Olaf Scholz (SPD) wurde ja schon, nachdem er sein Amt antrat, als „Klimakanzler“ bezeichnet (nur zur Erinnerung: So wurde Angela Merkel damals auch betitelt – man hat dann ja gesehen, dass das null Substanz hatte), und die Ampelkoalition wurde, vermutlich auch durch die Beteiligung der Grünen, als Regierung angesehen, die nun endlich mal was gegen die Klimakatastrophe unternehmen würde. Für mich wenig überraschend offenbart sich nun, nach gut einem halben Jahr, dass es damit leider überhaupt nichts auf sich hat.
Scholz und die Klimaaktivisten
Symptomatisch dafür ist, dass Olaf Scholz doch kürzlich auf dem Katholikentag protestierende Klimaaktivisten indirekt, aber eindeutig mit den Nationalsozialisten gleichsetzte (s. hier). Wow – so was Plumpes kannte man bisher eigentlich nur von AfDlern oder rechten Kreisen aus CDU und FDP. Und auch das, was er da sonst noch bei dieser Veranstaltung zu dem Thema zum Besten gab, zeugt von einer reichlich vorgestrigen Haltung und wenig Realitätssinn für die Klimakatastrophe, dafür aber von umso mehr Diffamierungswillen in Bezug auf Klimaaktivisten. So betonte Scholz die Relevanz der Arbeitsplätze in der Kohleindustrie, die zurzeit wesentlich weniger sind, als in den letzten Jahren in der Erneuerbare-Energien-Branche verloren gegangen sind durch eine Regierungspolitik, welche die Energiewende nicht nur ausgebremst, sondern regelrecht sabotiert hat.
Und dann unterstellte der Kanzler den Klimaaktivisten auch noch eine manipulative Inszenierung. Nur mal zur Erinnerung: Der Typ, der sich im Wahlkampf als „Kanzler für Klimaschutz“ inszeniert hat, wirft nun denjenigen, die ihn auf dem Stand der Wissenschaft daran erinnern, vor, das nur als Schauspiel zu betreiben, um unlautere Beeinflussung auszuüben. Geht’s noch schäbiger?
Entsprechend fand die bekannte Klimaaktivistin Luisa Neubauer auf Twitter auch deutliche Worte der Kritik an Scholz' Äußerung, so z. B.:
Und das ist in der Tat ein Skandal sondergleichen, wie ich finde, und eigentlich sogar ein Rücktrittsgrund, denn man kann Scholz hier nur mal wieder komplett politische Unreife und Überforderung mit seinem Amt als Bundeskanzler attestieren. Na ja, das hätte man auch vorher wissen können, wie ich ja bereits in einem Artikel über ihn vor der Bundestagswahl im letzten Jahr beschrieb. Eben ein Karrierist und Wahrheitsverdreher, wie er im Buche steht.
Auch wenn Scholz versucht, Arbeitsplätze und damit soziale Aspekte und Klimaschutz gegeneinander auszuspielen, ist das nicht nur ewiggestriger Resterampen-Populismus, sondern zudem im hohen Maße unglaubwürdig. Natürlich ist es wichtig, einen ökologischen Umbau unserer Gesellschaft und Wirtschaft sozial verträglich zu gestalten, aber glaubt denn allen Ernstes jemand, dass Agenda-Olaf, der am größten Sozialstaatsabbauprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik maßgeblich beteiligt war, auch nur ansatzweise ein Interesse an sozialer Gerechtigkeit haben könnte?
Insofern ist da durch seine widerwärtige Verbalentgleisung nun nur ans Tageslicht geblubbert, was eh schon die ganze Zeit in Scholz vorhanden war: kein Interesse an Klimaschutz, sondern sich rein als Vertreter von Wirtschaft und Finanzindustrie verstehend. Wirksame Klimaschutzpolitik wird es mit diesem Kanzler also in jedem Fall nicht geben – das sollte spätestens jetzt jedem klar sein.
Die Grünen als Klimaschützer?
Aber da sind ja noch die Grünen, und die sind doch schließlich die Partei schlechthin, wenn es um Umwelt- und Klimaschutz geht, oder?
Na ja, geht so … Dazu muss man sich nur mal anschauen, was die Grünen denn auf Landesebene, wenn sie in (Mit-)Regierungsverantwortung waren, so alles verzapft haben: In Hamburg wurde die Dreckschleuder Moorburg gebaut und die Elbe ausgebaggert, in Hessen der Frankfurter Flughafen ausgebaut und der Dannenröder Forst zur Teilabholzung für einer Autobahn freigegeben, in Nordrhein-Westfalen die Abholzung des Hambacher Forst mitbeschlossen, und in Baden-Württemberg macht Winfried Kretschmann als Ministerpräsident seit Jahren Politik direkt aus dem Rektum von Daimler heraus und bremst den Ausbau von Windenergie aus, wo es nur geht.
Grünen-Anhänger und -Politiker reden sich das dann übrigens immer gern damit schön, dass das ja realpolitische Zwänge seien und man eben Kompromisse eingehen müsse. Da frage ich mich dann allerdings, warum bei den Grünen offensichtlich nur solche luschigen Verhandlungsnieten am Start sind, dass sich deren Koalitionspartner ja immer mit ihrer Anti-Klimaschutzpolitik durchsetzen können. Oder sollten die Grünen eventuell gar kein Interesse an Klimaschutz haben, sondern sich auch als Handlanger der Industrie verstehen? Na ja, überraschend wäre das nicht, wenn man sich anschaut, was ich bereits im April 2019 in einem Artikel über einen Spiegel-Beitrag des Grünen Ralf Fücks geschrieben habe, der sich dort schon als reichlich wirtschaftsliberal outete.
Hätte man also wissen können, dass sich die Grünen vor allem auf Ökopopulismus verstehen, um so die naiven Wähler abzugreifen, die ein bisschen mehr Klima- und Umweltschutz eigentlich ja doch ganz knorke fänden, aber im Grunde doch nichts ändern wollen, weil es ihnen selbst ja durchaus prima geht. Denn auch das habe ich ja bereits vor etwa drei Jahren in einem Artikel festgestellt: Ohne eine Änderung oder zumindest Infragestellung des Kapitalismus mit seinem Wachstumsdogma wird auch kein wirklich effektiver Klimaschutz möglich sein. Dass dürften die grünen Parteigranden auch wissen – und dennoch bekommt man von ihnen keinerlei Systemkritik zu hören.
Allzu deutlich sieht man das auch an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Nicht nur, dass er nun allzu gern in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) LNG-Terminals zum Import von (Fracking-)Gas bauen lassen will (s. hier), was ihm zumindest reichlich Widerspruch von Umweltschutzverbänden einbringt, auch ansonsten ist ihm und seiner Partei offensichtlich nicht wirklich an relevanten Klimaschutzmaßnahmen gelegen, wie in einem brillanten Beitrag von Die Anstalt (ZDF) sehr gut auf den Punkt gebracht wird: Das gesamte Klimaschutzprogramm der Ampelregierung ist mehr als untauglich, um das 1,5-Grad-Ziel auch nur ansatzweise zu erreichen (wie anhand von eindeutigen Zahlen belegt wird), und die Verweigerung, hier wirklich voranzukommen, indem beispielsweise langwierige Ausschreibungsverfahren abgeschafft werden, wird auch trefflich dargestellt. Und wenn dann noch hinzukommt, dass nun die EEG-Umlage quasi zu einer Beihilfe umgewandelt werden soll, die dann laut EU-Recht erst mal zeitaufwendig überprüft werden muss, wird klar, dass dieser Regierung nichts am Klimaschutz liegt.
So sehr man bei dem Video über die vortreffliche Persiflierung von Habecks Stammelstil auch lachen kann, so sehr bleibt einem das Lachen dann ob des dargestellten offensichtlichen Versagens der Grünen beim Klimaschutz im Halse stecken. Aber was soll man im Grunde auch von einer Partei erwarten, die eine Bundesregierung zusammen mit der FDP bildet?
Die FDP als Totalverweigerer
Dass die FDP eine korrupte Partei ist, die nur für ihre Klientel aus Besserverdienenden, Vermögenden und Wirtschaft Politik macht, ist ja nun nichts Neues. Und dass mit denen auch kein Klimaschutz möglich sein würde, war spätestens dann klar, als ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen schon im Zuge der Sondierungsverhandlungen vom Tisch war.
Dass nun allerdings diese Partei ausgerechnet das aus Klimaschutzsicht so wichtige Bundesverkehrsministerium bekommen hat, setzt dem ganzen dann echt noch die Krone auf. Eine Verkehrswende ist somit in den nächsten dreieinhalb Jahren noch nicht mal ansatzweise zu erwarten – wie denn auch bei einem Bundesverkehrsminister Volker Wissing, der von vornherein klarmachte, dass er sich als „Anwalt der Autofahrer“ sehen würde (s. hier) – und natürlich damit auch (und vor allem) als Anwalt der Autoindustrie.
Dementsprechend agiert Wissing auch in seinem Amt, indem er teilweise hanebüchene Ausreden erfindet, um so um ein Tempolimit, das immerhin eine deutliche Mehrheit der Deutschen befürwortet, herumzukommen. Das sei nämlich laut ihm gar nicht umsetzbar:
Da frage ich mich doch, für wie dämlich dieser Typ seine Wähler eigentlich halten muss. Obwohl: Bei FDP-Wählern kann man das ja nie wissen …
Dabei wäre ein Tempolimit auf Autobahnen eine sehr schnell und unkompliziert umsetzbare Maßnahme, die neben einer Ersparnis von CO2-Emissionen auch noch zu weniger Verkehrstoten führen würde. Aber egal, was da kommt, Wissing bleibt bei seinem Kurs, wie auf der Facebook-Seite von Campact dargestellt wird:
Wenn man also durch eine solche Personalie quasi die Verkehrspolitik beim Klimaschutz außen vor lässt, dann kann es einem ja nun nicht allzu ernst damit sein, die Klimakatastrophe noch irgendwie abzuwenden, oder?
Genauso eine Absurdität wie die wissingsche Blockadehaltung ist der Tankrabatt, der nun auf Betreiben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für drei Monate eingeführt wurde. Das ist nicht nur klimapolitisch fatal, sondern auch ein Geschenk für die Mineralölindustrie und diejenigen, die große Spritfresser fahren – und davon vielleicht sogar gleich mehrere besitzen. Also die typische FDP-Klientel. Dass Ökonomen aller Couleur diese Maßnahme auch noch als kompletten Unsinn und kontraproduktiv bezeichnen (s. hier), zeigt dann erneut zwar, dass die FDP null Wirtschaftskompetenz hat – aber das ändert ja auch nichts daran, das solcher Mumpitz dann dennoch umgesetzt wird.
Da sich also die FDP als kleinster Koalitionär zurzeit offenbar bei der Klimapolitik komplett durchzusetzen scheint, sodass eben genau die Weiter-so-Politik betrieben wird, die bei dem stetig knapperen Zeitfenster hin zur Klimaneutralität gerade nicht praktiziert werden sollte, kann man sich schon mal fragen, wie ernst es denn den beiden anderen Koalitionspartner mit dem Klimaschutz ist. Aber wie schon weiter oben vermutet: Die scheinen sich ja ganz gern von der FDP am Nasenring durch die Manege führen zu lassen, sodass man Lindners Trümmertruppe dann schön als Feigenblatt gegenüber den eigenen Wählern verwenden kann: „Ja, wir wollten ja mehr Klima- und Umweltschutz, aber die FDP …“
Und somit bewahrheitet sich gerade genau das, was ich schon im Oktober letzten Jahres in einem Artikel zu einer möglichen Ampelkoalition geschrieben habe. Somit können sich SPD und Grüne dann auch nicht rausreden, dass man das so ja eigentlich nicht ahnen konnte. Doch, konnte man – und das ist nichts anderes, als sehenden Auges ins Verderben zu laufen und einen Großteil der eigenen Wähler, die den Wahlversprechen und dem Gerede von mehr Klimaschutz tatsächlich Glauben schenkten, so richtig vor den Kopf zu stoßen.
Dir gefällt, was Karl Haas schreibt?
Dann unterstütze Karl Haas jetzt direkt: