Was passiert, wenn man jegliche Ethik über Bord wirft und mit üblen Gesellen Geschäfte macht, erleben wir ja gerade in Form der Energiekrise. Deutschland hat einfach darüber hinweggesehen, dass die russische Regierung unter Wladimir Putin nicht wirklich einwandfrei unter rechtsstaatlichen und demokratischen Gesichtspunkten ist, und hat schön Geschäfte mit denen gemacht, weil es eben gerade lukrativ erschien. Den Salat haben wir dann jetzt gerade: Wegen der Sanktionen gegen Russland herrscht hierzulande Energienotstand.
Doch sollte man nun meinen, dass unsere Regierung daraus lernen würde? Nö, macht sie natürlich nicht. Der kurzfristige Gewinn schlägt eben nach wie vor mittel- bis langfristige Überlegungen, und wenn es dann um solche wenig greifbaren Sachen wie Anstand und Moral geht, dann zählen Zahlen in einer Excel-Tabelle im Zweifelsfall mehr.
So erleben wir gerade, dass Energiegeschäfte mit solch tollen Ländern wie Katar gemacht werden (s. hier), es werden munter Waffen an die Kopf-ab-Despoten in Saudi-Arabien geliefert, die damit nichts Besseres vorhaben, als die größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit im Jemen noch ein bisschen zu verschärfen (s. hier), und dann wird noch ein bisschen Infrastruktur im Hamburger Hafen an China verscherbelt (s. hier) – ja auch so ein richtiger Ausbund an Menschenfreundlichkeit und Basisdemokratie.
Nun ist nicht zu erwarten, dass mit den Mittelaltermonarchen aus den arabischen Ländern irgendwann keine Geschäftsbeziehungen mehr bestehen, denn die können sich ja schon seit langer Zeit alle möglichen Schweinereien erlauben, ohne dass das mal Konsequenzen hätte. Das sind halt „Freunde“ von uns und von den USA, da sieht man über so was gern großzügig hinweg.
Mit China ist das allerdings dann doch was komplett anderes, denn die werden ja schon seit einiger Zeit von den USA als Hauptrivale um die Position des globalen Hegemons Nummer eins ausgemacht, sodass sich die Stimmung zwischen beiden Ländern nicht verbessert hat. Und natürlich ist China nun auch alles andere als eine lupenreine Demokratie oder ein funktionierender Rechtsstaat, sondern ein totalitär-kleptokratisches staatskapitalistisches System, für das ich zumindest wenig Sympathien hege.
Da hätte man doch meinen sollen, dass aus der aktuellen wirtschaftliche Misere, die durch die Sanktionen gegen Russland bei uns ausgelöst wurde, vielleicht die Erkenntnis hätte reifen können, dass man mit autoritären Regimes, denen die USA nicht wohlgesinnt sind, besser keine umfassenden Geschäftsbeziehungen eingeht, oder?
Und so stelle ich mir ob des offensichtlichen Nichteintretens dieser Erkenntnis die Frage: Ist das einfach nur naive Kurzsichtigkeit? Oder steckt eventuell etwas anderes dahinter, nämlich Mutwilligkeit?
Wobei sich dann natürlich die Frage stellt, warum denn potenzielle Krisen in einer derartigen Weise befördert werden sollten. Na ja, Krisen haben eben immer auch Krisengewinner, und ob es nun Corona oder gerade der Ukraine-Krieg ist, die Nutznießer sind in erster Linie diejenigen, die ohnehin schon zur Lieblingsklientel neoliberaler Politiker gehören (s. hier und hier). Und damit wäre dann die Frage auch schon beantwortet.
Der Kapitalismus neigt ohnehin dazu, Krisen zu produzieren. Und da sich nun in den letzten Jahren herausgestellt hat, dass man mit dem Großteil der Bevölkerung dann umspringen kann, wie man es vonseiten der Herrschenden gern möchte (Finanzkrise 2008 und natürlich auch die eben schon genannten Krisen der Corona-Pandemie und aktuell des Ukraine-Krieges), um die eigene Agenda in Form von Umverteilung von öffentlichen Geldern und Normalbürgern hin zu den Vermögenden umzusetzen und gleichzeitig Überwachungs- und Repressionsinstrumente weiter auszubauen, finde ich die Vorstellung nicht abwegig, dass die Grundlage für weitere Krisen gelegt werden soll, die dann wieder in bewährter Manier ausgenutzt werden können.
Ein weiterer Vorteil solcher Krisen: Sie lenken von der eigentlich elementaren Krise unserer Zeit ab, der Klimakatastrophe. Hier würde nämlich ein effizientes Krisenmanagement bedeuten, dass man eben nicht so weitermachen kann wie bisher, sondern die destruktive neoliberale Agenda dorthin entsorgen müsste, wo sie auch hingehört: auf den Müllhaufen der Geschichte. Und das ist natürlich von den Betonkopfideologen nicht gewollt, sodass jede Ablenkung, mit der man die Bevölkerung beschäftigen kann, ausgesprochen willkommen ist.
Als wenn es nicht schon verwerflich genug wäre, dass Krisen nicht so aufgelöst werden, dass möglichst wenig Schaden für die Allgemeinheit entsteht, sondern dass es dabei immer nur um die Vermehrung des ohnehin schon obszönen Reichtums einiger weniger geht, so ergibt sich nun noch eine weitere und viel schlimmere Dimension: Die Klimakatastrophe wird nicht ernsthaft angegangen, da alle mit allen möglichen anderen Krisen beschäftigt sind. Und das wird dann wohl zur Zerstörung unserer Biosphäre und damit zum Ende des meisten Lebens auf diesem Planeten führen.
Aber solange derart verantwortungsloses politisches Handeln keine Konsequenzen hat und entweder immer wieder die gleichen Leute gewählt werden oder eben solche, die dieses politische Zerstörungswerk noch schneller fortsetzen wollen (wie die Rechtsextremen, die zurzeit weltweit von der stetig weiter um sich greifenden krisenbedingten Angst in immer größerem Maße profitieren), wird sich daran wohl auch nichts ändern.
Wenn man politisches Handeln neoliberaler Politiker (egal, welcher Parteicouleur) unter diesem Aspekt betrachtet, dann ist es deutlich besser verständlich und stringenter. Leider hat man dann in der Praxis zumindest mittelfristig nur nicht allzu viel von seinem besseren Verständnis …
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