Aus einer Blogdiskussion hat sich die Frage entspannt, was Patriotismus eigentlich genau ist - heute wie damals. Wie könnte ein moderner, inklusiver deutscher Patriotismus aussehen, der den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen ist? Darüber diskutiere ich mit Ariane Sophie.
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Shownotes:
- The Atlantic: Reclaiming Real American Patriotism
Der Autor äußert in seinem Artikel nostalgische Gefühle gegenüber dem Patriotismus, der einst in Amerika verbreitet war, aber heute vermisst wird. Als er an einem Strand in Rhode Island entlangfuhr und das Lied "Take Me Home, Country Roads" von John Denver hörte, fühlte er plötzlich eine tiefe Verbundenheit mit Amerika und vermisste das Gefühl des patriotischen Stolzes. Er erinnert sich auch an seine Erfahrungen während eines Aufenthalts in der Sowjetunion in den 1980er Jahren, wo er die Unterdrückung und Propaganda des kommunistischen Regimes erlebte. Damals fühlte er eine starke Verbundenheit mit anderen Amerikanern, als ob sie in einer feindlichen Umgebung aufeinandertreffen würden. Heute sieht er jedoch eine tiefe Spaltung und Feindseligkeit unter den Amerikanern, die sich in politischen Lagerkämpfen manifestiert. Er hofft, dass die Menschen an diesem 4. Juli ihre Differenzen für einen Tag beiseitelegen und sich als Amerikaner vereint fühlen können.
- The Atlantic: Can the Left Make Peace With a National Flag?
Das Theaterstück "Dear England" im Londoner National Theatre spielt eine zentrale Rolle bei der Neubewertung der englischen Flagge, des St. George's Cross. Es erzählt die Geschichte der Fußballnationalmannschaft Englands, insbesondere des Trainers Gareth Southgate, der 1996 durch das Verschießen eines Elfmeters bei der Europameisterschaft an nationaler Demütigung teilnahm. Obwohl England seit dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1966 keinen bedeutenden Titel mehr gewonnen hat, hat Southgate das Team zu einer Quelle nationaler Hoffnung gemacht. Er hat die Spieler von der Zielscheibe des Spotts zur Vorbildrolle erhoben und einen Patriotismus geschaffen, der über Rassenunterschiede hinweggeht und traditionelle Werte wie harte Arbeit, Opferbereitschaft und Mut verkörpert. Southgate hat eine Mannschaft geformt, die von einer breiten Bevölkerungsmasse unterstützt wird und die Vielfalt und Einheit des Landes repräsentiert. Trotz Kritik von verschiedenen Seiten hat er die Bedeutung des Kampfes gegen Rassismus und für soziale Gerechtigkeit betont. "Dear England" stellt die Frage, ob England seine Vergangenheit akzeptieren und sich mit Demut und harter Arbeit zu einer neuen Identität entwickeln kann, die sowohl Tradition als auch Fortschritt umfasst.
Der Artikel beschäftigt sich mit dem Thema Patriotismus und Nationalismus in Deutschland, insbesondere im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen. Es wird darauf hingewiesen, dass viele Politiker und Journalisten den Patriotismus der deutschen Fußballfans während der Weltmeisterschaften 2006 und 2010 als harmlos und positiv betrachteten. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass der Begriff Patriotismus oft falsch verwendet wird und dass eine starke Identifikation mit dem eigenen Land negative Auswirkungen haben kann, insbesondere wenn sie mit Nationalismus einhergeht. Studien zeigen, dass Nationalismus mit Fremdenfeindlichkeit verbunden ist, während Patrioten tendenziell weniger fremdenfeindlich sind. Die Bedeutung von demokratischen Prinzipien für Patrioten spielt dabei eine wichtige Rolle. Es wird auch darauf hingewiesen, dass der "Party-Patriotismus" während sportlicher Großveranstaltungen oft mit einem Mitläufer-Effekt einhergeht und nicht unbedingt eine echte Verbundenheit zum Land widerspiegelt. Die Forscher betonen, dass eine zu starke Identifikation mit dem eigenen Land die Gefahr von Ausgrenzung und negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft birgt. Sie warnen vor einer rückwärtsgewandten Orientierung und betonen die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit. Die Verwendung nationaler Symbole kann zur Normalisierung von Nationalismus beitragen und eine antimoderne Stimmung fördern. Es wird auch auf die Bedeutung des Selbstverständnisses von Staatsbürgerschaft in Deutschland hingewiesen, das immer noch stark von der Abstammung geprägt ist. Die multiethnische Zusammensetzung der deutschen Nationalmannschaft hat keine größere Toleranz in der Gesellschaft zur Folge. Es wird darauf hingewiesen, dass politische Erklärungen und Identitätskampagnen in Zeiten sozialer Unsicherheit problematisch sein können und zu Ausgrenzung führen können. Die Forscher betonen, dass das Anfeuern einer Mannschaft und das Hoffen auf ihren Sieg auch ohne nationale Insignien möglich ist und dass das Motto "Möge am Ende der Bessere gewinnen" gelten sollte.
- Spiegel: Ein glückliches Volk
Es scheint, dass der Text einen Blick auf den deutschen Patriotismus während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wirft. Die WM wird als ein Ereignis dargestellt, das den Deutschen ein Gefühl der nationalen Einheit und des Patriotismus vermittelt hat. Es wird darauf hingewiesen, dass die Deutschen während des Turniers ihre Nationalfahnen mit Begeisterung geschwenkt haben, ohne dabei die negativen Assoziationen mit dem Nationalismus der Nazi-Zeit zu berühren. Die WM wurde als ein Moment der Freude, des Stolzes und der positiven Selbstwahrnehmung für Deutschland und sein Volk betrachtet. Es wird auch darauf hingewiesen, dass sich das Land seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Fall der Mauer in einem Prozess der Selbstfindung und Selbstakzeptanz befand. Die Wiedervereinigung Deutschlands wurde als eine neue Konstituierung der Nation angesehen, und jüngere Generationen fühlten sich frei von den Lasten der Vergangenheit, aber dennoch bewusst über die Nazi-Zeit. Es wird betont, dass Deutschland in den letzten Jahrzehnten eine "geglückte Demokratie" geworden ist und dass das Land international an Ansehen und Glaubwürdigkeit gewonnen hat. Die Fußball-Weltmeisterschaft wurde als ein Symbol für den positiven Wandel und die Normalisierung Deutschlands gesehen. Die Fans wurden als begeistert, fröhlich und unkompliziert beschrieben, und die WM wurde als ein Moment der Einheit und des Feierns der deutschen Geschichte und Kultur betrachtet. Die Veranstaltung wurde auch als Möglichkeit wahrgenommen, der Welt zu zeigen, dass Deutschland ein erfolgreiches und demokratisches Land ist. Trotzdem wird betont, dass der deutsche Patriotismus keine feste Ideologie ist und dass die Suche nach nationaler Identität und Zugehörigkeit weitergeht. Der Text betont, dass die Deutschen immer noch nach ihrem Platz in der Welt suchen und dass der Prozess der Selbstfindung noch nicht abgeschlossen ist. Es wird darauf hingewiesen, dass Deutschland ein Land des Werdens ist und dass die Deutschen weiterhin ihr Selbstverständnis definieren müssen. Dennoch wird die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 als ein Moment des nationalen Stolzes und der positiven Selbstwahrnehmung in der deutschen Geschichte betrachtet.
- Der Schreibende: “Woke & wehrhaft”
Ralf Raths, Direktor des Deutschen Panzermuseums, hat ein Video auf YouTube veröffentlicht, in dem er ein T-Shirt mit der Aufschrift "Woke & Wehrhaft" trägt und den Hintergrund erläutert. Das T-Shirt zeigt ein verkürztes Zitat von Carlo-Antonio Masala, einem Politikwissenschaftler und Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München. Das T-Shirt kann nun im Shop des Panzermuseums erworben werden. Raths reflektiert darüber, wie wichtig es ist, in der Bundeswehr die Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu wahren und betont, dass ein Gefühl des Wohlbefindens und moralischer Werte entscheidend für effektiven und zuverlässigen Dienst sind.
- Deutsche Welle: Die Deutschen und ihr Patriotismus
Die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag, die CDU/CSU, hat einen Vorschlag zur Stärkung des deutschen Patriotismus vorgelegt. Im Kern geht es darum, den "Tag des Grundgesetzes" zu einem nationalen Gedenktag aufzuwerten und ein Bundesprogramm für Patriotismus einzuführen. Die CDU/CSU möchte die ganzjährige Sichtbarkeit nationaler Symbole im öffentlichen Raum erhöhen, die Nationalhymne häufiger bei öffentlichen Anlässen singen und die Verbindung zwischen Bundeswehr und Zivilgesellschaft stärken. Zudem soll der "Tag der Deutschen Einheit" als verbindender nationaler Erlebnismoment gefeiert werden. Die Partei möchte auch Einwanderer ansprechen und ihre Identifikation mit dem deutschen Staat stärken. Damit will die CDU/CSU auch versuchen, den Nationalstolz von rechtsextremen Parteien wie der AfD zurückzugewinnen. Allerdings gibt es Bedenken, ob diese Maßnahmen ausreichen, um die Zustimmung der AfD-Wähler zurückzugewinnen. Die AfD hat in den Umfragen zuletzt stark zugelegt und ihre Zustimmungswerte waren noch nie so hoch. Kritiker argumentieren, dass Patriotismus nicht von oben verordnet werden kann und dass es wichtig ist, die historische Verantwortung nicht zu leugnen. Der Umgang mit deutschem Patriotismus ist in Deutschland aufgrund der Geschichte und der politischen Vereinnahmung durch rechtsextreme Gruppierungen komplex. Die Nationalfarben Schwarz, Rot und Gold haben eine wechselhafte und politisch aufgeladene Geschichte. Erst vor zwei Jahrzehnten begannen die Deutschen unverkrampfter mit ihren Nationalfarben umzugehen, vor allem im Kontext von Sportveranstaltungen. Die CDU/CSU versucht nun, den Patriotismus von der extremen Rechten zurückzuerobern und den Verfassungspatriotismus zu stärken. Allerdings bleiben Zweifel, ob dies erfolgreich sein wird und ob Patriotismus überhaupt von der politischen Mitte verordnet werden kann.
Der Begriff "Patriotismus" hat in den letzten Jahren an Ansehen verloren und wird oft mit nationalistischen oder populistischen Bewegungen in Verbindung gebracht. Die politische Instrumentalisierung durch solche Gruppen hat dazu geführt, dass viele Menschen zögern, sich selbst als Patrioten zu bezeichnen. Besonders in Deutschland ist der Begriff aufgrund der historischen Belastung durch den Nationalsozialismus und der Teilung des Landes sensibel. Patriotismus bedeutet jedoch nicht zwangsläufig Nationalismus oder Chauvinismus. Es geht vielmehr um eine positive Verbundenheit mit dem eigenen Land und dem Einsatz für das Gemeinwohl. Es beinhaltet die Verantwortung, Freiheit und Demokratie zu schützen, zur Einheit und zum Zusammenhalt beizutragen sowie die Würde aller Menschen zu respektieren. Patriotismus erfordert, die eigene Geschichte anzuerkennen, sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte. Es geht darum, aus der Vergangenheit zu lernen und sich für eine bessere Zukunft einzusetzen. Es ist wichtig, die Grundwerte des eigenen Landes zu achten und gleichzeitig offen für den Dialog und den Respekt vor anderen Kulturen zu sein. Soldaten spielen eine besondere Rolle im Verständnis des Patriotismus. Sie dienen dem demokratischen Staat und tragen dazu bei, Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten. Ihre Verantwortung erstreckt sich auch auf die internationale Ebene, um Frieden, Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu fördern. Patriotismus sollte differenziert und sachlich diskutiert werden. Es erfordert, sich aktiv in die Gestaltung des Staates einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Dabei sollten die Menschenwürde geschützt und der Zusammenhalt in der Gesellschaft geübt werden. Die nationale Identität basiert nicht nur auf der Verfassung, sondern auch auf gemeinsamer Sprache, Geschichte und Erinnerung. Patriotismus beinhaltet, die eigenen Wurzeln zu respektieren und gleichzeitig offen für die Integration von Menschen aus anderen Kulturen zu sein. Der Zusammenhalt der Gesellschaft sollte trotz Veränderungen bewahrt werden, indem man von einem festen Standpunkt aus aktiv daran arbeitet. Insgesamt geht es beim Patriotismus darum, das Beste für das eigene Land anzustreben und gleichzeitig den Respekt und die Achtung für andere Völker und Kulturen aufrechtzuerhalten. Es ist eine Balance zwischen Stolz auf die eigene Nation und dem Bemühen um ein friedliches und gerechtes Miteinander.
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(Musik: Intro aus Accou – Sarabande BWV 1002 (Partita No.1 for violin solo in B-minor), Outro aus Accou – Bourree (I.S. Bach BWV 1002, Violin Partita No 1 in B minor))
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