In manchen Ländern läuft das Leben inzwischen beinahe wieder normal, in anderen häufen sich die Todeszahlen. Eine Analyse zeigt nun auf, wer bisher am besten und wer am schlechtesten durch die Pandemie gekommen ist.

Das australische Lowy Institut in Sydney hat analysiert, wie einzelne Länder bisher mit der Pandemie umgegangen sind und wer dabei den größten Erfolg hatte. Dabei stellte der unabhängige Think Tank fest, dass es keinen großen Unterschied zwischen reichen und ärmeren Ländern gibt und autoritäre Regime keine Vorteile gegenüber Demokratien haben.

Am besten hat laut der Forscher des Instituts Neuseeland die Pandemie eingedämmt. Die Inselnation im Pazifik setzte von Anfang an auf die sogenannte Eliminierungsstrategie: Also null Infektionen in der Gesellschaft. Dafür wurden früh die Grenzen geschlossen, ein Quarantänesystem für Rückkehrer eingeführt und das Virus im Land mit einem harten, siebenwöchigen Lockdown ausgemerzt, den die Gesundheitsbehörden mit effektiver Kommunikation ankündigten und begleiteten.

Vergleich Neuseeland(hellblau), Thailand(pink), Deutschland(grün), Schweden(dunkelblau) und USA(lila)

Erfolgsgeschichten der Pandemie

Neben Neuseeland schnitten auch Vietnam, Taiwan und Thailand besonders gut ab. Vietnam zwang betroffene Regionen in die Quarantäne und sperrte sogar Straßen, in denen infizierte Menschen lebten, komplett ab – etwas, das Menschenrechtsorganisationen kritisierten. Auch das Tragen von Gesichtsmasken war bereits ab Mitte März 2020 Pflicht. Taiwans Erfolg hängt dagegen eher mit seiner Erfahrung mit dem Sars-Virus zusammen. Das effektive Gesundheitsnetzwerk des Landes aktivierte Tests, Quarantäne und Kontaktverfolgung in rasanter Geschwindigkeit und musste bisher auf keinen nationalen Lockdown zurückgreifen.

Auch Thailand hat ein starkes Gesundheitsnetzwerk, doch der Erfolg des Landes lässt sich vor allem auf eine Heerschar freiwilliger Helferinnen zurückführen, die in den einzelnen Ortschaften und Stadtteilen Aufklärung betrieben, Masken und Desinfektionsmittel verteilten und Menschen mit Symptomen zum Testen und in die Quarantäne schickten.

Wird die „Kultur des Individualismus“ dem Westen zum Verhängnis?

Andere positive Beispiele sind Zypern, Ruanda, Island, Australien, Lettland und Sri Lanka. Ruanda, das etwas über ein Vierteljahrhundert nach dem Völkermord gerne als afrikanische Erfolgsgeschichte porträtiert wird, ist das einzige afrikanische Land in den „Top Ten“. Agnes Binagwaho, die Architektin des Gesundheitssystems des Landes, sagte dem medizinischen Fachjournal BMJ im Dezember, dass ihre Landsleute dem Gesundheitssystem vertrauten. Dies sei essenziell, wenn eine Regierung die Grenzen schließe und alle nach Hause schicke. „Covid-19 hat gezeigt, dass die westliche Welt und der globale Norden nicht die besten bei allem sind“, sagte sie und gab der „Kultur des Individualismus“ und dem „Mangel an Solidarität“ die Schuld dafür.

Viele europäische Länder landeten tatsächlich eher im Mittelfeld oder sogar im letzten Drittel. Schweden schaffte es mit seinen in Teilen umstrittenen Konzepten auf Platz 37, Österreich (42), die Schweiz (53), Deutschland (55) und Italien (59) bildeten das Mittelfeld, während Großbritannien (66), Frankreich (73) und Spanien (78) nochmal deutlich schlechter abschnitten. Als „Verlierer” der Pandemie nannte das Institut die USA auf Platz 94, gefolgt von Iran, Kolumbien, Mexiko und Brasilien. China bewertete das Institut aufgrund mangelnder Daten nicht.

Einwohnerzahl spielt eine Rolle

Herve Lemahieu, einer der Experten des Lowy Instituts, erklärte dem australischen Sender ABC, dass die Analyse ergeben habe, dass Länder mit einer geringeren Einwohnerzahl Covid-19 in der Regel wirksamer bekämpft hätten. „Länder mit weniger als zehn Millionen Einwohnern erwiesen sich im Durchschnitt als agiler“, sagte er. Laut der Forscher des Instituts haben viele Länder mit den gleichen Instrumenten zur Eindämmung des Virus gearbeitet – Ausgangssperren oder Grenzschließungen. Letztendlich hing der Erfolg aber wohl eher davon ab, wie die einzelnen Regierungen ihre Bürger davon überzeugen oder wie gut sie sie zwingen konnten, diese Maßnahmen einzuhalten.

Trotzdem hatten Länder mit autoritären Modellen keinen dauerhaften Vorteil bei der Unterdrückung des Virus. Denn auch wenn viele Demokratien einen schwierigen Start gehabt hätten, wie es in der Analyse heißt, so hätten sie insgesamt doch geringfügig mehr Erfolg als andere Regierungsformen bei der Bewältigung der Pandemie gehabt. Als einzige Ausnahmen nannte der Bericht die USA und Großbritannien.

Vergleich autoritäre Regierungen vs. Demokratien

Vertrauen in die Regierung wichtig

Der Experte Lemahieu betonte im Interview mit dem australischen Sender, dass der Erfolg eines Landes eher davon abhänge, ob die Bürger ihren Entscheidern vertrauten und wie kompetent und effektiv die staatlichen Institutionen arbeiteten. „Und da scheinen Länder mit kleinerer Bevölkerung, kohärenteren Gesellschaften und fähigeren Institutionen einen Vorteil zu haben“, sagte er.

Ein weiteres Ergebnis der Lowy-Analyse war, dass wohlhabendere Länder den Ausbruch der Pandemie zunächst zwar effektiver bewältigten als ärmere Länder, dass dieser Vorsprung bis Ende 2020 aber verloren ging, nachdem die Infektionen in Europa und Nordamerika erneut zunahmen. Laut Lemahieu werden ärmere Länder während der Impfaktionen nun vermutlich wieder an Boden verlieren. „Mit der ungleichmäßigen Verteilung und dem Horten von Impfstoffen werden wir erleben, dass die reichen Länder bei der Krisenbewältigung wieder eine entscheidende Oberhand gewinnen“, meinte er. Die Entwicklungsländer würden dann wieder weiter zurückfallen.


Studie:

https://interactives.lowyinstitute.org/features/covid-performance/

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