Panzerrr rrrollen gen Osten für den Sieg, und die Bevölkerung ist verunsichert - so vermeldet dieses Fachorgan für Kriegsgeheul der gleichgeschalteten deutschen Stahlhelmpresse. Übrigens: An derselben Eisenbahnstrecke spazierte ich vor Jahren einst entlang und sah mit Befremden, wie auf Tiefladern verladene Marder-Schützenpanzer der Bundeswehr in Richtung neue NATO-Ostgebiete verfrachtet wurden. War ich nicht mehr gewohnt, so einen Anblick.
In unserer Kindheit und Jugend, da war das freilich Alltag. Wer da etwa gen Ostwestfalen reiste, musste damit rechnen, dass deutsche und/oder britische Panzerkolonnen den Straßenverkehr behinderten. Oder dass im Münsterland Tiefflugübungen veranstaltet wurden. Das war die Zeit, in der, die Älteren werden sich erinnern, diese Gesellschaft so durchmilitarisiert war, dass wir alle Pickelhauben trugen, Marschmusik hörten, uns von Bundeswehr-EPAs ernährten und von morgens bis abends nachdachten, wie wir möglichst viele Iwans massakrieren konnten (fun fact: Die Ukraine war damals auch der Iwan).
Und nun gibt es da welche, die sagen: Na ja, so ein paar Atombömbchen mögen ärgerlich sein, aber wenn man sich nur richtig selbstoptimiert - duck and cover! -, dann hat man eine achtzigprozentige Chance, das zu überleben. Das mag sein. Was die Business-Schnullis aber konsequent verschweigen, ist die Frage, wie es nach einem überlebten Atomangriff weiter geht. Als Veteran des kalten Krieges weiß man da einiges zu erzählen. Auf die Schnelle sind mir drei Szenarien eingefallen:
Szenario 1: In Ihrer Gegend hat es eine oder mehrere Atomexplosionen gegeben, die Sie überlebt haben. Glückwunsch, Sie haben es geschafft. Fürs erste. Jetzt sehen Sie zu, dass Sie und Ihre Lieben, so noch vorhanden, möglichst schnell möglichst weit wegkommen. Wie, ist egal. Nur weg, das ist das Allerwichtigste (Autos werden aber wohl nicht funktionieren). Duschen Sie bei nächster Gelegenheit und ziehen Sie frische Kleidung an (vorausgesetzt, Wasser und Kleidung sind nicht radioaktiv verseucht). Denken Sie daran, so ein Atomangriff ist wie alle Naturkatastrophen auf einmal. Rechnen Sie also nicht damit, Hilfe zu bekommen. Ihr Geld wird nichts wert sein. Ihr Handy wird nicht funktionieren. Wenn Sie es schaffen, sich in eine nicht getroffene Gegend abzusetzen, lesen Sie bei Szenario 3 weiter.
Szenario 2: Sie haben es geschafft, einen der raren Plätze in einem der wenigen Schutzräume zu ergattern. Glückwunsch, Sie haben es geschafft. Es erwarten Sie jetzt: ungünstigstenfalls mehrere Jahrzehnte auf engstem Raum mit Leuten, die Sie sich nicht ausgesucht haben, ohne jede Privatsphäre, auch nicht auf dem Klo oder unter der Dusche, fade Gemeinschaftsverpflegung aus Konserven, Einheitskleidung, aufbereitetes Wasser, Jahre ohne Sonnenlicht, Bewegung an frischer Luft und ohne so ziemlich alles, was Ihnen im Leben je wichtig, lieb und teuer war. In jedem Knast gibt es besseres Essen, mehr Komfort und mehr Privatheit. Wie lebenswert so ein Troglodytendasein ist, mag jeder für sich selbst entscheiden. Am besten, Sie werden religiös, so noch nicht geschehen.
Szenario 3: Sie leben in einer Gegend, in der keine Atombomben eingeschlagen sind. Glückwunsch, Sie haben es geschafft. Aber jetzt fangen Ihre Probleme an: Wenn Sie kein Prepper sind, dann sollten Sie alsbald einen Supermarkt plündern (nur keine Skrupel!) und schnellstmöglich auf Selbstversorgung umschalten. Zwar wird es Infrastruktur noch geben, aber die meisten Lieferketten werden zusammengebrochen sein, auch in Ihrer Gegend. Wer Bauern in der Nähe kennt, ist klar im Vorteil. Sollten Sie es schaffen, ein paar Vorräte anzulegen, treffen Sie Vorkehrungen, sie gegen hungrige Marodeure und gegen Räuber zu verteidigen. Nächstenliebe gewöhnen Sie sich am besten ab. Bewaffnen Sie sich. Lernen Sie jagen. Da Sie eventuell ihr Haus nicht werden heizen können, sorgen Sie für einen nuklearen Winter vor.
Ach so, wenn der Wind ungünstig dreht, könnten Sie in nächster Zeit an Krebs erkranken. Die medizinischen Einrichtungen, um den effektiv zu behandeln, werden aber wohl nicht zur Verfügung stehen. Besorgen Sie sich Morphium.
Man sieht also: Hey, alles ganz easy. Können wir also mit dem Bangemachen aufhören?
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