«Die Klimakrise ist eine Krise der Kinderrechte», titelt das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF den «Children’s Climate Risk Index», der in Kooperation mit den Klimaaktivisten von Friday for Future erarbeitet worden ist. Er veranschaulicht auf einer Weltkarte, wo auf der Welt Kinder am stärksten den Gefahren des Klimawandels ausgesetzt sind. Es sind, einmal mehr, die Ärmsten der Armen. Deren Zahl wird in den 33 am meisten betroffenen Ländern auf fast eine Milliarde geschätzt.
Selten ist die Ungerechtigkeit und Ungleichheit dieser Welt so anschaulich gemacht worden wie mit der politischen Weltkarte des «Childrens’s Climate Risk Index». Je dunkler der Farbton eines Landes, desto stärker sind die Kinder von den Folgen des Klimawandels betroffen. Am dunkelsten eingefärbt sind die sich um den Äquator gruppierenden Länder Afrikas, das küstennahe Bangladesh, aber auch Gebirgsländer wie Afghanistan. Es sind alles Staaten, in denen die Armut grassiert und in denen Kinder einen besonders schweren Stand haben. In Afghanistan, einem stark agrarisch geprägten Land, haben Dürren und Überschwemmungen gleichermassen Ernten zerstört und Menschen hungern lassen. Die schlimmste Dürre der jüngeren Geschichte forderte im Westen des Landes 2018 1’700 Menschenleben. Zehntausende wurden zu Klimaflüchtlingen. Ein Drittel der knapp 40 Millionen Afghaninnen und Afghanen können sich, wenn sie aufwachen, nicht sicher sein, ob sie an diesem Tag etwas zu essen haben. Für Zehntausende perspektivlose junge Männer wurde das Angebot der Taliban, für ein paar Dollar Söldnerdienste zu leisten, verlockend. Zugleich förderten die islamistischen Gotteskrieger den Opiumanbau. Die Pflanze kommt besser zurecht mit dem Klimawandel als die traditionellen Brotfrüchte wie Granatäpfel oder Trauben. Das Geld für ihre Kriegführung verdienten sie dabei nicht nur mit dem Schmuggel, sondern auch mit Opiumsteuern, die sie den Bauern abverlangten.
Rund eine Milliarde Kinder leben in den 33 am meisten von der Klimakrise betroffenen Ländern. Etwa Nkosilathi Nyathi aus Zimbabwe, der in einer Videobotschaft davon spricht, wie sehr ihn der Klimawandel persönlich betreffe. In seinem Dorf müssten sich alle mit dem nicht mehr vorhersagbaren Wetter herumschlagen. «Wenn das so weitergeht, bringt uns das in ernsthafte Schwierigkeiten. Dabei sind junge Menschen doch die wertvollste Ressource der Welt. Ich rufe Politiker und Entscheidungsträgerinnen auf, mit uns in allen Entwicklungsfragen und überhaupt über die Zukunft zu sprechen. Weil es ohne uns nichts geben kann für uns.» Sein Appell ist auch vor dem Hintergrund berechtigt, dass der Klimawandel nicht in den Armenhäusern der Welt vorangetrieben wird. Die 33 Staaten zeichnen gerade für neun Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, während die zehn grössten Emittenten zusammen 70 Prozent verursachen. Unter ihnen findet sich auch das Schwellenland Indien, das sieben Prozent verursacht, dessen minderjährige Bevölkerung aucer auch besonders unter dem Klimawandel leidet. In Indiens ländlichen Gebieten grassiert die Armut eines Entwicklungslandes, während in den städtischen Räumen das Land sich rasant entwickelt, auch auf Kosten von Umwelt und Klima. Die 1,8 Tonnen CO2 pro Kopf, die in Indien emittiert werden, liegen zwar weit hinter jenen von entwickelten Staaten zurück, der Abstand zu den ärmsten Ländern ist aber fast genauso gross. In Bangladesh etwa ist es nicht einmal eine halbe Tonne. So ungleich die CO2-Emissionen, so ungleich der Wohlstand, so ungleich sind auch die Perspektiven für die Jugend in den ärmsten Ländern. Der Klimawandel und dessen Folgen macht deren Vorankommen nochmals schwieriger. Das Schreckensszenario rückt mehr und mehr in Sichtweite: Millionen Klimaflüchtlinge.
Die nächste Gelegenheit, endlich wirksam Gegensteuer zu geben, ist der Klimagipfel in Glasgow im November. UNICEF-Direktorin Henrietta Ford verlangt im «Guardian», dass «Kinder und junge Menschen als die rechtmässigen Erben dieses Planeten betrachtet werden, auf dem wir alle zusammen leben.» Die Klimaaktivisten Greta Thumberg lässt es nicht beim Appell bewenden. «Wir sind nicht einfach die Opfer, wir führen auch den Kampf gegen den Klimawandel. Aber die Welt betrachtet die Klimakrise noch immer nicht als Notfall. Wir reden nur und üben uns im Greenwashing anstatt tatsächlich etwas zu tun. Anderseits sind heute Millionen Menschen achtsam, vor allem junge Leute, und das ist ein ganz wichtiger Schritt.» Die Klimajugendbewegung Fridays for Future ruft für den 24. September zum Klimastreiktag auf – weltweit.