfen musste. In einem Duett des Liedes „Better Days“ singt Grande mit Victoria Monet diese Strophe: „So how we gonna stop violence, stop the hurting, stop the hatred, stop the murders? We’re are all humans that’s for certain. Come together we deserve it. What kind of a life will the babys have, if we don’t change up and make it last, it starts right here, it starts right now with love and hope on … hoping for better days…“

Für den We Love Manchester Emergency Fund kamen insgesamt mehr als 23 Millionen US-Dollar (ca. 19,78 Millionen Euro) zusammen.

Nach dem Ende der Dangerous Woman Tour im September 2017 wurde es ruhig um Grande. Erst im April 2018 kam sie mit einem Comeback Song namens „No Tears Left To Cry“ zurück. In einem späteren Interview gab sie allerdings zu, dass diese Aussage eine Lüge war. Zudem brachte sie in diesem Gespräch zum Ausdruck, dass sie dachte, sie könne niemals wieder diese Songs singen geschweige denn die Bühnenoutfits anziehen. Eine Welt war zusammengebrochen.

Direkt nach dem Anschlag flog sie zurück in ihre Heimat Florida und war psychisch an einem sehr dunklen Ort. Sie kämpfte mit Angstzuständen, Depressionsepisoden und begab sich in Therapie. Es hatte ihr zutiefst geholfen wie ihre Fans und die Stadt Manchester mit diesem Anschlag umgangen sind. Der Zusammenhalt und die Stärke waren und sind immer noch unbeschreiblich. Im Endeffekt war ihr klar geworden, dass man mit ihrer Musik das Leben der Verstorbenen feiern sollte, denn sie hätten es so gewollt. Man darf nicht den Hass, die Gewalt oder irgendeine Art der Dunkelheit über sich kommen lassen.

Der Anschlag war nicht Grandes einziger Schicksalsschlag: Im September 2018 starb ihr damaliger Ex-Freund an einer Drogen Überdosis. Die Kraft, die sie weiterhin hat und ihre Stärke, die sie heute verkörpert macht sie zu einem Vorbild für die vielen Fans weltweit.

Meine Schwester und ich hatten Tickets für das Konzert in Zürich, welches am 05.06.2017 stattfinden sollte. Allerdings gehörte es zu den Konzerten, die abgesagt wurden. Deshalb hat mich der Anschlag auch so betroffen gemacht. Nicht weil der Auftritt in Zürich abgesagt wurde sondern es war viel mehr der Fakt, dass es uns genauso treffen hätte können. Mir wurde eine Unberechenbarkeit, die Unfassbarkeit dieses Anschlags vor Augen geführt.

Seit dem 22.05.2017 wurde mir klar, dass der islamistische Terror vor keinem Halt macht. Nicht einmal vor den verwundbarsten, unschuldigsten Menschen. Auf dem Konzert waren überwiegend junge Menschen, Teenager und Eltern mit ihren Kindern. Das wusste der Täter. Umso barbarischer ist dieser widerwärtige Anschlag. Die Tode hinterlassen eine unfassbare Sinnlosigkeit und Leere. Ein Angriff auf unsere westliche, freiheitliche Welt, die von radikalen Islamisten konsequent abgelehnt wird. Salman Abedi äußerte sich kurz vor dem Anschlag zu einem Verwandten, dass er aus Rache handele für den Tod eines Freundes muslimischen Glaubens und generell meinte er, dass die Briten ungerecht zu Arabern seien.

Zu der Tat bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Ein „Kalifatssoldat“ habe es geschafft, „Sprengsätze mitten in die Versammlung von Kreuzfahrern“ in einem „schamlosen Konzertsaal“ anzubringen und zu zünden, erklärte das IS-Sprachrohr Amaq. Der Anschlag war der schwerste in Großbritannien und das erste Selbstmordattentat seit den Terroranschlägen am 7. Juli 2005 in London.

Seit diesem Tag, seit dem 22.05.2017 konnte mir keiner mehr erzählen, dass der IS nichts mit dem Islam zu tun hätte. Seit diesem Tag, konnte mir keiner mehr erzählen, dass der Islam nichts mit dem Islam zu tun hätte. Der Islam soll eine Religion des Friedens sein? Eine Religion, die keine allumfassende Reformation in ihren Schriften und Lehren erfahren hat, eine Religion, die solch ein Radikalisierungspotential in sich birgt, gehört nicht auf diese Welt.

Zu dieser Erkenntnis braucht es nicht viel an Verstand.


Bildquelle: Kevin Mazur/Getty - One Love Manchester

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