Quarantäne wird als Freiheitsberaubung als Einschränkung verstanden und das ist sie ja auch. Sie verfolgt auch einen Zweck, nämlich weitere Ansteckungen zu verhindern und diese beiden Aspekte können nur zusammen diskutiert werden, denn sie hängen stark zusammen.

Wenn wir über mehr oder weniger Quarantäne diskutieren, dann sind die Alternativen ja nicht einfach "mehr Quarantäne" oder "weniger Quarantäne" sondern "mehr Quarantäne, dadurch weniger Ansteckungen, dadurch weniger Quarantäne" oder "weniger Quarantäne, dadurch mehr Ansteckungen, dadurch mehr Quarantäne".

Verwirrt? Lass es uns auseinander nehmen.

Wie viele Menschen sind in Quarantäne?

Die Zahl der Menschen in Quarantäne setzt sich aus zwei Faktoren zusammen: Wie viele Menschen pro Infiziertem in Quarantäne kommen (höngt von den Regeln ab) UND wie viele Infizierte (die Inzidenz) es gibt.

Wenn wir über Quarantäneregeln diskutieren, dann denken wir nur den ersten Faktor. Also, wie viele Menschen als Kontaktfälle in Quarantäne müssen. Die ganze Klasse oder nur die Sitznachbarin? Alle aus der Familie oder nicht? Alle aus dem Großraumbüro oder keiner?

Und es gibt großen politischen Druck (und auch seitens der Gerichte) hier die Grenze so knapp wie möglich zu ziehen.

Dabei wird meistens der zweite Faktor vergessen: Die Inzidenz. Je mehr Fälle ich habe, desto mehr Anlässe für Quarantäne habe ich auch. Bei hohen Inzidenzen sind also mehr Menschen in Quarantäne zu schicken.

In Großbritannien hieß das die Pingdemic. Also die Pandemie der Handywarnungen, die die Leute in Quarantäne schickte. Hohe Inzidenzen heißt viele Leute in Quarantäne.

Quarantäneregeln bestimmen die Inzidenzen

Jetzt ist es aber so, dass wir die Quarantäne ja nicht aus Jux und Dollerei machen, sondern mit dem Ziel, weitere Ansteckungen zu verhindern.

Bissige Quarantäneregeln helfen massiv die Pandemie einzudämmen. Lasche Regeln lassen der Pandemie freien Lauf.

Wie sich ein Gesundheitsamt verhält hat massiven Einfluss auf die Pandemie. Wer das etwas beobachtet hat und in den Sozialen Medien Erlebnisberichte wahrgenommen hat, konnte durchaus eine Liste der laschen Gesundheitsämter in Bezug setzen zu hohen Inzidenzen in deren Einflussbereich.

Das Quarantäneparadoxon

Wenn wir diese Effekte zusammensetzen, kommt etwas paradoxes heraus:

Bissige Quarantäneregeln führen kurzfristig zu mehr Leuten in Quarantäne. Das verhindert weitere Ansteckungen und senkt die Inzidenzen und das senkt wiederum mittelfristig die Zahl der Menschen in Quarantäne.

Nach ein paar Wochen sind bei bissiger Quarantäne weniger Menschen in Quarantäne als bei laschen Regeln.

Und andersherum auch: Lasche Regeln schonen die Menschen kurzfristig und bringen mittelfristig mehr Menschen in Quarantäne.

Es gibt nur einen sinnvollen Weg

Es gibt nur dieses eine sinnvolle Vorgehen: Die Quarantäneregeln müssen darauf abzielen, alle möglichen Ansteckgunen einzufangen, damit diese nicht weiter verbreitet werden. Das führt dann wieder zu niedrigen Inzidenzen und wenig Menschen in Quarantäne.

Wer Freiheit will, muss für sehr wirksame Quarantäneregeln sein. Keine Ansteckung darf durchrutschen.

Und es gibt ein kleines aber: Wir müssen das Virus eindämmen, nicht die Menschen wegsperren. Dazu mehr im nächsten Artikel.

Dieser Artikel ist Teil einer Artikelreihe. Hier geht es los:

Die Pandemie ist (noch nicht) vorbei
Die Pandemie ist vorbei, wenn sie für alle vorbei ist. Und sie ist für so viele noch nicht vorbei, dass sie noch nicht vorbei ist. Auch wenn wir das gerne hätten, auch wenn wir alle kein Bock mehr haben.

und hier geht es weiter:

Quarantänevarianten: Nett zu den Menschen, gnadenlos zum Virus
Quarantäne ist ein uraltes Konzept, seit Jahrhunderten bekannt, lange bevor wir Zugang zu moderner Diagnostik hatten. Damals war der Krankheitserreger als Risiko untrennbar mit dem Menschen verbunden und wir haben immer Erreger und die Menschen weggesperrt. Jetzt können wir diagnostisch viel mehr u…