Oft werde ich gefragt, welche Tipps und Ideen ich aufgrund meiner beruflichen Erfahrung für eine gelungene Eingewöhnung geben kann. Im Laufe meines beruflichen Lebens habe ich viele Eingewöhnungen sowohl selbst begleitet als auch als Leitung pädagogische Fachkräfte dabei angeleitet und unterstützt.
„Gelungen“ halte ich in diesem Zusammenhang für ein schwieriges Wort. Es geht hier nicht um eine „Leistung“ oder ein Programm, das abgearbeitet werden muss. Vielmehr geht es bei der Eingewöhnung um das sanfte Kennenlernen der Kita, den Aufbau einer Beziehung zu einer (und mehreren) Bezugsperson (en) und um die ersten Trennungen von Kind und Eltern, das erste Erleben eines weiteren Sozialraumes und um viele unterschiedliche Gefühle, die bei Groß und Klein aufkommen können.
Die Eingewöhnung in der Kita ist für Eltern und Kinder ein großer Meilenstein. Oft ist es die erste wirkliche Trennung von Kind und Eltern für einen längeren Zeitraum. Als Eltern bedeutet es oft der erste Moment des ersten Loslassens, des bewussten Wahrnehmens eines wichtigen Schrittes des Kindes in Richtung Eigenständigkeit. Für die Kinder ist es ein erster Schritt in eine neue, größere Welt außerhalb des vertrauten Familiensystems.
Früher gab es die Eingewöhnung nicht im heutigen Sinne. Die Kinder wurden in die Kita gebracht, vielleicht war meist Mama noch am ersten Tag kurz mit dabei, dann hieß es tschüss bis später, viel Spaß und schönen Tag. Aus heutiger Sicht kaum mehr vorstellbar. Das Kind, bisher 24/7 im vertrauten Umfeld mit festen Bezugspersonen, wurde plötzlich in einer komplett neuen Umgebung mit neuen Personen ohne vertraute Bezugspersonen alleine gelassen. Da spielte es nur eine untergeordnete Rolle, ob die neuen Personen „nett“ waren, sie waren in erster Linie fremd. Wow. Ganz schön viel, was den Kindern damals abverlangt wurde und nicht selten hinterließ diese Erfahrung auch Bindungswunden, die bis heute teilweise nicht verheilt sind (und teilweise sogar gar nicht bekannt sind und sich in anderen Beziehungsproblemen spiegeln).
Ein Forschungsprojekt zur Eingewöhnung an der Freien Universität Berlin hat bereits in den 80er Jahren die negativen Auswirkungen der fehlenden Eingewöhnung aufgezeigt. In den ersten sieben Monaten nach Aufnahme des Kindes in der Kita ohne die Begleitung durch ihre Eltern waren diese Kinder bis zu vier mal länger krank. Zudem können nicht eingewöhnte Kinder deutlich weniger die neuen Möglichkeiten in ihrer Kita nutzen und zeigten ein stärker ausgeprägtes ängstliches Verhalten (vgl. Laewen 2006). Zusätzlich wiesen die nicht eingewöhnten Kinder einen geringeren Entwicklungsstand und häufigere Irritationen in ihren Bindungsbeziehungen auf, dieses zeigte sich besonders deutlich bei den unter Zweijährigen (vgl. Laewen 2006). Auf Grund der Ergebnisse dieses Forschungsprojektes wurde ein Eingewöhnungsmodell für den kindgerechten und altersangemessenen Eintritt von Kindern in die Tagesbetreuung entwickelt.
(aus: Das Berliner Eingewöhnungsmodell – Theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung von Katja Braukhane & Janina Knobeloch)
Heute wird in den meisten Kitas zum Glück sehr viel Wert auf eine gute Eingewöhnung / Anfangszeit / Willkommenszeit / Begleitung am Anfang wert gelegt und die Bedeutung von Bindung wird immer größer und wichtiger. Wichtig zu wissen ist, dass Kinder eine Bindung zu mehreren Personen aufbauen können, sie sind von Anfang an soziale Wesen. Früher wuchsen Kinder in einem viel größeren Familiengeflecht auf, der Aufbau von Bindungen zu unterschiedlichen Personen geschah oft ganz automatisch. Heute besteht das familiäre Geflecht zuhause in der Regel aus den Eltern und Geschwisterkindern. Kommt eine neue Bindungsperson dazu, dann auch noch in einem anderen, lauteren und dynamischeren Umfeld als zuhause, bedeutet das in erster Linie zuerst einmal Stress für das Kind.
„Für die Kinder bedeutet der Übergang vom Elternhaus in die Kindertagesstätte zunächst „Stress“ und ist eine emotionale Belastung. Sie müssen sich von der Mutter bzw. einer anderen primären Bezugsperson lösen, sich in einer fremden Umgebung zu Rechtfinden und eine weitere Bezugsperson (hier die Erzieherin) anerkennen. Aus diesen Gründen kann die Anfangsphase der Fremdbetreuung durchaus als kritisches Lebensereignis gesehen werden, das von allen Beteiligten zu bewältigen ist.“ (Kindergartenpädagogik 2015)
Die sichere Bindung an eine neue Person ist die grundlegende Bedingung für einen Übergang in die Fremdbetreuung.
Aus diesem Grunde sollte die Eingewöhnung gut begleitet werden. Ein paar Anregungen möchte ich gerne mit diesem Text geben.
Auswahl einer Kita
Vor der wichtigen Phase der Eingewöhnung steht die Auswahl der richtigen Kita für das Kind. Leider ist es häufig so, dass die Eltern keine große Auswahl haben, die Kitaplätze sind rar, die Kitas voll und um einen Platz in der Wunschkita zu bekommen, bedarf es sehr viel Glück.
Dennoch möchte ich euch einige Kriterien mit an die Hand geben, auf die ihr unbedingt achten solltet – diese Liste ist natürlich individuell ergänzbar. In Corona – Zeiten ist es leider nicht oder nur in Ausnahmefällen möglich, eine Kita zu besichtigen. Solltet ihr diese Möglichkeit haben, so nimmt sie unter Wahrung der Hygieneregeln unbedingt wahr. Auf was ihr alles achten solltet, liste ich im Folgenden auf:
· Hat die Kita ein Konzept und ist dies frei zugänglich, zum Beispiel über die Homepage? Finde ich mich auch als Nicht – Pädagog:in damit zurecht und sehe ich mein Kind in diesem Konzept gut aufgehoben? Nicht jedes Konzept ist das Richtige für jedes Kind.
· Arbeitet die Kita mit einem offenen, teiloffenen oder geschlossenen Konzept? Kenne ich die jeweiligen Konzepte und stehe ich dahinter? Welches Konzept kann ich mir am besten für mein Kind vorstellen?
· Wenn ich vor Ort bin – was ist mein erstes Gefühl, wenn ich die Kita betrete? Unter Umständen betrete ich diese Kita die nächsten Jahre und verlasse sie beim Bringen ohne mein Kind – möchte ich, dass mein Kind mehrere Stunden am Tag in dieser Umgebung verbringt? Wie wertschätzend empfinde ich das Gesamtsystem: Raumkonzept, Atmosphäre. Falls man den Einblick bekommt: wie gehen die Betreuer:innen mit den Kindern um, untereinander und mit Eltern?
· Wie ist die Teilhabe der Kinder am Alltag? Gibt es eine Kinderkonferenz und wenn ja, wie findet sie statt? Welche Regeln gibt es und wie starr sind diese? Wie wird mit Konflikten umgegangen? Wie partizipativ arbeitet die Kita? Gibt es Konzepte für Kinder, die individuelle Unterstützung brauchen? Welche pädagogischen Angebote finden für die Kinder statt, wie ist es mit der Teilnahme der Kinder geregelt? Findet Freies Spiel statt? Gibt es Rückzugsmöglichkeiten?
· Gibt es ein Essenskonzept? Wie sieht es aus (zum Beispiel müssen die Kinder probieren, gibt es vegetarisches Essen falls gewünscht, woher kommt das Essen, gibt es Regeln am Tisch und wenn ja welche und wie strikt sind diese, wie werden Geburtstage gefeiert – bringen die Eltern etwas mit oder backt die Kita gemeinsam mit den Kindern, wie sieht es mit Zucker aus, wie ist der freie Zugang zu Getränken geregelt und so weiter …?)
· Wie sieht das Schlafkonzept aus? Was machen Kinder, die nicht schlafen wollen, wie sehen die Ruhephasen aus für Kinder, die nicht schlafen?
· Wie ist der Träger aufgestellt, wie ist der Personalschlüssel? Gibt es genügend Personal, wie sieht es bei Engpässen aus, gibt es Fortbildungsmöglichkeiten für die Pädagog:innen?
· Wie findet die Eingewöhnung statt? Gibt es ein Eingewöhnungsgespräch? Wie viel Zeit haben mein Kind und ich dafür und wie strikt ist er? Nach welchem Modell wird eingewöhnt?
· Wird auf meine individuellen Fragen eingegangen, werde ich ernst genommen, wie ist die Zusammenarbeit mit den Eltern, wie wird Erziehungspartnerschaft definiert und gelebt?
· Außengelände / Spielplatzbesuche / Naturbezug – wie oft sind die Kinder tatsächlich draußen?
· Hygiene
· Ebenfalls wichtig: Fahrtweg, Öffnungszeiten, Schließtage, Kosten. Müssen Windeln mitgebracht werden oder werden diese gestellt? (Krippe).
Die Eingewöhnungsphase – das Ankommen in der Kita.
Die meisten Kitas gewöhnen entweder nach dem Berliner oder dem Münchner Modell ein. Hier ein kurzer Überblick über diese beiden Modelle.
Eingewöhnungsmodelle Berliner Modell und Münchner Modell
Berliner Modell
Das Berliner Eingewöhnungsmodell nach infans (Laewen, Andres & Hedevari 2003) stützt sich auf die Bindungstheorie von John Bowlby. Die Grundlage des Modells ist die Beachtung der Bindung des Kindes an seine Mutter und der unterschiedlichen Bindungsqualitäten. Es beginnt mit der Informationsphase (Kennenlernen, Besichtigen der Einrichtung, Aufnahmegespräch). Anschließend kommt die Phase, in der die Bezugsperson, die das Kind bei der Eingewöhnung begleitet, an mindestens 3 aufeinanderfolgenden Tagen mit dem Kind in der Einrichtung ist. Das Kind baut in der Zeit bereits über das Spiel eine erste Bindung mit der Fachkraft auf, weiß aber um die sichere Anlaufstelle im Hintergrund. Eltern und Fachkräfte sind immer im Austausch und bereiten die ersten Trennungsphasen vor. Diese beginnen mit kurzen Trennungen und dehnen sich immer mehr aus. In der Stabilisierungsphase bleibt das Kind bereits für mehrere Stunden ohne Bezugsperson in der Einrichtung. Meilensteine wie Mittagessen und Schlafen finden in dieser Phase statt. Wichtig: Sobald ein Meilenstein sicher bewältigt wird, ist die Bezugsperson sichtbar und holt das Kind ab – also nach dem Essen, nach dem Schlafen. In der letzten Phase integriert sich das Kind immer mehr in den Gruppenalltag; die Bezugsperson ist jedoch immer sofort erreichbar.
Das grundlegende Ziel der Eingewöhnung besteht darin, während der Anwesenheit der Bezugsperson eine tragfähige Beziehung zwischen Fachkraft und Kind aufzubauen. Diese Beziehung soll bindungsähnliche Eigenschaften haben und dem Kind Sicherheit bieten. Das Gefühl der Sicherheit durch eine gute Beziehung zur Fachkraft ist die Grundlage für gelingende Bildungsprozesse in der Kita und einen gesunden Start des Kindes in seinen neuen Lebensabschnitt. Darüber hinaus soll das Kind selbstverständlich die Einrichtung mit all ihren Abläufen, Regeln, Ritualen aber auch ihren Menschen und Räumen in aller Ruhe kennen lernen. Für die Eltern bietet die Eingewöhnungszeit eine besondere Form des Einblicks in die Kita, der eine gute Grundlage für die folgende Erziehungs- und Bildungspartnerschaft legt.
(aus: Das Berliner Eingewöhnungsmodell – Theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung von Katja Braukhane & Janina Knobeloch)
Das Münchner Modell
Das Münchener Eingewöhnungsmodell beruht auf den Ergebnissen des wissenschaftlichen Projekts unter der Leitung von Prof. E. Kuno Beller (FU Berlin) in München von 1987 bis 1991 und wurde in den darauffolgenden Jahren in Theorie und Praxis weiterentwickelt (Winner/Erndt-Doll 2013). Das Kind wird als kompetentes, individuelles Subjekt wahrgenommen, das auch die Eingewöhnung gemeinsam mit anderen aktiv mitgestaltet. Die meist drei- bis vierwöchige Eingewöhnungszeit untergliedert sich in die Phasen Kennenlernen – Sicherheit – Vertrauen. Die Eingewöhnung findet im Alltag der Kindertageseinrichtung statt, die Kindergruppe wird aktiv in die Gestaltung miteinbezogen. (…) Das Kleinkind wird nicht eingewöhnt, es gewöhnt sich ein. Die Kinder(gruppen) in der Kindertagesstätte gelten als die „ersten Erziehungspersonen“. Sie spielen auch in der Eingewöhnungszeit eine herausragende Rolle. Eltern, Fachkräfte und Kinder begegnen sich ebenbürtig, alle Kompetenzen sollen im pädagogischen Prozess sichtbar und wirksam werden. Charakteristisch für dieses Modell ist, dass alle Beteiligten, vor allem auch die Kinder, die die Kindertageseinrichtung bereits besuchen, aktiv in die Gestaltung der Transition miteinbezogen werden und Eltern und Kinder den Alltag der Kindertagesstätte in etwa zwei Wochen miterleben, bevor eine erste Trennung stattfindet
(aus: Das Münchener Eingewöhnungsmodell – Theorie und Praxis der Gestaltung des Übergangs von der Familie in die Kindertagesstätte von Anna Winner)
Unabhängig davon, nach welchem Modell in der Kita primär gearbeitet wird, es kommt immer darauf an, wie wertschätzend auf das Bedürfnis des Kindes eingegangen wird. Dies steht in allen Phasen der Eingewöhnung immer an oberster Stelle. Das Kind braucht Zeit, Liebe und Begleitung sich mit den neuen Abläufen und den neuen Strukturen vertraut zu machen, eine sichere Bindung aufzubauen und sich in die neue Situation individuell im eigenen Tempo eingewöhnen zu dürfen.
Auszug aus: Inke Hummel „Mein wunderbares schüchternes Kind“ HUMBOLDT Verlag
Mein Gastbeitrag zum Thema „Ein guter Start in der Kita“ (kursiv markiert)
Eingewöhnungsgespräch
Das Gespräch sollte hauptsächlich dasjenige Elternteil führen, der oder die die Eingewöhnung übernehmen wird. Auf der anderen Seite sollte die ausgewählte Bezugsperson sitzen oder aber die Gruppenleitung, wenn das Kind seine Bezugsperson im Verlauf der ersten Wochen selbst wählen darf. Wenn es möglich ist, sollte das Kind bei diesem Gespräch nicht dabei sein, da vorwiegend über das Kind gesprochen wird und Eltern auch die Möglichkeit gegeben werden soll, über Themen wie eigene Überforderung etc. sprechen zu können. Es sollte sich über mögliche Besonderheiten des Kindes und eventuell bereits erlernte bzw. gezeigte Strategien in bestimmten Situationen ausgetauscht werden: Was spielt es gern? Wie beruhigt es sich gut? Was kann es nicht gut aushalten? usw. Falls das Kind schon besondere Situationen zu meistern hatte, sollte dies unbedingt erwähnt werden (z.B. Krankenhausaufenthalte, schwierige Situationen im Elternhaus, ein Todesfall, ein Einbruch oder andere Angst auslösende Erfahrungen) Dabei geht es nicht darum, möglichst viele private Details aus der Familie zu bekommen, sondern darum, das Kind in dieser Phase oder mit den Erlebnissen auch in der Kita gut begleiten zu können.
Eltern und Kita sollten von Anfang an eine Erziehungspartnerschaft leben. Dazu gehört von Beginn an eine vertrauensvolle und ehrliche Atmosphäre auf beiden Seiten. Jedes noch so kleine – und für die Eltern vielleicht unbedeutende – Detail kann für die Eingewöhnung wichtig sein und für das Kind eine wertvolle Hilfestellung bedeuten. Die Eltern sollten sich im Vorfeld überlegen, was für sie besonders wichtig ist und welche Fragen ihnen auf dem Herzen liegen. Eigene Ängste und Unsicherheiten dürfen und sollen ebenfalls angesprochen werden. Auch während der Eingewöhnung ist es wichtig, im ständigen Austausch mit den Pädagogen zu sein und alle Punkte, welche die Eltern während der Eingewöhnung bewegen und beschäftigen, anzusprechen. Kinder spüren sehr deutlich, wenn Eltern unsicher oder gar unzufrieden sind. Je entspannter die Eltern während der Eingewöhnung, desto entspannter in der Regel auch das Kind. Das Kind kann nicht einordnen, warum Mama oder Papa unsicher sind. Es kann nicht differenzieren zwischen „Mama ist traurig, dass sie mich abgibt und kann sich selbst nicht gut trennen von mir“ und einem diffusen Gefühl, dass etwas „nicht in Ordnung ist“ und Mama oder Papa anders oder angespannter sind als zuhause. Oft wird dann zum eigenen Schutz eine Art Abwehrmechanismus gegen die Kita aktiviert, was die Eingewöhnung natürlich deutlich erschwert. Haben Eltern solche Ängste oder Gefühle, so ist dies absolut legitim und auch wichtig, diese zu benennen. Sie sollten sich hier dem pädagogischen Personal anvertrauen, um ebenfalls gut begleitet zu werden. Tatsächlich gewöhnen die Kitas nicht nur die Kinder ein, sondern auch die Eltern.
Familien mit einem eher schüchternen Kind sollten diese Schüchternheit beim Aufnahmegespräch ansprechen und thematisieren. Hier ist es umso wichtiger, dem Kind Zeit zu lassen und das Kind mit einer Trennung nicht zu überfordern. Dies gilt auch für alle Kinder, die für die Eingewöhnung mehr Begleitung brauchen.
Je sicherer es sich in der neuen Umgebung fühlt, desto leichter fällt die Trennung. Dies kann unter Umständen einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, der von vornherein einkalkuliert sein sollte. Manchmal ist es auch notwendig, einen kleinen Schritt zurückzugehen und die Trennungszeit beispielsweise nochmal zu verkürzen. Das ist kein Rückschritt, schlicht wird die Eingewöhnung an das momentane Bedürfnis und das ganz eigene Tempo des Kindes angepasst. Oft helfen kleine Hilfsmittel wie zum Beispiel ein Tuch, dass nach der Mama riecht, ein besonderes Abschiedsritual vom Papa etc. Gut gemeinte aufmunternde Sätze wie „du bist doch schon so groß“ etc. (auch von Großeltern) sind kontraproduktiv, da es beim Kind einen unnötigen Druck aufbaut, einen Erfolg liefern zu müssen und falls das nicht gelingt, zu versagen, denn andere Kinder können dies ja auch (in diesem Alter). Besser ist es, kleine Schritte zu bemerken und diese positiv zu bestärken, um so das eigene Selbstvertrauen zu stärken. Feste Rituale geben Kinder Sicherheit. Gerade schüchterne Kinder brauchen diese umso mehr. Ganz wichtig ist vor allem ein Ritual am Morgen, vor der Trennung in der Kita und beim Abholen oder ganz individuelle Rituale der Familie bzw. zwischen einzelnen Familienmitgliedern und dem Kind. Manchmal ist es auch sinnvoll, neue Rituale speziell auf die neue Kita-Situation einzuführen. Abweichungen von einem Ritual (zum Beispiel Mama ist auf einer Dienstreise) sollten dem Kita-Personal mitgeteilt werden. Hier und auch bei jedem anderen Kind ist es wichtig, dass Eltern bei einer Trennung nicht einfach gehen, sondern sich bewusst bei ihrem Kind verabschieden. Dies gilt auch für eine kurze oder ungeplante Trennung wie ein Toilettengang. Ein weinendes Kind sollte man nicht zurücklassen; gelingt es der neuen Bezugsperson aber, das Kind gut und sicher zu beruhigen, darf man guten Gewissens den Raum verlassen.
Man muss nicht stumm wie ein Fisch im Raum sitzen, die Interaktion mit anderen Kindern, während das eigene Kind gerade mit der neuen Bezugsperson beschäftigt ist, sollte allerdings auf ein Minimum reduziert sein, da sonst Eifersuchtssituationen heraufbeschwört werden, die die Eingewöhnung unnötig negativ belasten.
Im besten Falle führt ein Elternteil (oder eine Bezugsperson) die Eingewöhnung mit dem Kind durch. Ein Wechsel sollte mit den Pädagog:innen besprochen werden. Häufige Wechsel sind nicht zu empfehlen, da auch hier das Kind eine feste Verlässlichkeit braucht.
Eingewöhnungszeit
Tatsächlich bestimmt nur das Kind, wie der zeitliche Rahmen ganz konkret aussehen kann. Wichtig ist es, emphatisch jederzeit die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und die Eingewöhnung darauf auszurichten.
Manchmal wird ein Kind schneller eingewöhnt als geplant, weil das Kind super mitmacht und es (offenbar) keinerlei Probleme mit der Trennung hat. Oftmals aber wird dann die Eingewöhnung viel zu schnell abgeschlossen. In diesem Fall sollte man ebenfalls sehr nah am Kind sein, denn nicht selten kommt etwas später eine Phase, in der das Kind Verhaltensweisen wie am Anfang einer Eingewöhnung zeigt. Dies sollte man genau beobachten und entsprechend reagieren (Betreuungszeiten temporär verkürzen falls möglich). Es ist also auch bei Kindern, die sich „leicht“ eingewöhnen lassen, wichtig, bestimmte Schritte nicht zu schnell zu gehen. Zu einer Trennung vor Abschluss der ersten drei Tage ist selten zu raten.
Ein Austausch der Eltern, die gleichzeitig ihre Kinder eingewöhnen, ist wichtig, jedoch sollten niemals Vergleiche gezogen werden. Mehrere Eingewöhnungen parallel sollten nicht stattfinden, lassen sich aber oft organisatorisch gerade am Anfang eines Kitajahres nicht verhindern. Wichtig ist, dass dies klar an die Eltern kommuniziert wird und gut organisiert ist.
Im Fokus steht immer das Kind. Im besten Falle haben die Eltern einen zeitlichen Puffer eingeplant, da eine Eingewöhnung zwischen 2-4 Wochen, nicht selten auch länger dauern kann. Ist es den Eltern nicht möglich und stehen zeitlich unter einem gewissen Druck, so sollte das unbedingt mit der Kita kommuniziert werden.
Eine Eingewöhnung kann man als abgeschlossen bezeichnen, wenn:
· Das Kind mehrere Stunden in der Kita verbringt und sich offensichtlich wohl (individuelle Beobachtung beim Kind) fühlt
· Eine sichere Bindung zur neuen Bezugsperson / neuen Bezugspersonen aufgebaut werden konnte.
· Von sich aus ins Spiel findet
· Das morgendliche Ablösen gut klappt, wenig bis keine Unterstützung mehr notwendig ist. Das Kind lässt sich gut trösten und beruhigen und nimmt entspannt am Tageslablauf teil.
Eltern sind immer die Experten für ihr Kind. Die Pädagog:innen in der Kita sind die fachlichen Experten, aber niemand kennt das eigene Kind in der Regel so gut wie die Eltern. Ein enger und vertrauensvoller Austausch zwischen Eltern und Kita ist eine wertvolle Basis für die so besondere Anfangszeit. Vielleicht lernt sich die komplette Familie in dieser Zeit neu kennen, es wird neue Situationen geben und viele Emotionen aufkommen, die vorher nicht planbar sind. Gut so! Es ist ein neuer Schritt, der von allen Beteiligten gemeinsam gegangen werden sollte. Jedes Gefühl ist wichtig und darf gelebt werden.
Ein letzter Tipp: Achtsam bleiben. Sich selbst und dem Kind gegenüber.
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