Ein paritätisch besetztes Kabinett – mit zwei Männern an der Spitze. Was absurd klingt, hat die Ampel-Koalition wahr gemacht. Statt Annalena Baerbock wird Robert Habeck neuer Vizekanzler. Eine Fehlentscheidung.

Annalena kann Kanzlerin – damit sind die Grünen in den Wahlkampf gezogen. Menschen haben die Partei in diesem Wissen gewählt – selbst wenn es nicht immer eine Stimme für Baerbock war. Wahlen sollten sich in Regierungen widerspiegeln. Ja, Baerbock hat die gewünschte Mehrheit verloren. Doch sie hat einen persönlich wie politisch harten Wahlkampf geführt – und das Wahlergebnis der Grünen um ein Drittel auf 15% gesteigert. Ja, die Partei wollte stärkste Kraft werden. Doch es ist ihr Ergebnis.

Baerbock hat im Wahlkampf Haltung bewiesen. Die Affären um Lebenslauf und Buch waren ärgerlich, doch sie hat viele richtige Entscheidungen getroffen. Der BILD kein Interview zu geben war mutig. Konsequent auf Inhalte zu setzen war richtig als Kandidatin einer Partei, die sich echte Ziele auf die Fahne schreibt. Haltung wird an den Urnen nicht unbedingt belohnt – umso wichtiger wäre es, sie als „Aufbruchs“-Koalition wertzuschätzen.

Und es wäre ein Zeichen: Die Ampel hat sich Feminismus vorgenommen und ihr Kabinett (beinahe) paritätisch besetzt. Eine Frau als Vizekanzlerin wäre da auch aus symbolischen Gründen mehr als angebracht gewesen. Die Frage steht im Raum, ob das mit einem umgekehrten Geschlechterverhältnis der Grünen-Vorsitzenden auch passiert wäre: Einen männlichen Kanzlerkandidaten für eine Frau abzusägen, und sie zur Vizekanzlerin zu machen – das klingt unwahrscheinlich.

Doch nicht wegen ihrem Frausein, sondern wegen ihrer Leistung und Kompetenz eignet sich Baerbock als Vizekanzlerin – und das sollten alle mittragen können.

[Kommentar entstanden in einem Workshop an der DJS]

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