Emissionsrechte im Wert von knapp 700 Millionen Europa haben die europäischen Airlines im vergangenen Jahre gutgeschrieben erhalten. Lufthansa, Easy Jet, Air France und SAS haben sie nur zum Teil beansprucht. Auch wenn sie diese rückerstatten müssen, so zeigt sich, dass mit diesen Massnahmen zur Absenkung der Klimagasemissionen kein Staat zu machen ist. Wenn die Luftfahrt bis 2050 klimaneutral werden soll, muss an allen Ecken und Enden angesetzt werden.

Ein Airbus A350 hebt ab. Er braucht rund einen Fünftel weniger Kerosin als das Vorgängermodell. Beeindruckend, aber viel zuwenig, um das Klimaziel zu erreichen. (Bild:soosjozsef)

28 Millionen Tonnen CO2 sind im Jahr 2021 nach Berechnungen der Denkfabrik Transport & Environment im europäischen Luftverkehr in die Luft gepustet worden. Das mag man angesichts von 1,34 Milliarden Tonnen, also etwas das Fünfzigfache, die der Verkehr an Land ausstösst, als vernachlässigbar erachten. Allerdings lässt diese Berechnung den Interkontinentalluftverkehr, der von Europa ausgeht, komplett ausser Acht. Er macht rund 60 Prozent aller Emissionen des Flugverkehrs aus. Zugleich wuchsen die Emissionen des Luftverkehrs bis zum Ausbruch der Covid 19 – Pandemie weit stärker, und es sieht ganz danach aus, dass der Wachstumskurs fortgesetzt wird. Darauf nimmt das Emissionshandelssystem der Europäischen Union und der assoziierten Länder, unter ihnen die Schweiz, viel zu wenig Rücksicht, sieht dieses doch einen Rückgang der Emissionsrechte um jährlich nur 2,1 Prozent und die Vergabe von freien Emissionsrechten vor. Andrew Murphy, bei Transport & Environment zuständig für den Luftverkehr, kritisiert, dass die Europäische Union, die sich als global führend im Emissionshandel betrachte, die Luftfahrt viel zu lange zu billig habe davonkommen lassen. Von Kostenwahrheit könne deshalb keine Rede sein. «Die EU muss der Praxis der Vergabe von faktisch straffreien Verschmutzungsrechten ein Ende setzen.» Im Rahmen des «Fit for 55» - Plans soll bis 2027 die freie Abgabe von Verschmutzungsrechten auf Basis des Vorjahresverbrauchs abgeschafft und durch ein System ersetzt werden, das eine jährliche Reduktion von 4,2 Prozent vorsieht, die Verschmutzungsrechte müssen dazu gekauft werden. Ausgeklammert bleibt dabei nach wie vor der internationale Flugverkehr – primär wegen befürchteter Wettbewerbsnachteile. Airlines, die interkontinentale Flüge anbieten, müssen diese Emissionen, die rund vier Fünftel der gesamten Emissionen ausmachen, deshalb auch künftig nicht bezahlen.

Wie damit das Ziel der CO2-Neutralität bis 2050, zu dem sich inzwischen auch die Luftfahrtbetreiber bekennen, erreicht werden soll, bleibt schleierhaft. Es kann unter diesen politischen Rahmenbedingungen faktisch nur freiwillig angestrebt werden. Und danach sieht es gar nicht aus. So sind die Motoren technisch nahezu ausgereizt, markante Treibstoffeinsparungen sind nicht mehr zu erwarten. Die jüngste Generation, etwa die Langstreckenjets Airbus A 350 oder Boeing 787, schaffen gegenüber ihren Vorgängern eine Reduktion von rund einem Fünftel, weshalb diese nun beschleunigt ersetzt werden sollen.  Doch das kann nur der Anfang sein, zumal auch die neuen Flieger angesichts von einer erwarteten Einsatzdauer von 25 Jahren vorzeitig zu Dreckschleudern  mutieren werden. Einen kleinen Beitrag werden Elektroflugzeuge leisten können, erste Prototypen lassen erhoffen, dass zumindest im Kurzstreckenverkehr mit einer wegen des hohen Gewichts beschränkten Anzahl Passagieren an Bord ein Batteriebetrieb möglich sein könnte. Alternative, Treibstoffe, die derzeit gerade ein Prozent des Bedarfs decken, sollen in der Europäischen Union bis 2030 fünf Prozent decken. Doch das kann nur ein kleiner erster Schritt sein. Die Branche hofft inständig, dass ab Mitte der 2035er-Jahre Flugzeuge, die mit Wasserstoff betrieben werden, abheben. Sinn macht das allerdings nur, wenn dieser Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen hergestellt wird. Auch davon ist die Industrie noch meilenweit entfernt. Es gäbe zumindest auf europäischem Boden eine gute Alternative: Die Bahn. Der Verkehrsclub Deutschland hat den Zugverkehr in Europa unter die Lupe genommen und kommt zum Schluss, dass es zumindest zwischen den grossen Städten sowohl zeitlich als auch preislich – sofern man früh bucht - attraktive Angebote gibt, allerdings in sehr überschaubarer Zahl. Die derzeitigen Kapazitäten reichen bei weitem nicht, um mehr als einen kleinen Teil des Flugverkehrs zu kompensieren. Es mangelt insbesondere an international koordinierten Taktfahrplänen und mehr Zügen. Mangelhaft ist auch das Angebot an Nachtzügen. Und es mangelt an einer Buchungsplattform, auf der alle Angebote des öffentlichen Verkehrs online gebucht werden können. Internationale Bahntickets müssen so einfach zu buchen sein wie ein Flugticket – auf Mausklick.