Als Fortführung meines Artikels von letzter Woche möchte ich mich nun einmal ein bisschen mit den „Argumenten“ auseinandersetzen, die immer wieder gern vorgebracht werden, wenn es darum geht, sich gegen Klimaschutz auszusprechen. „Argumente“ deshalb in Anführungszeichen, weil, wie ich zeigen werde, diese Aussagen keine Substanz haben, oft auf Unwahrheiten basieren oder zumindest eine sehr einseitige Sicht der Dinge unter Aussparung wichtiger Aspekte darstellen. Vielfach handelt es sich dabei auch um PR der Unternehmen, die nach wie vor viel Profite mit der Zerstörung unseres Klimas und damit auch unserer Biosphäre machen, indem sie fossile Energieträger verfeuern, und die dann nur allzu gern von rechten und konservativen Politikern und Medien weitergetragen werden.

Eine Sache vorweg, die ich ja auch schon letzte Woche angesprochen habe: Die Diskussion mit der „Wir wollen keinen Klimaschutz“-Fraktion ist in der der Regel nicht fruchtbar, denn man kann diese Leute meistens überhaupt nicht erreichen. Das liegt vor allem daran, dass sie eine Diskussion nicht als Austausch von Ansichten sehen, die man dann abwägt, je nachdem, wie gut sie begründet sind, um so unter Umständen seine eigene Position auszudifferenzieren oder vielleicht sogar zu revidieren (was eigentlich die Grundlage jedes zivilisierten Meinungsaustauschs sein sollte). Man hat es vielmehr so gut wie immer mit einer feststehenden Position („Ich will keinen Klimaschutz!“) zu tun, die mit Klauen und Zähnen verteidigt wird und von der mit Sicherheit auch nicht abgerückt wird. Das Problem dabei: Quellen und Belege, die man selbst zur Untermauerung der eigenen Aussagen angibt, werden entweder ignoriert oder pauschalisierend angezweifelt, wohingegen selbst keine manierlichen Belege geliefert werden. Und wenn, dann sind das oft solche Absurditäten, wie es mir gerade vor ein paar Tagen  unterkam – ein Artikel aus der WELT von 2003.

Nicht nur, dass Springer nun nicht unbedingt für seine Wissenschaftlichkeit besonders bekannt ist und sich seit 2003 eben auch einiges getan hat in puncto Klimawandel, und zwar sowohl von dessen Auswirkungen als auch vom Forschungsstand her. Darüber hinaus lässt sich der Protagonist dieses Artikel, in welchem die schon oft widerlegte These, Grönland sei im Mittelalter noch überwiegend grün gewesen, verbreitet wird, auch direkt mit der Erdölindustrie in Verbindung bringen. Dazu muss man nur mal den Wikipedia-Artikel zu Willie Soon, der für die von der WELT geschilderte Studie verantwortlich zeigt, aufrufen, denn dort findet sich dann Folgendes unter der Überschrift „Sponsoring durch Energiekonzerne“:

2011 veröffentlichte die Umweltschutzorganisation Greenpeace die Ergebnisse einer Untersuchung, der zufolge Soon über einen Zeitraum von 10 Jahren über 1 Million US-Dollar aus Industrie- und Lobbykreisen erhalten hat. Unter Soons Geldgebern waren demnach u. a. der Ölkonzern ExxonMobil, der Energiekonzern Southern Co., die Lobbygruppe American Petroleum Institute sowie eine Stiftung von Charles Koch. Soon gab den Erhalt der Zahlungen zu, bestritt aber, dadurch beeinflusst worden zu sein. Intern bezeichnete er seine Leistungen, die neben den Auftragsstudien auch öffentliche Auftritte umfassten, als gegenüber Bezahlung „lieferbare Ergebnisse“.
Nach 2015 veröffentlichten Dokumenten erhielt er ca. 1,25 Mio. US-Dollar, womit seine Forschungen fast ausschließlich durch Unternehmen der Fossil-Energiebranche finanziert wurden. Zudem soll er den Interessenkonflikt in wissenschaftlichen Papern nicht öffentlich gemacht haben. 2005 erhielt er ca. 410.000 Dollar von dem Kohlekonzern Southern Co. und verpflichtete sich im Gegenzug, Forschungen zu dem Einfluss der Sonne auf den Klimawandel zu publizieren. Daraufhin leiteten verschiedene Fachzeitschriften sowie das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics Untersuchungen wegen der Nichtoffenlegung seiner Finanzierung sowie eines nicht benannten Interessenkonfliktes ein. Die New York Times schreibt, dass Soon bei mindestens 11 Papern auf die Offenlegung seiner Gelder verzichtet und bei mindestens 8 Papern gegen die Ethikrichtlinien der Journale verstoßen habe, in denen er publiziert hat. Im Rahmen der Insolvenz des größten Bergbauunternehmens der Welt, Peabody Energy, kam im Jahr 2016 ans Licht, dass er auch von dieser Firma Geld für seine klimaskeptischen Aktivitäten erhalten hat.Die Enthüllungen hierüber sorgten für eine Einbruch seiner wissenschaftlichen Karriere, hingegen sät er weiterhin Zweifel an der globalen Erwärmung und koordiniert hierfür Aktionen und Personen. 2018 musste er zudem nach einem Gerichtsprozess mehrere seiner Geldgeber offenlegen; dies waren die ExxonMobil Foundation, die Charles G. Koch Foundation und das Kohleunternehmen Southern Company.
Neben der direkten Finanzierung durch Energiekonzerne wurden Soon zudem Verbindungen zu mindestens fünf von ExxonMobil finanzierten Organisationen nachgewiesen. So wurde er unter anderem als „featured expert“ beim Fraser Institute gelistet, als „senior scientist“ beim George C. Marshall Institute und als „writer/contributor“ beim Heartland Institute.

Wow – offensichtlicher geht es ja wohl kaum, dass es sich dabei nicht um unabhängige Forschung handelt, sondern um PR im Auftrag von Konzernen, die ein Interesse daran haben, dass möglichst viele Menschen nicht glauben, dass es den Klimawandel gibt oder dass er menschgemacht ist.

Und dennoch wird so ein Unfug nach wie vor verbreitet. Woran man sieht, dass es denjenigen, auch wenn sie das immer wieder behaupten, offensichtlich nicht darum geht, unseriöse Quellen auszufiltern oder nach „der Wahrheit“ zu suchen, sondern irgendwas zu finden, was die eigene Weltsicht bestätigt und einen selbst aus der Verantwortung nimmt, irgendwas ändern zu müssen.

Dennoch ist es wichtig, solchen Leuten zu widersprechen, denn auch wenn man sie nicht erreichen kann, so gibt es doch immer auch mitlesende und -hörende Dritte, die sonst vielleicht diesen oft mit reichliche Selbstbewusstsein vorgetragenen Mumpitz glauben.

Doch nun zu den „Argumenten“:

„Das hat es schon immer gegeben!“

Klimawandel sei etwas vollkommen Natürliches, was es im Laufe der Erdgeschichte schon immer gegeben hätte. Klar, an die Eiszeiten kann sich jeder von uns noch aus dem Schulunterricht erinnern, es gibt allerdings einen riesengroßen Unterschied zum aktuellen Klimawandel: das Tempo.

Seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts steigt die globale Erwärmung nämlich derart rapide an, wie es zuvor noch nie der Fall gewesen ist. Was man beispielsweise an einer schönen Grafik auf der Website xkcd sehen kann – ist zwar auf Englisch, aber sollte jedem auch so einleuchten. Oder, etwas wissenschaftlicher, anhand eines Artikel des Klimaforschers Stefan Rahmstorf auf Spektrum.de SciLogs.

Und dieses Tempo führt dann nämlich auch dazu, dass sich nichts und niemand an den Klimawandel anpassen kann, so wie das bei vorherigen Schwankungen der globalen Temperatur stets der Fall war.

Ach ja: Größere klimatische Veränderungen trafen bisher auch im Laufe der Erdgeschichte nicht auf eine menschliche Zivilisation, die aufgrund ihres Siedlungsverhaltens, gerade auch in Gewässernähe, nicht so mobil ist, dann einfach weiterzuziehen. Könnte ja gerade bei dem Tempo des aktuellen Klimawandels doch schon etwas problematisch sein, oder?

„Deutschland allein kann das nicht ändern!“

Und zudem solle man erst mal dafür sorgen, dass China und die USA mehr Klimaschutz betreiben!

Also zunächst mal: Niemand sagt, dass Deutschland allein die Welt vor der Klimakatastrophe retten soll, sondern lediglich seinen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen resultierenden Verpflichtungen nachzukommen hat (wie das bei solchen internationalen Verträgen nun mal üblich ist). Das wird auch in einem sehr lesenswerten Artikel von der Graslutscher ausgeführt.

Was dort zudem noch zur Sprache kommt: Es ist nicht so, dass andere Länder gar nichts machen, auch in China geschieht viel, um die erneuerbaren Energien auszubauen. Und wieder andere Ländern sind in puncto Klimaschutz schon deutlich weiter als Deutschland.

Klar, Deutschland ist ein relativ kleines Land und stellt nur etwas ein Prozent der Weltbevölkerung. Aber: Immerhin ist Deutschland Mitglied der G7, also der sieben wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt, und zudem auch die stärkste Volkswirtschaft in der EU – und damit in einem der größten Wirtschaftsräume auf diesem Planeten. Da nun tiefzustapeln und Deutschland jede Einflussmöglichkeit abzusprechen, halte ich für reichlich absurd.

Was dazukommt: die historische Klimaschuld. Auch wenn China zurzeit mehr CO2 als alle anderen Länder ausstößt (was bei der Anzahl der dort lebenden Menschen irgendwie auch kein Wunder ist), so sollte man das Ganze ja vielleicht mal über einen längeren Zeitraum hinweg betrachten, denn schließlich ist der Klimawandel ja nicht erst seit ein paar Jahren plötzlich vom Himmel gefallen. Und da hat Oxfammal eine interessante Weltkarte erstellt (hab ich bei Klimaretter.info gefunden), auf der die Länder so groß abgebildet werden, dass es ihrem CO2-Ausstoß seit 1900 entspricht.

Hoppla …

Und auch wenn man sich dann noch anschaut, wie denn nach wie vor der individuelle Lebensstil in den verschiedenen Ländern ist, dass also beispielsweise in Deutschland 573,03 Pkw auf 1000 Einwohner kommen, in China hingegen 12,22 (s. hier), dann wird noch mal mehr deutlich, dass es keinesfalls angebracht ist, ständig mit dem Finger nach Ostasien zu zeigen, sondern erst mal mit dem Kehren vor der eigenen Tür anzufangen.

Ach ja: Und nur auf die Politik unseres eigenen Landes haben wir ja schließlich auch über Wahlen einen Einfluss. Denn spätestens, wenn diejenigen, die fordern, dass erst mal China was ändern sollte, gefragt werden, wie man das denn als Deutscher so bewerkstelligen sollte, dass das ZK in China einem zuhört, dann geraten die doch meistens reichlich ins Schwimmen.

„Das ist ja alles nur zum Geldverdienen für die Klimaschutzindustrie!“

So absurd dieses Argument ist, so läuft es mir doch immer wieder über den Weg. Klar wird mit Wind- und Solarenergie auch Geld verdient, aber das ist alles doch nur ein Bruchteil dessen was die fossilen Energiekonzerne seit Jahrzehnten an Profiten gemacht haben und immer noch machen – und so lange ist es ja schon bekannt, dass deren Geschäftsmodell das Weltklima schädigt. Das sind ja schließlich keine Wohltätigkeitsorganisationen.

Wenn man sich mal anschaut, welche Firmen denn so die umsatzstärksten überhaupt sind, dann springt einem gleich eines ins Auge: Unter den Top Ten finden sich sechs Konzerne, die ihr Geld mit Öl und Gas machen (s. hier). Da können Unternehmen aus dem Erneuerbare-Energien-Sektor wohl nicht so ganz mithalten, oder? Zumindest kann ich in der verlinkten 100er-Liste kein einziges solcher Unternehmen finden – dafür noch zwölf weitere aus der Öl-und-Gas-Branche.

Ganz Pfiffige führen dann auch gern mal an, dass schließlich auch die Wissenschaftler, die zum Klimawandel forschen und davor warnen, davon leben würden und insofern ein Interesse daran hätten, den angeblichen Irrglauben an einen drohende Klimakatastrophe aufrechtzuerhalten. Die seien also alle quasi nur ihren eigenen finanziellen Interessen verpflichtet.

Auch hier lohnt sich ein Blick auf ExxonMobil und Co. Nicht nur, dass die schon vor über 40 Jahren bestens Bescheid wussten über die schädlichen Folgen ihres Geschäftsmodells (s. hier), es wurde danach auch alles getan, um diese Erkenntnisse nicht nur geheim zu halten, sondern auch mit gekaufter Wissenschaft das Gegenteil zu behaupten. Das ist mittlerweile hinreichend belegt, und das nicht nur bei dem oben bereits genannten Willie Soon: „Konzerngeld für Klimawandelleugner“ beispielsweise und „Die Klimakrieger: Wie von der Industrie bezahlte PR-Manager der Welt seit Jahren einreden, die Erderwärmung finde nicht statt“, wo mit Marc Morano sogar einer der Protagonisten ganz freimütig erläutert, wie da vorgegangen wird. Und auch Bill McKibben weiß in einem zweiteiligen Artikel in den Blättern für deutsche und internationale Politik (Teil 1 und Teil 2) einiges über die Täuschungsmanöver der Ölkonzerne zu berichten.

Wenn also irgendwo Wissenschaft bezahlt wird, um Fehlinformationen zu verbreiten, dann vonseiten derjenigen, die den Klimawandel abstreiten – nicht umgekehrt!

„Grönland war im Mittelalter noch eine grüne Insel!“

Da ja gerade das Abschmelzen der grönländischen Gletscher als ein Alarmsignal der Klimakatastrophe gesehen wird, kommt immer wieder jemand mit der Aussage um die Ecke, dass Grönland im Mittelalter angeblich eine grüne Insel gewesen sei – daher ja auch der Name: Grönland kommt von Grünland.

Auch hier fallen die selbst ernannten Oberchecker mal wieder kräftig auf PR rein, und zwar auf solche, die schon um die 1000 Jahre alt sein dürfte. Als nämlich Erik der Rote von Island aus Grönland besiedeln wollte, nannte er das damals auch schon überwiegend von einem dicken Eispanzer bedeckte Land so, um andere Siedler anzulocken (s. hier). Klar, „Grünland“ klingt ja auch besser als „Kalt-und-karg-Land“ …

Dass es aber auch gekaufte Wissenschaftler wie den oben schon genannten Willie Soon gibt, die diese Mär weiterverbreiten, macht es für viele dann glaubwürdig – obwohl ein bisschen Recherche im Internet das Ganze schnell als Mumpitz entlarvt. Aber dazu braucht man eben auch zumindest einen Funken Medienkompetenz – etwas, was bei rechthaberischen Klimawandelleugnern nicht besonders stark ausgeprägt ist.

„Unwetter sind etwas ganz Normales!“

Natürlich gab es Unwetter und Hitze-/Dürreperioden schon immer. Aber eben nicht in der Anzahl und Heftigkeit, wie wir das mittlerweile erleben. Allein schon, was in diesem Jahr so alles los ist: Flutkatastrophe in Deutschland, Belgien und Österreich, Waldbrände in den USA, Kanada, Südeuropa und Jakutien – das alles gerade mal in den letzten Wochen.

Und auch wenn man den Blick von einzelnen Wetterereignissen löst und aufs große Ganze, sprich Globale, schaut, wird klar, dass sich da ganz schön was verändert hat. Die wärmsten sieben Jahre seit Beginn der Klimaaufzeichnungen 1880 sind nämlich – die letzten sieben Jahre (s. hier)! Da kann man wohl kaum noch von einem Ausreißer sprechen, sondern das ist ein knallharter Trend.

Zudem ja auch immer wichtig ist zu betrachten, warum es denn zurzeit vermehrt zu solchen Wetterextremen kommt. Klima ist nämlich was anderes als Wetter, vielmehr ist Wetter der Ausdruck von Klima. Der Jetstream beispielsweise ist ein Klimaphänomen: Kalte arktische Luftmassen treffen auf warme vom Äquator, woraus sich dieser Luftstrom bildet, der sich dann aufgrund der Erdrotation von West nach Ost ausrichtet. Nun ist es leider in der Arktis deutlich wärmer geworden aufgrund des Klimawandels, was dann auch den Jetstream abschwächt (s. hier) – mit der Folge, dass Hoch- und Tiefdruckgebiete, die bisher von dieser Luftströmung bewegt wurden, eher in konstanter Lage bleiben. Was dann zu Dürreperioden bei Hochdruckgebieten bzw. Dauerregen bei Tiefdruckgebieten führt.

Und das ist dann nämlich nicht einfach nur „mal schlechtes Wetter“ …

„Dann geht es zurück in die Steinzeit!“

Menschen, die sich nur über ihren Konsum definieren und alles andere als Steinzeit ansehen, können einem eigentlich nur sehr leidtun. Und dann projizieren sie ihre Haltung auch noch auf alle anderen. Als wenn es keine weiteren zivilisatorischen Eigenschaften gäbe als nur Konsum, mehr Konsum und noch mehr Konsum. Und natürlich dicke Autos.

Auch dieses „Argument“ ist offensichtlich so doof, dass man es eigentlich schlichtweg übergehen sollte, aber dennoch wird es immer wieder vorgebracht: Klimaschutz, der Dinge verändern will und eben auch, so er wirksam sein möchte, vom Wachstumsdogma abrücken muss, bedeutet, dass es wieder zurück in die Steinzeit ginge.

Ulkigerweise kommt das vor allem von Leuten, die sonst nicht eben was gegen reaktionäre Ansichten haben und bei vielen Dingen die Uhr gern ein bisschen zurückdrehen wollen. Beispielsweise beim Feminismus. Oder bei der Multikulturalität. Oder … eigentlich bei allem, was nicht ihren eigenen Konsum einschränkt. Und damit bewegen die sich deutlich mehr in Richtung Steinzeit als diejenigen, die SUVs und Inlandflüge überflüssig finden und ein neues Verkehrskonzept mit weniger motorisiertem Individualverkehr fordern.

Mal davon abgesehen, dass ein Freiheitskonzept, dass die Freiheit aller über die Freiheit ausschließlich der Privateigentümer stellt (wie es zurzeit der Fall ist; s. hier), schon etwas sehr Fortschirttliches ist – wohingegen das Recht des Stärkeren, dass bei der Anti-Klimaschutz-Fraktion immer mitschwingt (denn andere haben gefälligst auf ihrem niedrigeren Lebensstandardlevel zu bleiben, damit es mir weiterhin gut geht), dann doch schon eher etwas ist, was ich als steinzeitlich bezeichnen würde.

Und da schwingt dann natürlich auch immer der Mythos von den Grünen als Verbotspartei mit, denn die werden nach wie vor von den meisten als Partei, die für Klimaschutz steht, angesehen (obwohl das in der Praxis gar nicht mehr so der Fall ist – s. hier). Und das führt dann gleich zum nächsten „Argument“:

„Die Grünen wollen alles nur teurer machen, das kann sich keiner leisten!“

Spätestens seit der Flutkatastrophe im Ahrtal und den immensen Schäden sollte eigentlich klar sein: Was wir jetzt nicht an Geld für Klimaschutz ausgeben, müssen wir später in viel größerem Maße zur Beseitigung der Schäden ausgeben. Und genau das wird uns auch schon seit Längerem von Klimaforschern so gesagt (s. beispielsweise hier). Insofern wäre es sinnvoll, die Sachen, die klimaschädlich sind und dementsprechend zukünftige Schäden verursachen werden, auch schon mal entsprechend zu verteuern, um die Schadenbehebung da bereits heute einzupreisen. Alles andere wäre nur ein Verschieben der Kosten hin zu künftige Generationen – nicht gerade die feine Art, oder?

Was bei dieser Aussage zudem irgendwie nie berücksichtigt wird: Die Politik der CDU-geführten Bundesregierung der letzten Jahre hat wesentliche Mehrausgaben für viele Menschen zur Folge gehabt. Beispielsweise bei den explodierenden Mieten und massiv angestiegenen Strompreisen. Letztere sind übrigens nicht wegen der EEG-Umlage so durch die Decke gegangen, sondern vor allem aufgrund der Privatisierung der Energieversorgung sowie wegen der ganzen energieintensiven Unternehmen, die in den letzten Jahren von der EEG-Umlage befreit wurden – das müssen dann nämlich alles die Privathaushalte mitbezahlen.

Und diese Politik dient nun nicht dazu, dass es allen besser geht oder (wie im Fall vom Klimaschutz) zumindest zu erwartende Schäden präventiv abgemildert werden, sondern ausschließlich dem Ziel, was die CDU immer verfolgt: Reiche noch reicher machen.

Aber dafür scheinen viele dann doch allzu gern ihr Geld auszugeben. Zumindest wenn sie via BILD und anderen Medien, die nämlich genau den Reichen gehören, die von der CDU noch reicher gemacht werden, entsprechend oft hören, dass man sich Klimaschutz nicht leisten kann, obszönes Vermögenswachstum jedoch nie thematisiert wird. Womit wir wieder beim Thema Indoktrination wären …

„Neue Technik wird’s schon richten!“

CO2-Einlagerung, Wasserstoffmotoren, E-Mobilität und was es da sonst noch so alles an technischen Verheißungen gibt: Viele Menschen sind offensichtlich der Ansicht, dass wir einfach so weitermachen können wie bisher, da es schon irgendeine technische Lösung geben wird, die uns den Klimawandel vom Hals schafft.

Tja, das ist nur leider nicht der Fall, auch wenn es so schön bequem wäre. Das Problem dabei: Die Entwicklung solcher Technologien kostet viel Zeit, die wir nicht haben, und meistens auch viele Ressourcen, die wir ebenfalls nicht noch zusätzlich verbraten sollten. Zumal das Ganze ja auch noch in unserem bisherigen kapitalistischen Wirtschaftssystem funktionieren soll, und das ist nun mal auf stetiges Wachstum angewiesen. Auf diesen Widerspruch weist ausführlich Birgit Mahnkopf in einem Artikel in den Blättern für deutsche und internationale Politik hin.

Und so stellen sich bei genauerer Betrachtung die technischen Wunder, die uns alle retten sollen, oft genug als reines Greenwahing da. Was noch hinzukommt: der Rebound-Effekt, der positive Auswirkungen in der Regel zunichte macht. Also beispielsweise energieeffizientere Motoren in Autos, die dann allerdings haufenweise technischen Schnickschnack haben und ihre zweieinhalb Tonnen mit 400 PS durch die Gegend juckeln. Oder LEDs zur Beleuchtung, die dann allerdings nicht mehr ausgemacht wird, weil sie ja so sparsam ist. Nur mal sehr verkürzt dargestellt.

In diesem Jahrtausend ist ja nun auch die Digitalisierung sehr stark vorangeschritten, von der sich viele Menschen eine technische Lösung des Klimawandeldilemmas versprechen. Nun ist nur leider nicht zu beobachten gewesen, dass auf diese Weise irgendwie der Klimawandel abgebremst wurde, sondern das Gegenteil ist der Fall, der hat sich noch verstärkt. Spätestens da sollte klar sein, dass technische Entwicklungen zwar dazu beitragen können, die Klimakatastrophe noch etwas abzumildern, jedoch nicht etwas in der Art eines Deus ex machina sein werden, der uns alle einfach so, möglichst ohne eigenes Dazutun, retten wird.

„Das Problem ist die Überbevölkerung in Afrika und Asien!“

Bei dieser auch immer wieder gern vorgebrachten Aussage werden Ursache und Wirkung ganz schön verdreht, um nicht zu sagen: pervertiert. Aber klar, auch hier ist es einfacher, auf die Vermehrungsfreudigkeit in anderen Ländern zu verweisen, als sich der eigenen Verantwortung zu stellen.

Natürlich haben etliche Länder in Afrika und Asien ein sehr starkes Bevölkerungswachstum, allerdings ist dies eher ein Symptom unseres globalen Wirtschaftssystems, das ja letztlich auch für den Klimawandel verantwortlich ist. Beides hat insofern die gleichen Ursachen.

Dass vor allem in ärmeren Ländern die Geburtenraten so hoch sind, liegt in erster Linie daran, dass es dort an vielem mangelt: an sozialer Absicherung, an Bildung und an stabilen materiellen Lebensverhältnissen. Dies hängt vor allem mit den neokolonialen Strukturen zusammen, die gerade in Afrika sehr dominant sind, wie Tom Burgis in einem Interview auf den NachDenkSeiten schon vor einigen Jahren erläutert hat. Wenn man Länder immer nur als günstige Ressourcenquellen sieht und dafür auch jeden fiesen Despoten unterstützt oder toleriert, der dies weiterhin gewährleistet, dann können sich keine Strukturen etablieren, die Demokratie und Wohlstand für viele bedingen.

Dieses „Argument“ ist also in vielfacher Hinsicht besonders schäbig: Es verkennt die Ursachen für die hohen Geburtenraten (die auch im eigenen Konsum von Dingen wie Kaffee, Schokolade, Obst, Fisch, Elektrogeräten usw. liegen), ignoriert dabei die oben bereits angesprochene historische Klimaschuld der Industrienationen und schustert die Verantwortung dann auch noch denen zu, die sowieso schon um einiges länger als wir in unseren Breiten unter den Folgen des Klimawandels zu leiden haben. Und das, obwohl die Menschen in Afrika nach wie vor weniger Ressourcen pro Kopf verbrauchen, als der Planet wieder regenerieren kann, und auch in einem verträglichen Maße CO2 emittieren – ganz im Gegensatz zu uns Europäern beispielsweise.

Fazit:

Allen diesen „Argumenten“ ist eines gemein: Man selbst will nichts tun, da es entweder sinnlos sei oder erst mal „die anderen“ anfangen sollten. Das ist bequem, um nicht zu sagen faul, rücksichtslos, egoistisch und verantwortungslos. Von den eigenen Annehmlichkeiten will man nicht auch nur ein kleines Stück ablassen, auch wenn das dazu führt, dass der ganze Planet kaputtgeht. Das ist eine Denke, die ich vor allem als Folge der jahrelangen neoliberalen Indoktrination sehe, die auf Entsolidarisierung sowie auf das Fixieren auf materielle/monetäre Werte abzielt.

Und diese Denkweise führt uns geradezu in den Abgrund der Klimakatastrophe. Oder um es mal etwas provokant zu sagen: Es ist keine richtig gute Idee gewesen, im Vorfeld einer sich ankündigenden existenziellen globalen Krise damit anzufangen, die Menschen dermaßen umfassender Verblödung auszusetzen, deren Folgen wir nun gerade erleben – in Form der oben aufgeführten „Argumente“ .

Wer jetzt noch nicht begriffen hat, wie destruktiv der neoliberale Kapitalismus ist, dem ist wahrlich auch nicht mehr zu helfen …

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