Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Bundeskartellamt fordert mehr Wettbewerb bei E-Ladesäulen

Das Bundeskartellamt kritisiert den mangelnden Wettbewerb bei öffentlichen Ladesäulen für Elektroautos. Viele Kommunen vergeben Flächen oft ausschließlich an das eigene Stadtwerk oder einzelne Anbieter, was die Auswahl für Verbraucher einschränkt und die Gefahr von höheren Preisen erhöht. Präsident Andreas Mundt erklärt, dass in vielen lokalen Märkten eine hohe Konzentration von wenigen Anbietern zu marktbeherrschenden Stellungen führe. Dies sei durch bessere Rahmenbedingungen vermeidbar gewesen. Obwohl es punktuell überhöhte Preise gebe, plant das Kartellamt keinen generellen Eingriff, da systematisch überhöhte Preise nicht nachgewiesen seien und Betreiber ihre Investitionskosten decken müssten. Eingriffe könnten zudem den Ausbau des Ladenetzes hemmen. Für mehr Wettbewerb fordert das Amt transparente, befristete Flächenvergaben und diskriminierungsfreie Fördermittel. Positiv hervorgehoben wird der Ausbau der Ladesäulen auf Autobahnen, insbesondere durch das Deutschlandnetz, während bei bewirtschafteten Rastanlagen weiterhin Risiken marktbeherrschender Stellungen bestünden. (ZEIT)

Was hier beschrieben wird ist ein übliches Problem. Es gibt auch noch ein zweites: den Tarifdschungel. Das Bezahlen an den Säulen ist ist wahnsinnig undurchsichtig. Es ist besser geworden dadurch, dass zumindest eine Pflicht zur Vor-Ort-Zahlungsmöglichkeit eingeführt wurde, aber noch immer ist die Erstellung von zig verschiedenen Apps, die man für die verschiedenen Säulen haben müsste, und die verschiedenen Abomodelle ein echtes Hindernis. Wenn es wenigstens zu Wettbewerb führen würde, der analog zum Telekommunikationsmarkt einen gewissen Abwärtsdruck auf Preise ausübt; aber auch das ist aktuell wegen der oben beschriebenen Probleme nicht wirklich in Sicht. Da ist in meinen Augen auch die Rahmengesetzgebung einfach nicht auf der Höhe der Zeit. Wann kann das Kartellamt schon je systematisch überhöhte Preise nachweisen?

2) Fact-Checking Is Not a Political Strategy

In dem Artikel wird die Debatte über die Rolle des Faktenchecks in politischen Diskussionen thematisiert, insbesondere im Zusammenhang mit der Vizepräsidentschaftsdebatte zwischen J. D. Vance und Tim Walz. Kritiker argumentierten, dass das Fehlen eines Live-Faktenchecks durch CBS Vance "die Erlaubnis zum Lügen" gebe, während andere betonten, dass Faktenchecks politisch wenig bewirken. Obwohl Donald Trump seit Jahren intensiv überprüft werde, hätten diese Bemühungen wenig Einfluss auf seine Wählerschaft gehabt. Es wird betont, dass Faktenchecks zwar journalistisch wichtig sind, aber keine politische Strategie ersetzen können. Politiker, wie Kamala Harris, würden sich oft zu sehr darauf verlassen, Lügen zu entlarven, anstatt eine eigene positive politische Vision zu vermitteln. Der Artikel argumentiert, dass Faktenchecks allein keine Wahlen gewinnen und dass es wichtiger sei, den Wählern überzeugende Alternativen zu präsentieren, anstatt sich nur auf die Widerlegung von Unwahrheiten zu konzentrieren. (Tyler Austin Harper, The Atlantic)

Die Obsession der Progressiven mit Fact Checking ist mir auch völlig unbegreiflich. Wie oft ich in meiner Timeline den Ausschnitt mit JD Vance gesehen habe, in dem er sich wie ein Kleinkind beschwert, dass vereinbart war, dass die Moderation keine Faktenprüfung vornimmt, mit der Idee, dass das irgendwie schlecht für Vance wäre - Leute, wo wart ihr die letzten acht Jahre? Einen Republican beim Lügen zu erwischen ist ein Argument für die Wahl dieser Person, nicht dagegen. Das ist doch der gesamte Appell an der Stelle: klar lügt er, aber er lügt für euch. Noch dazu, es macht Spaß, da mit dabei zu sein. Denn die Lügen triggern die Libs. Das macht doch eine diebische Freude. Fact-Checking ist nur interessant, wenn zwei demokratische Kontrahenten aufeinander treffen, die sich beide in der Realität bewegen. Und vermutlich nicht mal dann. Denn allzu oft rutscht das Fact Checking in irgendwelche Details ab. "Merz hat gesagt, die Schulden sind 1,8 Trillionen, dabei sind es 1,72 Trillionen, also lügt er..." Was genau soll der Unfug? Und dazu noch die False Balance die ganze Zeit! Alles, was dadurch entsteht, ist ein weiteres Grundrauschen zum Gefühl, dass das ganze irgendwie schmutzig, irgendwie unzuverlässig, irgendwie kaputt ist.

3) Republicans’ Revealing Fetish for A.I.-Enhanced Trump and Vance Pics

Der Artikel thematisiert ein digital manipuliertes Bild des republikanischen Vizepräsidentschaftskandidaten JD Vance, das von Mike Collins, einem Kongressabgeordneten, veröffentlicht wurde. Die bearbeitete Aufnahme zeigt eine hypermaskuline Version von Vance, die ihn schlanker, muskulöser und mit markanteren Gesichtszügen darstellt. Dieser „Chadified“-Look entspricht dem Online-Meme des „Chad“, einem idealisierten männlichen Archetypus, der Selbstbewusstsein und Stärke verkörpert. Der Artikel geht weiter darauf ein, dass diese digitale Remaskulinisierung nicht nur als politisches Statement der rechten Internetkultur zu sehen ist, sondern auch als Widerspruch zur konservativen Kritik an Transgender-Menschen. Während Konservative Transmenschen dafür verurteilen, ihre Geschlechtsidentität zu ändern, wird Vance durch digitale Manipulation in eine übertrieben maskuline Version umgewandelt, was zeigt, dass auch rechte Ideologen Technologien zur Geschlechtsveränderung nutzen, jedoch in einer Art, die ihre eigenen politischen Ziele verstärkt. Der Artikel kritisiert diesen Ansatz als widersprüchlich und stellt infrage, wie Konservative Geschlecht und Geschlechtsidentität definieren. (Gabriel Rosenberg, The New Republic)

Je nachdem, in welcher Blase man sich bewegt, hat man tatsächlich unter Umständen keine Ahnung, wie Trump und Vance in echt aussehen. Diese Überarbeitungen von Bildern sind ihr ganz eigenes Ding, und ich finde es ja irgendwo schon lustig, welch geringes Selbstbewusstsein aus den Veränderungen kommt. Ein solches Bedürfnis nach testosterongeladener Stärke, aber eine solche unsichere Schwäche dahinter. Masculinity so fragile, wie das Meme es gerne ausdrückt. - Den restlichen Überbau des Artikels halte ich aber für Quatsch. Nichts von diesen Bildänderungen hat irgendetwas mit Transsexualität zu tun. Es ist einfach nur Retuschierung und Idealisierung, mehr nicht. Da muss man nicht verzweifelt versuchen, irgendwelche Theorien und so darüber zu klatschen.

4) State Education Department Seeks Bids for 55,000 Classroom Bibles

In Oklahoma hat Superintendent Ryan Walters eine Ausschreibung gestartet, um 55.000 King-James-Bibeln für Schulen zu beschaffen. Diese müssen bestimmte Kriterien erfüllen, wie die Einbindung historischer Dokumente der USA. Die einzige Bibel, die diesen Anforderungen entspricht, ist die „God Bless the U.S.A. Bible“, die von Ex-Präsident Donald Trump unterstützt wird, was Bedenken hinsichtlich der Fairness des Ausschreibungsverfahrens auslöst. Kritiker argumentieren, dass dies gegen staatliche Gesetze verstoßen könnte, da es nur wenige passende Bibeln gibt, obwohl günstigere Alternativen erhältlich sind. Walters plant, 3 Millionen Dollar für diese Initiative zu verwenden, was Bedenken über die Trennung von Kirche und Staat weckt. Während Walters die Bibeln als historische Ressource einführen will, lehnen einige Schulleiter, wie Rob Miller aus Bixby, das Vorhaben ab und kritisieren, dass die Bibel auf ein bloßes Klassenzimmer-Requisit reduziert werde. Walters’ enge Verbindungen zu Trump und seine öffentliche Förderung dieser Initiative lassen vermuten, dass sie politisch motiviert sein könnte. (Jennifer Palmer/Heather Warlick, Oklahoma Watch)

Einmal davon abgesehen, was für eine ungeheure Geschmacklosigkeit diese Bibeln eigentlich sind, ist der bereits im letzten Vermischten angesprochene Trend zum Grifting hier wieder einmal augenfällig. Der Skandal registriert nicht einmal mehr wirklich. Illegale Wahlkampffinanzierung? Who cares. Betrug mit Steuergeld? So what. Niemals würde das auf der anderen Seite des politischen Spektrums durchgehen, aber hier ist es einfach nur noch business as usual. Bemerkenswert ist vor allem die Größe dieser Betrügereien. Klar, diese Bibeln sind mit 60 Dollar das Stück völlig überteuert. Aber sie bringen damit einen Umsatz von 3,3 Millionen Dollar. Sind wir großzügig gegenüber Trumps Geschäftstüchtigkeit und nehmen einen Reingewinn von 2,5 Millionen Dollar, der auf die Art illegal in die Wahlkampfkasse fließt. Der Wahlkampf frisst rund eine Milliarde pro Seite, das ist ein Tropfen. Warum riskieren die so viel für so wenig? Ist es Verzweiflung? Ist es weil sie wissen, dass sie damit durchkommen? Warum scheißt der Bär in den Wald?

5) Legalizing Sports Gambling Was a Huge Mistake

Der Artikel thematisiert die zunehmende Verbreitung von Sportwetten in den USA und die damit verbundenen negativen Auswirkungen. Seit der Legalisierung von Sportwetten in 38 Bundesstaaten und Washington D.C. sind die Einsätze stark gestiegen, wobei 2024 allein für NFL-Spiele 35 Milliarden Dollar erwartet werden. Studien zeigen jedoch, dass Sportwetten besonders wirtschaftlich schwache Haushalte treffen und zu finanziellen Problemen wie Ersparnisverlust, Überschuldung und Insolvenz führen. Zudem steigt das Risiko häuslicher Gewalt, insbesondere nach unerwarteten Niederlagen von NFL-Teams. Während einige argumentieren, dass Sportwetten harmlos seien, legen die Daten nahe, dass die Legalisierung zu einer Welle von Sucht, Schulden und familiärem Leid geführt hat. Ein großer Teil der Gewinne stammt von problematischen Spielern, die übermäßig viel wetten. Zudem haben die erhofften Steuereinnahmen die Erwartungen nicht erfüllt, und der illegale Markt besteht weiterhin. Der Artikel schlägt vor, dass eine erneute Verbannung von Sportwetten der effektivste Weg wäre, um den entstandenen Schaden zu beheben. (Charles Fain Lehman, The Atlantic)

Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie Verbote und Regulierungen manchmal eben doch einen Zweck haben und der Abbau von Bürokratie, Verboten etc. massive Flurschäden hervorrufen kann. Das ist ja die Schwierigkeit bei solchen Unternehmungen; es ist immer schwer abzuschätzen, was alles dranhängt. In diesem Fall sind die Konsequenzen massiv; wir reden von einer Verzwanzigfachung (!) des Aufkommens von Sportwetten. Da sich die Einkommen nicht eben im selben Maß erhöht haben, stehen dem Verschuldung oder andere Konsumausgaben gegenüber. Man will sich gar nicht ausmalen, wie viele Existenzen diese "Liberalisierung" gekostet hat.

Resterampe

a) Seid ihr noch ganz bei Trost?

b) Genauso wie bei Israel nervt mich die überdrehte Rhetorik beim Ukrainekrieg auch, wie in diesem Beispiel. Nein, das ist nicht der Friede, den die wollen. Was die wollen ist keine gute Idee. Aber ihnen das zu unterstellen ist kein guter Stil und wenig zielführend.

c) Mit der ÖRR-Reform hätte ich auch null Problem.

d) Was Renate Künast sagt.

e) Deutsche Industriepolitik gewohnt planlos.

f) Zum Heizungsgesetz. Weiß jemand, ob das stimmt?

g) Ich halte es nicht für faschistisch (Begriffsinflation, verdammte...), aber es ist echt krass.

h) Nicht unrealistisch.

i) Guter Thread zu den Flakhelfern.

j) Das muss diese Verantwortung und so sein.

k) No one is interested in policy. Und noch expliziter hier.

l) Einfach nur wtf.

m) Das gehört auch zur Wahrheit.


Fertiggestellt am 05.10.2024

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