Auf meinem Blog edzardernst.com habe ich wiederholt über die Risiken der Chirotherapie berichtet. U.a. können da folgende ernste Komplikationen auftreten, von denen der Schlaganfall die weitaus häufigste ist[1]:
- atlantoaxiale Dislokation,
- Cauda-Equina-Syndrom,
- Radikulopathie,
- Zwerchfelllähmung,
- gestörte Frakturheilung,
- durale Manschettenverletzung,
- Hämatothorax,
- Muskelabszess,
- Myelopathie,
- Ösophagus-Ruptur
- Pneumothorax,
- Pseudoaneurysma,
- Schlaganfall
- Verletzung des Rückenmarks,
- Bandscheibenvorfall,
- Wirbelkörperfraktur,
- Verschluss der zentralen Netzhautarterie,
- Nystagmus,
- Wallenberg-Syndrom,
- Ptosis,
- Verlust des Sehvermögens,
- Ophthalmoplegie,
- Diplopie,
- Horner-Syndrom.
Diese Woche wurde von einem weiteren Fall von Schlaganfall nach chiropraktischer Manipulation der oberen Wirbelsäule berichtet.[2] Einige werden behaupten, es sei alarmistisch Berichte zu diskutieren, in denen wichtige Details fehlen. Aber solange Chiropraktiker kein ordentliches Überwachungssystem einrichten, in dem solche Fälle mit allen wichtigen Einzelheiten vermerkt werden, finde ich es wichtig, auch unvollständige Berichte auf diese Weise aufzuzeichnen.
Eine kanadische berufstätige Mutter von zwei Kindern, Barbara Shand, suchte einen Chiropraktiker auf, weil sie Nackenschmerzen hatte. "Gegen Ende der Behandlung fragte der Chiropraktiker: 'Möchten Sie Ihren Nacken manipulieren lassen?' Ich antwortete: 'Na klar.'" "Sobald die Behandlerin dies tat, wurde alles schwarz", erinnert sich Frau Shand.
Frau Shand wurde daraufhin umgehend in ein Krankenhaus gebracht. "Als ich meine Augen öffnete, konnte ich mich nicht konzentrieren. Alles war verschwommen, ich hatte massiven Schwindel, ich wusste nicht, was oben oder unten war". Die Diagnose lautete, so Shand, ‚Dissektion der rechten Vertebralarterie‘, gefolgt von einem Schlaganfall. Heute leidet Frau Shands weiterhin an Koordinations- und Gleichgewichtsproblemen.
Das Alberta College and Association of Chiropractors (ACAC) räumt ein, dass "es Fälle von Schlaganfällen im Zusammenhang mit Besuchen bei verschiedenen Gesundheitsdienstleistern gegeben hat, einschließlich solcher, die Manipulationen an der Halswirbelsäule anbieten." Aber sie beteuern, dass dies selten ist.
Dass die ACAC zugibt, dass solche Ereignisse schon vorgekommen sind, ist lobenswert und ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch ist der Vorbehalt, dass solche Fälle selten sind, problematisch. Ohne ein Überwachungssystem kann niemand sagen, wie häufig sie sind! Tatsächlich es hat Hunderte von Fällen wie den von Frau Shand gegeben (auf meinem Blog finden Sie hierzu mehr als genug[3]). Wenn ein Behandler die Halswirbelsäule in einer bestimmten weise manipuliert, so kann die Vertebral Arterie, die einen Teil des Gehirns mit Blut versorgt, verletzt werden, was dann die Blutversorgung unterbricht und zu einem Schlaganfall führt.
Bei der rationalen Einordnung derartiger Komplikationen ist es wichtig folgendes zu bedenken: Die Wirksamkeit von chiropraktischen Nackenmanipulationen ist bei keiner Erkrankung sicher nachgewiesen. Das bedeutet, dass selbst seltene Risiken die Nutzen-Risiko-Bilanz ins Negative kippen. Und das wiederum heißt, so meine ich, dass man Manipulationen der oberen Wirbelsäule meiden sollte wie die Pest. Oder, wie es ein Neurologe einmal ausdrückte: „Don’t let the buggers touch your neck!“
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