Es sind endlich gute Nachrichten aus „Nagorno Karabakh“. Armenien und Aserbaidschan haben sich auf eine Waffenruhe geeinigt. Allerdings mit vielen "Aber".

Dass solch eine Einigung möglich wurde, schien noch vor wenigen Tagen unmöglich. Zu verfeindet die beiden Kriegsparteien, zu groß der (historische) Hass aufeinander und zu sehr sieht sich jede Seite im Recht.

Doch nun wurde zumindest eine Waffenruhe erreicht. Kurz zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin beide Länder "eindringlich" zu einer Waffenruhe aufgerufen und Moskau als Verhandlungsplattform vorgeschlagen, weil beide Länder umfangreiche diplomatische, wirtschaftliche und historische Beziehungen nach Russland pflegen.

Der Appel hat offensichtlich gewirkt.

Zehn Stunden lang verhandelten die beiden Delegationen in Moskau unter dem Auge vom russischen Außenminister Sergej Lawrow über die Waffenruhe. Am Ende stand eine sehr kurze Erklärung, die aber die langersehnte Waffenruhe in den Südkaukasus brachte.

Ab 12 Uhr 10.10.20 gilt die Feuerpause. Sie soll genutzt werden für:

- Gefangenenaustausch,

- Bergung der Toten,

- humanitäre Hilfe.

So weit, so gut. Zumindest wird nicht mehr geschossen.

Was noch verhandelt werden muss

Um genau zu sein, muss noch ALLES verhandelt werden. Außer der Waffenruhe für Gefangenenaustausch, Bergung der Toten und Lieferung von humanitärer Hilfe haben sich die beiden Kontrahenten im eigentlichen Kernproblem keinen Millimeter aufeinander zubewegt.

Das eigentliche Kernproblem: Wem gehört Bergkarabach?

Vermutlich tausende Menschen (die wahren Opferzahlen sind kaum abzuschätzen) mussten sterben, um der Lösung dieser Frage kein bisschen näher zu kommen.

Armenien wird weiter darauf beharren, dass Bergkarabach „armenisches Land“ sei, da es nahezu zu 100% von Armeniern bewohnt wird.

Aserbaidschan wird weiter darauf beharren, dass Bergkarabach zu Aserbaidschan gehört, weil dieses Land nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion völkerrechtlich dem Aserbaidschan zugesprochen wurde.

In anderen Worten: Der Konflikt in „Nagorno Karabach“ ist vorerst eingedämmt, aber bei Weitem nicht gelöst.

Dafür wären vermutlich noch Stunden über Stunden an Verhandlungen notwendig. Man kann also nur hoffen, dass die aktuelle Waffenruhe hält und zu einem permanenten Waffenstillstand ausgeweitet werden kann.

Russische Friedenstruppen für die Region, die die feindlichen Armeen trennen und ein robustes Mandat besitzen (also das Recht zur Vernichtung von aggressiven Einheiten), werden immer wieder ins Spiel gebracht.

Aber dazu bräuchte man das Einverständnis sowohl von Armenien als auch von Aserbaidschan, was im Moment schwer vorstellbar ist.

Und es bräuchte eine Zustimmung Moskaus. Der Kreml allerdings zeigte sich bislang mehr als skeptisch über die Option einer (direkten) Involvierung in den Konflikt.

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