Berlin 16.07.2021 #Medienkritik

Auch heute lässt mich das Infoangebot des WDRs nicht ganz los. Mittlerweile dehnte man zwar das Angebot der Informationen aus, dennoch bleibt eine Gruppe erneut vergessen: Menschen die auf Gebärdensprache angewiesen sind.

Hochwasser in NRW und das Versagen vom WDR
Während die privaten Medien wie Wuppertalradio, WELT TV oder NTV fast unermüdlich und in Marathonsendungen über das Hochwasser berichten, läuft beim ÖRR fast alles normal weiter. Bei den regionalen Informationen versagt der WDR erneut. Nichts aus der Katastrophe von 2014 gelernt.
Gestriger Artikel.

Hörangebot gut, Gebärdensprache mangelhaft

Das Angebot für hörende und sehende Menschen ist gut ausgeprägt und der Mittwochs-Mangel behoben. Nur eine gewisse Gruppe bleibt dennoch vergessen. Hörende Menschen, welche nicht Sehen können, haben wenigstens die Möglichkeit gewisse Informationen aus den TV-Beiträgen entnehmen zu können oder sie verlassen sich lieber gleich auf das Radio. Was jedoch machen Menschen, die auf die Gebärdensprache angewiesen sind? Gehörlose sind oft auf Dolmetscher (Übersetzer) angewiesen.
Oft heißt es dann schnell:
"Sie können doch lesen?!"
Was prinzipiell möglich ist, ist dennoch nicht immer so einfach. Wie Julia Probst auf Twitter zu bedenken gibt, sind viele Menschen dennoch auf die Gebärdensprache angewiesen: "Die Schriftsprache ist für die Mehrheit der Gehörlosen eine Fremdsprache".

2014 teilte der damalige ARD Vorsitzende Lutz Mamor mit, dass die Sendergruppe über 90 Prozent seines Angebotes mit Untertitelten bestücken würden. Nur bei Katastrophen ist es heute, wie damals, kaum Informationen für Gehörlose. Bei den Berichten der "aktuellen Stunde" oder "WDR extra" schafft man es nicht die Informationen wenigstens simultan mit Untertitelten zu verbreiten. Dennoch wäre auch dies nicht die Lösung für alle. Als Phönix gegen Mitte des Jahres 2013 die Begleitung der Tagesschau und des heute-journal in Gebärdensprache aufgeben wollte, begründete man dies mit Untertiteln. Schon damals verstand man nicht, dass die Schriftsprache eben nicht ausreicht. Es wäre so, als wenn die Tagesschau plötzlich nur noch in Englisch senden würde: Ein paar Leute würden die Inhalte zwar weiterhin verstehen, nur nicht mehr all. Nicht ohne Grund sorgte diese Ankündigung für einen heftigen Protest. Die Aussagen von Probst und anderen Aktivisten gilt jedoch seit dem weiter und daran ändert sich auch nichts.
Phönix behielt den Service bei. Ausgebaut wurde das Angebot dagegen kaum. Während der Pandemie gelangten viele Informationen auch erst über Umwege zu den Gehörlosen. Die Bundespressekonferenz wurde plötzlich landesweit live im Fernsehen übertragen und bei Phönix setzte man wenigstens teilweise auf Gebärdensprache.

R/DV/RS CC BY 2.0

Optimal ist die Versorgung jedoch nicht.
Bei Katastrophen, wie eben aktuell mit dem Hochwasser, bedarf es einem Informationsangebot für alle Menschen. Hier müssen möglichst alle Menschen informiert werden und es zeigt sich wie unsere Gesellschaft hinterherhinkt. Nicht nur bei der Rettung von behinderten Menschen zeigen sich wiederkehrende Probleme, sondern auch bei der Warnung von bestimmten Personengruppen. Die meisten Gehörlosen dürften selbst in der Lage sein sich in sichere Gebiete zu begeben, doch dafür bedarf es der Information. Fremdsprache ist in solchen Situationen nicht unbedingt die optimalste Möglichkeit. Der Öffentlich Rechtliche Rundfunk hat genug Sender und hier sollte sich wohl eine Möglichkeit finden lassen. Warum sendet man auf Phönix nicht gleich immer auch in Gebärdensprache? Das wäre zumindest ein Anfang. Bisher sind Gehörlose auf sich selbst und Angehörige angewiesen. Die öffentlich-zugänglichen Informationen reichen leider nicht aus. Andere Länder können dies besser und das nicht nur in der Kriese, sondern immer. Bei Wahlkampfveranstaltungen schaffen es fast alle US-Sender auch Dolmetscher mit an Bord zu haben. Und die BBC schafft es alles mit Untertitelten und  Gebärdensprache zu versehen.

Warum die ARD-Sender auf Untertitel setzten, wenn sie es tun versuchte der NDR auf Nachfrage des Tagesspiegel einmal zu erklären (2014) : "Damit erreichen wir die meisten Menschen: Schwerhörige, Gehörlose, Menschen mit Migrationshintergrund. Die Gebärdensprache wird nur von gehörlosen Menschen verstanden“.

Julia Probst, "Lippenleserin beim Fußball, aber auch im Krankenhaus und Film, Bloggerin & Aktivistin für Barrierefreiheit/Gebärdensprache. Drehbuchautorin. Mutter."

Und Ja, auch bei mir könnte die Versorgung mit Gebärdensprache besser sein, nur kann ich es mir nicht leisten meine Artikel in Gebärdensprache übersetzen zu lassen. Für Sehbeeinträchtigte gibt es ein Angebot auf Sound Cloud.

UPDATE 13:12 Uhr: Auf die Nachfrage nach Angeboten zur Gebärdensprache antwortete der WDR sehr allgemein: "Das WDR Fernsehen bietet eine Vielzahl von Sendungen mit Deutscher Gebärdensprache an. Mehr Informationen dazu finden Sie hier: https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/videos-dgs-100.html" Meine explizierte  Frage zur Gebärdensprache bei Live-Sendungen wurden leider nicht beantwortet. Allgemein wurde auf die Frage nicht eingegangen.

Schaut man sich die Webseite an stellt man schnell fest, dass die aktuellen Informationen über das Hochwasser vom 15.07.2021 sind. Aktuellere Informationen sind dort nicht zu finden.

Über die Mediathek der ARD lassen sich weitere Sendungen in Deutsche Gebärdensprache (dgs/DGS) abrufen. Der MDR stellt die aktuellste Sendung von MDR um 11 bereit. Die neuste Beteiligung des WDR sind hier vom 15.07.
Schnellere Informationen bereit zustellen geht im ÖRR also doch.

Update 14:14 Uhr: Auf die Antwort des WDRs reagierte ich mit zwei weiteren Fragen: "Warum bietet der WDR keine aktuellen Informationen an? Wie lange dauert es bis Sendungen in DGS zur Verfügung gestellt werden?"

Die Antwort drauf eher kurz und allgemein. Der WDR würde die Sendungen "schnellstmöglich zur Verfügung" stellen und auf Grund der aktuellen "Situationen" könnte diese "vielleicht etwas länger" dauern. Der WDR bittet dabei um Verständnis und ich muss den Gehörlosen lieber den MDR empfehlen.
Wer in seinem Fernsehgerät HbbTV hat, kann gewisse Sendungen live darüber in DGS empfangen. Laut einer ARD-Webseite sollen alle ARD Brennpunkt so mit Gebärdensprache ausgestattet sein. Alle anderen schauen so weiter in die Röhre.

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