Dass die USA gerne Weltpolizei spielen, ist etwas was keineswegs neu wäre, sondern wurde schon im Film „Team America: World Police“ gnadenlos persifliert. Nachdem der Westen, immer angeführt durch die Vereinigten Staaten, infolge des Kollapses der Sowjetunion den kalten Krieg faktisch gewonnen hatte, begann eine Ära, die von der praktisch unangefochtenen geopolitischen Herrschaft der USA gezeichnet war, bis zu eben diesem Zustand, worin die USA im Grunde als Weltpolizei agierte, obgleich sie hierbei zumal als Richter, Geschworener und Henker fungierte: Die USA diktierte die sog. „regelbasierte Ordnung“, entschied selbständig ob jemand dagegen verstossen hatte, und ergriff die dann erforderlichen Massnahmen, angefangen mit Sanktionen, und bis hin zu dem, was man in Neusprech „unprovozierten Einmarsch“ nennen würde.
Doch seitdem ist einige Zeit ins Land gegangen, und die Zustände haben sich etwas verändert. Innert weniger Jahrzehnte hat sich China zu einer der grössten Wirtschaftsmächte der Welt entwickelt, während Japan, einstmals der aufsteigende Stern der Weltwirtschaft, seit den 80er Jahren Stagnation erlebt. Mittelost konnten die USA nicht in ihren Klauen halten; trotz Putschen und Invasionen der zumeist von den USA selbst eingesetzten Diktatoren ist ein Grossteil der bedeutenderen Staaten dieser Region fundamentalistischen Autokratien verfallen. Ähnlich geschieht es in Lateinamerika, dem Vorgarten der USA, wo ihre Klientelstaaten nur noch apathische Beziehungen zu ihrem nördlichen Nachbar unterhalten. Und die Situation mit Russland, welches ohne weiteres Teile des amerikanischen Vorposten Ukraine annektiert hat, ohne dass sich die USA getraut hätten, eigenhändig einzugreifen, spricht bände.
Während die geopolitische Vollmacht der USA merkbar rückläufig ist, wird die zunehmende, selbstverschuldete Isolation der USA ersichtlich. Zugleich übt sich gerade Russland in der Diplomatie, unterhält gute Beziehungen zum wirtschaftlichen Behemoth China, treibt regen Handel mit dem anderen Koloss Indien, findet auch in Lateinamerika Handelspartner und einigte sich jüngst mit den OPEC Staaten auf eine Reduktion des Ölvolumens. Eine beachtliche Leistung, für ein Land, das, glaubt man dem Gefasel der Leitmedien, von der ganzen Welt isoliert sein soll.
Und es scheint gerade die Gewohnheit der geopolitischen Vollmacht, welche nun den USA zu schaden kommt: Die Konfrontation mit Russland hat zwar vor allem Europa wirtschaftlich getroffen, aber hiermit auch den wichtigsten Vasallenstaaten der USA einen gehörigen Hieb verpasst. Die amerikanische Wichtigtuerei scheint in Mittelost kaum noch Anklang zu finden, dass man sich hier kurzerhand auf die Seite des derzeitigen Erzfeindes Russland gestellt hat. Und gerade die Beziehungen zu China, welches sich weitgehend dank amerikanischer Auslagerung als Wirtschaftsmacht etablieren konnte, erleben aufgrund der Taiwan-Provokationen eine starke Abkühlung. Man darf sich fragen, zu welchen Staaten, die nicht zu den traditionellen US-Vasallen gehören, die Amerikaner überhaupt noch gute Beziehungen hegen. Ein Paar Länder von zweitrangiger geopolitischer Bedeutung werden sich vielleicht noch finden, aber keine der wichtigen Akteure. Und anstatt dass dies eine Lektion in Demut darstellen würde, doppeln die Hawks, welche de facto die Aussenpolitik der USA diktieren, nach, und spielen weiterhin die rolle des geopolitischen Raufboldes, immer der Auffassung folgend, dass man den Rest der Welt dazu drangsalieren kann, den amerikanischen Interessen nachzugehen.
Was also bis vor kurzem die unanfechtbare Stärke der USA ausmachte, wendet sich nun zur selbstzerstörerischen Angewohnheit, welche nach und nach deren Einfluss erodiert. Zugleich hat der amerikanische modus operandi, seine Vasallen immer unten zu halten, sodass diese bloss nicht zur Konkurrenz für deren Vorherrschaft werden könnten, wie man besonders im Fall von Deutschland und Japan erkennen kann, das eigene Einflussgebiet geschwächt. Die schlussendliche Ironie in diesem Niedergang des amerikanischen Imperiums ist dass der vergebliche Versuch, seine Feinde zu isolieren, zu nichts anderem als zur eigenen Isolation geführt hat.