Ein Schweizer Fernsehsender bringt derzeit eine Doku-Serie über den Zoo in Chester. Die Sendung zeigt sehr detailliert die Arbeit dort, wie mit grosser Liebe und Sorge den Tieren nachgegangen wird, und auch Aufgaben zu Artenerhalt und Forschung erfüllt werden. Zoos heutzutage sind sehr anders als im 20. Jahrhundert. Man wollte diese Idee der Tier-Ausstellung zur Unterhaltung der Besucher überwinden, und stattdessen den Tieren ein angemessenes Habitat gewähren, und diese Orte dann eben zum Erhalt gefährdeter Arten und zur Forschung über die Tierwelt nutzen, zugleich wie damit die Bevölkerung über die Tierwelt informiert und gebildet wird.

Schlussendlich sind es aber Tiere in Käfigen zur Unterhaltung der Besucher.

Es ist ein Aufprall von Werten der hier stattfindet, dass man einerseits das Wohl der Tiere werten will, trotzdem aber diese Institution der Zoos als eine Ausstellung von Tieren behält. Egal wie viele Felsen und Bäume und Wasserlöcher man in das weitläufige Gehege stellt, es bleibt ein Gehege welches einen Bruchteil der Grösse eines natürlichen Reviers der Tiere darstellt. Kein Tier das in einem Zoo lebt ist wirklich in seinem idealen Lebensraum, denn dieser ist für wilde Tiere nicht ein Gehege, sondern die Freiheit.

Die Leute die in so einem Zoo arbeiten haben merkbar eine grosse Leidenschaft für Tiere, und würden niemals die Absicht hegen, den Tieren bewusst etwas schlechtes zu tun. Folglich ist das ganze Konzept des Zoos so gewandelt, dass sie mit ruhigem Gewissen denken können, was sie tun sei Positiv, leiste einen Beitrag zum Naturschutz, was es sicherlich auch tut. Aber es ändert auch nicht die Tatsache, dass der Mensch dort Gott spielt, sich eine kleine Welt zusammenbastelt, sie mit Tieren besiedelt, auf jedes Detail achtet, und schlussendlich diesen Tieren das Leben in ihrem natürlichen Umfeld nicht zulässt.

In dieser postmodernen Welt kommt es wieder und wieder vor, dass vorgegebene Werte mit ihrer Antithese konfrontiert werden, und die Synthese hieraus lediglich das Umgehen des ursprünglichen Wertes ist, so lange dies dialektisch begründet werden kann; salopp gesagt: mentale Gymnastik. Wir kennen es alle in unserem aller Lieblingssteckenpferd: Grosse Pazifisten die nun mehr Waffen und mehr Krieg wollen, alles im Namen des Friedens; grosse Kritiker des Nationalismus („Grenzen sind nur imaginäre Linien“ usw.) die sich mit blaugelben Fahnen bedecken. Dies ist aber natürlich nicht darauf zu begrenzen, sondern ist in vielen Phänomenen zu finden: Die ETH macht einen Rassismus-Workshop, bei welchen bewusst nach Rassen getrennt wird; Die sozialen Medien Zensieren systematisch im Namen des freien Meinungsaustausches; und jüngst freie Wahlen die eine Gefahr für die Demokratie darstellen.

Werte sind etwas nobles, das von Ehre und Charakterstärke zeugt, aber Werte sind nicht etwas, das man sich ohne weiteres aneignet und somit zum besseren Menschen wird, als sei es eine „Gutmensch-Impfung“, die man kurzerhand injiziert bekommt und sofort etwas Besseres ist. Werte erfordern immerzu Anstrengung um erhalten zu werden, und lassen keine Abkürzungen zu. Aber es ist nicht eine physische Anstrengung, die notwendig ist, sondern eine Geistige, denn man muss sich gegen die vielen Einflüsse stellen, welche wider dem Wert sind. Lässt man sich einfach von jeder Mode mitreissen, so wird man zum sprichwörtlichen „Fähnchen im Winde“.

Der Selbstbetrug bei den Werten ist sicherlich so alt wie das Konzept eines Wertes selbst, doch das zunehmends übermässige Studieren und Analysieren ergibt so viele verschiedene, spezifisch ausgerichtete Betrachtungen, dass es einfacher denn je ist, sich um der eigenen Werte zu betrügen. Hinzu kommt dabei die schnelle Kadenz der Gegenwart, wo alles schnell und unmittelbar sein muss, und kaum jemand die Zeit finden will, sich mit einem komplexen Sachverhalt auseinanderzusetzen, wenn es die Möglichkeit gibt, dem ersten Bauchgefühl zu folgen, und anschliessen die Wertvorstellung zu betrügen.

In der Postmoderne kommt hierdurch der zeitgeistliche Leitfaden auf die Emotionalität zurück, denn in der Praxis bedeutet dieses Phänomen die Abwesenheit einer Geistigen oder Ideellen Orientierung, und dies führt zu einer Regression auf die ursprünglichsten der Beweggründe: Denen, die dem Menschen unterbewusst innewohnen: Triebe, Instinkte und Emotionen.