„Bevor ich mich zur ewigen Ruh
lege, hört mir nochmal zu.“
So sprach der alte Graf ganz leise,
noch kurz vor seiner Ahnenreise.
Die Kinder kamen angereist,
zum alten Vater, der vergreist,
bevor sie dann am end verwaist,
was sein Zustand schon beweist.
Es waren seiner Kinder Vier,
die standen an dem Bette hier.
Sie weinten schon einmal im Wissen,
ihn zukünftig dann zu vermissen.
„Er war der Liebste auf der Welt.“,
schluchzte Gerda voller Leid,
bereits in der Vergangenheit.
Doch dachte sie nur an sein Geld,
was sie bald erblich dann erhält.
Auch ihre Brüder, Lutz und Thor,
beflaggt bereits mit Trauerflor,
stand es geschrieben im Gesicht,
wann löscht der Alte denn sein Licht?
Zum Jubeln war es noch zu früh,
der Alte lebte, gab sich Müh
noch etwas durchzuhalten
und etwas später zu erkalten.
Auch Trudchen, die die Jüngste war,
die spielt die Trauer wunderbar.
Es war ein Jammern, war ein Werben,
sie wollte doch am meisten erben.
Dafür war ihr Theater groß,
Oscar-reif und ganz famos.
Am Totenbett stand dann noch da,
sein Anwalt Doktor Wunderbar.
Und auch sein Arzt, Professor Klein,
schon in der Hand den Totenschein,
mit Datum, Unterschrift, schön fein,
es musste nur die Uhrzeit rein.
Seit Stunden nun und meist stumm,
standen alle da herum.
Sie warteten auf das banale
und das totale great Finale.
Der alte Graf, so der Befund,
war jedoch ein zäher Hund.
Der Sensenmann, der unsichtbar,
bereits in seinem Zimmer war,
der machte eine böse Miene,
er hatte schließlich noch Termine.
Dem Arzt wurd langsam flau im Magen,
dem man die Schuld gab und Versagen,
warf man ihm schließlich vor,
rief der ganze Erbenchor.
Er würde schließlich immer werben,
für ein humanes, sichres Sterben.
Jetzt stellt es fest der ganze Clan,
der Arzt ist nur ein Scharlatan.
Der Graf müsste längst auf Wolken wandeln,
doch der Arzt tat ihn falsch behandeln.
Durch dieses grobe Fehlverhalten
verzögert sich der Tod des alten.
Die Nacht bricht an, der Graf will essen,
heut kann mans Sterben wohl vergessen.

Jetzt eilen alle in die Betten

und werden wohl auf morgen Wetten.

Am nächsten Morgen, mit etwas Kuchen,

wollte man den Graf besuchen.

Doch als man an dem Bette stand,

da fandens alle allerhand, ⁣
denn das Sterbebett war leer.
Der Graf, der krank doch war so sehr,
der stand in einem Gartenbeet,
wo er entspannt die Blumen sät.
„Hallo ihr alle!“, ruft er sichtlich bewegt,
„ich hab`s mir nochmal überlegt.“
Nun wird es schmerzlich allen klar,
der Alte wird wohl hundert Jahr.
Moral:
Will man erben Münzen, Schein,
muss man sehr geduldig sein.

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