Schon wieder ist es Zeit für einen Rückblick aufs vergangene Jahr, und wie in den letzten Jahren will ich das auch diesmal mit meinem Fazit des letztjährigen Rückblicks beginnen, was da lautete:

Oder um es kurz zusammenzufassen: Zunehmende Skrupellosigkeit trifft auf zunehmende Verblödung.

Einen Hoffnungsschimmer mag ich insofern leider nicht mehr auszumachen, daher bleibt mir nur ein Fazit: Mir graut vor dem, was da kommen wird …

Damit könnte ich jetzt eigentlich schon aufhören, denn genau das hat sich in diesem Jahr leider fortgesetzt – und wird sich wohl auch 2025 fortsetzen. Der globale Rechtsrutsch schreitet weiter voran, was bedeutet, dass die großen Herausforderungen der Menschheit nicht in konstruktiver Weise angegangen oder gar gelöst werden. Schade eigentlich, denn die Zeit läuft uns wirklich davon. Aber anscheinend finden ja die meisten Menschen das so ganz in Ordnung – oder lassen sich in ihrer Verunsicherung von Rattenfängern zumindest allzu gern simplifizierte Scheinlösungen vorgaukeln, die nur dazu beitragen werden, dass die Klimakatastrophe voranschreitet, die Verarmung von immer mehr Menschen zunimmt, Menschenrechte geschleift werden und einige wenige immer reicher werden, da sie hoffen, sich auf diese Weise vor den von ihnen selbst zum Großteil mitverschuldeten Krisen in Sicherheit bringen zu können.

Das ist natürlich besonders bitter für diejenigen, die jetzt noch jung sind. Wenn man allerdings feststellt, dass bei der Generation Smartphone gerade die AfD massiv im Aufwind ist, dann kann man schon zu dem Schluss kommen: irgendwie auch selbst schuld.

Und die umfassende Verblödung, die auch noch von vielen Medien weiter geschürt wird, treibt immer groteskere Blüten. Das konnte man schon Anfang des Jahres sehen bei den Bauernprotesten. Anstatt dass man da mal Fakten benennt und vor allem auf die Verlogenheit der CDU-dominierten Bauernverbände hinweist (oder auch der CDU-Politiker, die für die Misere der Landwirtschaft hauptsächlich verantwortlich waren als Landwirtschaftsminister, nun aber nur allzu gern mit den Protestierenden posierten), wurde tatsächlich eher positiv über die Treckerrüpel berichtet. Und das, obwohl es selbst genug Landwirte gab, die auf diese Krakeeler keinen Bock hatten, sowie eindeutige Grenzen demokratischen und rechtsstaatlichen Anstands überschritten wurden. Beispielsweise bei der Blockade der Fähre, auf der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war, oder dem Verursachen von Unfällen durch das Abladen von Mist auf einer dunklen Landstraße.

So wurden diese Proteste vor allem zu einem Wutgeschrei gegen „die Ampel“, die nun auch  nicht gerade optimale Landwirtschaftspolitik zelebriert hat, aber eben auch auf die Schnelle nichts gegen 16 Jahre CDU-Misswirtschaft ausrichten konnte. Daran konnte man dann sehen, wie sehr weite Teile unserer Medienlandschaft mittlerweile nach rechts gerückt sind, wenn die nämlich kritiklos an so einer einseitigen Berichterstattung mitwirken. Von BILD, Focus und anderen rechten Rotzblättern ist man so was ja gewöhnt, aber mittlerweile sind da ja auch ganz andere Formate dran beteiligt, gern auch immer mal wieder öffentlich-rechtliche, sich eindeutig pro CDU/CSU, FDP und AfD zu positionieren.

Besonders beliebt als Sündenbock waren dabei die Grünen. Da wurde das „Heizungsgesetz“ zum Rohrkrepierer, weil es natürlich schon schlecht kommuniziert wurde, aber andererseits eben auch kaum verlautbart wurde, dass es sich dabei eigentlich um ein CDU-Gesetz der letzten Bundesregierung handelte, das nun sogar noch etwas aufgeweicht und präzisiert wurde. So was würde ich von gutem Journalismus ja erwarten, aber offenbar hat man bei den meisten Schreiberlingen bzw. deren Vorgesetzten kein Interesse daran, vielleicht mal mit der Energiewende loszulegen.

Und so waren dann auch vor allem die Grünen immer wieder schuld an der aktuellen Wirtschaftskrise, ohne dass mal verbreitet darauf geschaut wurde, dass sich dennoch die Vermögenden nach wie vor bereichern und insofern nicht gerade krisenhafte Zeiten erfahren. Beispielsweise bei VW, wo erst noch schön Dividende ausgezahlt wurden, bevor dann die Managementfehler des Verpennens von Digitalisierung und E-Mobilität auf die Belegschaft abgewälzt wurden.

Dass Menschenrechte immer weniger zählen, wird leider auch zunehmend deutlicher. Der Krieg in der Ukraine wird zwar nach wie vor zu Recht stark kritisiert (wobei sich aus rechten Parteien von CDU über FDP bis AfD immer auch wieder Stimmen melden, die gegen ukrainische Geflüchtete hetzen), aber der Völkermord in Gaza ist dann doch irgendwie ganz o. k. Und dass nach wie vor Tausende Geflüchtete jedes Jahr im Mittelmeer ertrinken, daran hat man sich ja ohnehin schon gewöhnt. Aber immerhin schließt die EU dann doch ein paar Deals mit einigen nordafrikanischen Despoten ab, um die Leichen dann lieber im Hinterland zu entsorgen – das sieht dann ja auch besser aus, als wenn man wieder Bilder wie das von Alan Kurdi im Fernsehen vorgesetzt bekommt.

Auch Sahra Wagenknecht ist mittlerweile deutlich nach rechts gerutscht. Früher hab ich ja durchaus einiges von ihr gehalten, seit sie aber ihren nach ihr selbst benannten Wahlverein BSW gegründet hat, bekommt man zunehmend rassistischen Müll von ihr zu hören und zu lesen. Das wurde ihr ja schon länger (teilweise auch ungerechtfertigt) nachgesagt, und nun scheint sie im Sinne einer „self-fullfilling prophecy“ auch tatsächlich gerafft zu haben, dass sie von denen, die immer schon rechtslastig waren und meinten, dass Wagenknecht nur in der verkehrten Partei wäre, doch einiges an Stimmen abstauben kann. Dass auf diese Weise die Linke ziemlich marginalisiert wurde, befeuert den Rechtsruck in den Parlamenten dann noch mal zusätzlich. Nicht rechte Mehrheiten sind somit kaum noch zu erreichen, da CDU/CSU, AfD, BSW und FDP zusammen wohl immer auf mehr als 50 Prozent der Stimmen kommen sollten, sodass ohne zumindest eine dieser Parteien keine Regierungsbildung möglich sein sollte.

Zum Ende des Jahres hin ging es dann noch mal richtig rund mit dem unerfreulichen Entwicklungen: Der Faschist Donald Trump wurde erneut zum Präsidenten der USA gewählt, und diesmal dürfte er besser vorbereitet sein als 2016, um den antidemokratischen Umbau der Institutionen forciert voranzutreiben. Das Oberste Gericht hat er ja schon entsprechend in seiner letzten Amtszeit besetzt, sodass ihm die dortigen republikanischen Richter mit ihrer Mehrheit im letzten Jahr quasi Straffreiheit für alle Verbrechen, die er im Zuge seiner Amtsausübung begeht, zugesprochen haben. Zudem liegt mit dem „Project 2025“ ja nun auch ein konkreter Plan vor, um die USA zu einem fossil-religiösen Faschismus umzugestalten.

Eine Tag nach Trumps Wahlsieg platzte dann die Ampelkoalition, weil Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Faxen dicke hatte mit seinem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und dessen vollkommener politischen Destruktivität. Natürlich machte Lindner dann erst mal das, was Rechtspopulisten immer am besten können: jammern und sich selbst als Opfer darstellen. Die durchtriebene Verlogenheit der FDP wurde dann jedoch schnell offensichtlich, als bekannt wurde, dass schon seit Monaten von der Partei geplant wurde, die Koalition scheitern zu lassen – und das Ganze dann sogar geschmackloserweise als „D-Day“ bezeichnet wurde. Verantwortungsloser und demokratieverachtender geht es eigentlich kaum noch. Und da in vielen Medien schon wieder schön PR für die FDP gemacht wird, steht sogar noch zu befürchten, dass diese Trümmertruppe doch bei der anstehenden Bundestagswahl Ende Februar über die Fünfprozenthürde kommen könnte und dann weiter in Regierungsverantwortung rumstümpern dürfte.

Eher erfreulich war dann hingegen, dass der syrische Despot Baschar al-Assad das Weite gesucht hat, nachdem die islamistischen Oppositionstruppen seine wenig motivierten Truppen ziemlich über den Haufen gerannt haben. Auch wenn ich Assad keine Träne nachweine, so frage ich mich nun allerdings schon, was jetzt in Syrien weiter geschehen wird. Wird das multiethnische und -religiöse Land nun eventuell ein zweites Afghanistan? Oder herrschen dort bald Zustände wie in Libyen? Da in der Region zurzeit ohnehin wenig Stabilität vorhanden ist durch Israels Kriege in Gaza und im Libanon, erscheint dort vieles möglich, und nur das wenigste davon dürfte erfreulich sein.

Dass vor diesem Hintergrund gleich mal von CDUlern und andere Rechtspopulisten in die Gegend gekeift wurde, dass man jetzt ja gleich Geflüchtete zurück nach Syrien schicken könnte, zeigt, wie welt- und faktenfremd mittlerweile auch in der noch immer von vielen so genannten politischen Mitte Stimmung gemacht wird.

Was noch hinzukommt: Die Situation der Kurden in der Region dürfte sich auch vehement verschlechtern. In Nordsyrien werden sie ja schon seit Längerem vom türkischen Despoten Recep Tayyip Erdogan malträtiert, der seine Truppen bevorzugt zivile Infrastruktur angreifen lässt. Gegen den IS waren die kurdischen Kämpfer noch gut genug als Kanonenfutter, nun lässt man sie schön hängen, und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte sogar schon, dass die Kurden in Syrien entwaffnet werden sollten. Woran man dann wieder sieht, dass die FDPler nicht die einzigen Vollpfosten in der Ampelkoalition waren.

Und dann gab es auch noch einen rechtsterroristischen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg mit fünf Todesopfern und über 200 Verletzten. Der Täter war ein saudiarabischer Arzt, der schon lange in Deutschland lebt, seinem Islamhass auch schon öfter in den sozialen Medien freien Lauf gelassen hat und der zudem Elon Musk und die AfD so richtig super findet. Anstatt dass nun allerdings mal die Gefahren von rechter Hetze thematisiert werden, schlägt CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann allen Ernstes vor, ein Register für psychisch Kranke einzuführen, in dem diese wie islamistische und rechtsextreme Gefähder geführt werden sollen. Wer braucht da noch die AfD, wenn aus der CDU solch offensichtliche Nazi-Politik vorgeschlagen wird?

Auch die Klimakatastrophe hat wieder von sich reden gemacht, diesmal besonders spektakulär in der Gegend um Valencia in Spanien. Dort gab es nach Starkregen Überflutungen mit zahlreichen Todesopfern und Schäden in Milliardenhöhe. Auch die Hurrikane in den USA werden Jahr für Jahr heftiger – und 2024 war dann auch das wärmste Jahr seit Beginn der Klimaaufzeichnungen. Das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens scheint somit nun auch gerissen zu sein. Dass nun in den USA ein Klimawandelleugner Präsident wird, in vielen europäischen Ländern Rechtsextreme bereits regieren (Italien, Ungarn), die stärkste politische Kraft stellen (Österreich), mitregieren (Schweden, Niederlande) oder gute Chancen darauf haben (Frankreich) und in Deutschland im kommenden Jahr wohl aller Wahrscheinlichkeit auch eine Regierung mit einem rechten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ans Ruder kommen wird, lässt die Hoffnung, dass hier vielleicht noch zumindest etwas abgebremst werden könnte, zunehmend schwinden.

Insofern bleibe ich beim Fazit vom letzten Jahr: Mir graut vor dem, was da kommen wird …

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