Christian Lindner (FDP) brach ja 2017 die Koalitionsverhandlungen mit der CDU und den Grünen zur Bildung einer Bundesregierung mit den Worten „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“ ab. Dass das nicht mehr als eine hohle Floskel war, die politischem Taktieren und Wichtigtuerei geschuldet war, zeigt sich nun gerade mehr als deutlich, da Lindners Trümmertruppe Teil der Bundesregierung ist. Mehr falsches Regieren, als es die FDP offenbart, geht nämlich kaum noch.

Klar, die FDP war schon immer, zumindest seit der Wende Anfang der 80er-Jahre durch das Lambsdorff-Papier weg von der sozialliberalen hin zur wirtschaftsliberalen Ausrichtung, anfällig für Korruption und verstand sich als Dienstleister für große Unternehmen und Vermögende. Hätte man also alles wissen können, wenn man die in eine Regierungskoalition holt. Die Dreistigkeit, mit der dieses korrumpierte und in Teilen offen neofeudalistische Selbstverständnis nun ausgelebt wird, ist dann schon möglicherweise ein bisschen überraschend.

Christian Lindner

Der Parteivorsitzende der FPD ist nun endlich am Ziel – er ist Bundesfinanzminister. Gut, vielleicht wäre er auch noch gern Vizekanzler geworden, aber wenn man sich die bisherige Politik der Ampelkoalition, die nun sehr stark von der FDP als kleinstem Koalitionspartner dominiert wird, anschaut, dann muss man attestieren, dass Lindner zumindest gefühlter Vizekanzler ist.

Dabei haben prominente Wirtschaftswissenschaftler, wie zum Beispiel Joseph. E. Stiglitz und Adam Tooze, schon vor der Bildung der Koalition davor gewarnt, Lindner zum Finanzminister zu machen (s. hier). Und auch eine kompetenter Wirtschaftsjournalist wie Thomas Fricke oder die Historikerin und Ökonomin Dana Moriße attestierten Lindner nur sehr bedingte Eignung für diesen wichtigen Posten (s. hier und hier), was sich dann auch kurz danach bestätigte, als erneut Fricke Ende November letzten Jahres feststellen musste, dass die Bundesregierung und insbesondere der Finanzminister Inflation schlichtweg nicht verstehen würden (s. hier).

Na klar, auch das ist wenig überraschend, denn wenn man auf ökonomische Konzepte setzt, die sich in den letzten Jahrzehnten allesamt als falsch herausgestellt haben, dann ist man eben eher Ideologe als Experte.

So kam dann auch, was kommen musste: Lindner setzte im Zuge der aufgrund des Ukraine-Krieges (und der davon entfachten Gier der Energiekonzerne) gestiegenen Energiekosten den Tankrabatt durch – und das, obwohl es dafür massive Kritik von Ökonomen aus allen möglichen Lagern hagelte, bis hin zur Äußerung von Umweltökonom Felix Matthes vom Öko-Institut, der das Ganze „eine der absurdesten Ideen aus den letzten 20 Jahren“ nannte (s. hier und hier).

Aber klar, warum sollte ein eitler Geck wie Lindner auch auf Fachleute hören – zumal wenn dadurch ja nur noch deutlicher würde, dass er selbst absolut keine Fachkompetenz besitzt? Und dann ist dieser Spritrabatt ja auch genau nach dem FDP-Gusto: Große Spritschleudern, die vornehmlich von reichen Menschen gefahren werden, werden stärker entlastet als Kleinwagen – und die Mineralölkonzerne streichen ohnehin einiges von dem Nachlass ein, sodass dieser nicht komplett an die Kunden weitergegeben wird (s. hier).

Und wenn es denn mal eine gute politische Idee gibt, die auch tatsächlich umgesetzt wird und sich dabei als Erfolg herausstellt, dann sträubt sich Lindner dagegen, das 9-Euro-Ticket zu verlängern (s. hier). Wegen der Schuldenbremse, die nächstes Jahr wieder gilt und die eine dieser ökonomischen Unsinnigkeiten ist, weswegen Wirtschaftswissenschaftler Lindner nicht auf seinem jetzigen Posten sehen wollten. Aber klar: Vergünstigtes Bahnfahren ist ja nichts für Lindners Buddies, die dieses Verkehrsmittel ohnehin eher selten nutzen, sondern sich lieber in der Limousine herumchauffieren oder im Jet durch die Gegend fliegen lassen.

Apropos Luxusautos: In der letzten Folge von „Die Anstalt“ im ZDF wurde dann noch ein Zitat vom Porsche-Chef Oliver Blume (der künftig an der Konzernspitze von VW residieren wird) präsentiert, das dieser so auf einer Mitarbeiterversammlung von sich gegeben hat:

(Screenshots aus der Sendung)

Hoppla … Da hat nun entweder der Blume einen auf dicke Hose gemacht vor seinen Mitarbeitern und dafür rumgesponnen (was ihn dann eigentlich für einen Vorstandsposten bei VW disqualifizieren würde) oder aber Lindner hat auf Zuruf eines Konzernchefs dessen Wünsche in den Koalitionsvertrag eingebracht. Es wird da nun schon von „Porsche-Gate“ gesprochen (s. hier), wobei Lindner eine alles andere als glückliche Figur macht bei der Aufklärung dieses Vorgangs. Sollte sich das tatsächlich bewahrheiten, dann wäre das natürlich ein Rücktrittsgrund – wobei: wenn selbst Andreas Scheuer in der letzten Legislaturperiode nicht zurücktreten musste …

Na ja, und dann war da ja noch die Protzhochzeit von Lindner auf Sylt vor ein paar Wochen, die jegliches Klischee von neofeudalistischer Dekadenz erfüllte (s. hier) und gerade in Zeiten, in denen den Menschen im Land Sparsamkeit und Enthaltsamkeit gepredigt wird, da die Energiepreise gerade durch die Decke gehen, von wenig politischem Fingerspitzengefühl zeugt. Ein Politiker ist nun mal jemand, der von seiner Öffentlichkeitswirksamkeit lebt und dementsprechend auch anders beurteilt wird in seinem Handeln, als dies bei anderen neureichen Fatzkes der Fall ist.

Fachlich inkompetent mit vollkommen beratungsresistenter Betonköpfigkeit, offensichtlich nur an den Partikularinteressen der eigenen Klientel interessiert und dabei noch mit null Sensibilität ob seines Auftretens ausgestattet – Lindner präsentiert sich als Falschregierer par excellence.

Volker Wissing

Doch der Vorsitzende ist da nicht der einzige politische Blindgänger in der Trümmertruppe FDP. Na ja, sollte eine ja auch wundern, wenn’s anders wäre, denn ein Fisch, der erst mal vom Kopf her stinkt …

Wie man in Zeiten der Klimakatastrophe und einer damit einhergehenden dringend notwendigen Verkehrswende auf die Idee kommen kann, jemanden wie Volker Wissing, der sich selbst als „Anwalt der Autofahrer“ (womit er natürlich vor allem „der Autoindustrie“ meinen dürfte) bezeichnet (s. hier), zum Bundesverkehrsminister zu machen, erschließt sich mir nicht im Geringsten.

Aber Wissing liefert dann auch gleich: Der Großteil der Bevölkerung will ein Tempolimit auf Autobahnen, die SPD und die Grünen wollten das eigentlich auch – und dennoch wurde es nichts damit. Und selbst als dann wegen der Energieverteuerung im Zuge des Ukraine-Kriegs der Ruf nach einem Tempolimit immer lauter wurde, hatte Wissing ein wirklich kompetentes Argument zur Hand, warum das eben einfach nicht ginge:

(Quelle)

Das ist wirklich einfach nur noch so dämlich, dass es nicht zu fassen ist. Für wie beschränkt hält der Typ eigentlich seine Wähler? Obwohl: Bei FDP-Wählern wäre ich mir da auch nicht so sicher, ob man denen nicht jeden Mumpitz verkaufen kann …

Dass mit so einem wie Wissing dann auch keine manierliche CO2-Reduzierung zu machen sein wird, liegt auf der Hand, weswegen es für das diesbezügliche Sofortprogramm des Verkehrsministeriums auch reichlich Expertenkritik hagelt (s. hier). Aber was Beratungsresistenz angeht, lebt der Parteivorsitzende, wie oben gezeigt, ja schon vor, wie man diese bis zum Gehtnichtmehr ausreizt.

Frank Schäffler

Nicht nur auf den Ministerposten, sondern auch bei den „normalen“ Bundestagsabgeordneten finden sich bei der FDP Leute, von denen man sich fragt, wie zur Hölle die da bloß hingekommen sind. Beispielsweise Frank Schäffler.

Laut eigener Aussage, die sich in seinem Wikipedia-Profil findet, bezeichnet sich Schäffler als „Klimaskeptiker“. Dass von Leuten, die nach wie vor den menschgemachten Klimawandel abstreiten, nicht allzu pfiffige Aussagen zu erwarten sind, sollte nun kaum überraschen, allerdings hat Schäffler dann neulich doch den Vogel abgeschossen, wie ich finde. Da der Rhein zurzeit wegen der extremen Hitze und Trockenheit einen für immer mehr Schiffe problematisch niedrigen Wasserstand aufweist, schlug er doch tatsächlich Folgendes vor:

(Quelle)

Auch wenn Schäffler hierfür reichlich Spott erntete (s. hier), so muss man sich doch fragen, ob es auch nur ansatzweise gerechtfertigt ist, dass jemand mit öffentlichen Geldern durchaus üppig alimentiert wird, nur um dann solche Ideen rauszuhauen, die möglicherweise noch als schlechter Scherz durchgehen könnten, aber eben tatsächlich ernst gemeint sind.

Na ja, wenigstens gibt Schäffler so ein schönes Beispiel für den intellektuellen Zustand von Klimaskeptikern ab. Allerdings wäre es schon sinnvoller, wenn statt Leuten wie ihm dann Abgeordnete im Bundestag säßen, die wirklich ernsthaft und vernünftig darum bemüht wären, konstruktive Politik zu machen.

Jens Teutrine

Dass man solche ernsthaften Politiker bei der FDP allerdings kaum findet, belegt dann bravourös Jens Teutrine aus dem FDP-Bundesvorstand. Der Typ bezeichnet sich selbst als Sozialpolitiker, sollte aber besser Asozialpolitiker genannt werden.

In jedem Fall stößt ihm nun auf, dass durch das neue Bürgergeld bald die materielle Situation für Hartz-IV-Empfänger zumindest ein kleines bisschen verbessert werden soll, was ihn dann zu folgender Aussage brachte:

(Quelle)

Da könnte man nun natürlich sagen: Gute Idee, dann müssen wohl die Löhne mal deutlich angehoben werden, aber genau das meint Teutrine nun gerade nicht. Vielmehr gönnt er denjenigen, die keine Arbeit haben, schlichtweg nicht das Schwarze unter den Fingernägeln.

Dabei ist es dann interessant, mal zu schauen, wie denn Teutrines eigene Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt so sind. Und da offenbart ein Blick in sein Wikipedia-Profil leider nichts Überraschendes:

Nach seinem Abitur am Gütersloher Reinhard-Mohn-Berufskolleg nahm er ein Studium der Philosophie und Sozialwissenschaften an der Universität Bielefeld auf, das er bisher nicht abgeschlossen hat.

Und das war’s auch schon. Ansonsten hat er sich nur bei der FDP rumgetrieben und wird nun seit einigen Jahren aus öffentlichen Kassen dafür bezahlt, dass er von Dingen schwadroniert, von denen er sehr offensichtlich null Ahnung hat – und die auch jenseits seines eigenen Erfahrungshorizonts liegen.

Ist das noch Blasiertheit oder schön bösartiger Zynismus? Bei FDP-Heinis ist ja immer gern mal beides möglich …

Agnes Strack-Ziimmermann

Ahnungslosigkeit kann man Agnes Strack-Zimmermann mit Sicherheit nicht vorwerfen, denn die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses ist nebenbei noch ehrenamtlich Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik sowie beim Förderkreis Deutsches Heer. Allerdings ergeben sich daraus dann durchaus Interessenkonflikte, wie auch LobbyControl feststellte (s. hier).

Ist ja aber auch zu praktisch, dass so die Rüstungsindustrie über eng mit ihr verbundene und stark von ihr beeinflusste Organisationen einen direkten Zugang zu relevanten Parlamentariern hat. Strack-Zimmermann muss dafür nur mal eben ein paar Selbstgespräche führen.

Mehr An- und demzufolge Abstand (zur Wirtschaft) wäre hier schon wünschenswert, aber beides ist in der FDP leider so gut wie nicht vorhanden.

Surprise, surprise …?

Und das alles ist nun auch nicht sonderlich überraschend, denn die FDP ist ja schon seit Jahren dafür bekannt, vor allem Dienstleister für Vermögende und Konzerne zu sein und dabei keine Hemmungen in puncto Korrumpierung zu haben. Insofern kann man denen eigentlich kaum einen Vorwurf machen: Die machen einfach genau das, was sie schon seit vielen Jahren machen, nur nutzen sie jetzt eben ihre exponierte Position in der Bundesregierung schamlos aus, um ihre desaströse Antipolitik weitestgehend durchdrücken und ansonsten reichlich – und gern auch menschenverachtend – agitieren zu können.

Die Frage ist natürlich immer, wer denn solche Figuren mit ihrer Katastrophenpartei überhaupt wählt, und das sind anscheinend viele Leute, die gar nicht genau wissen, was sie da beim Wahlzettelankreuzen gerade verzapfen. Klar, wenn man sehr reich und gleichzeitig hochgradig unsozial und menschenfeindlich ist, dann ist die FDP die perfekte Wahl. Doch dürfte das kaum auf alle die zutreffen, die tatsächlich auch FDP gewählt haben.

Und natürlich muss man auch die Parteien in die Pflicht nehmen, die mit so was wie der FDP koalieren. Da ist doch von Anfang an klar, dass da nichts Konstruktives bei rumkommt! Nun ist das Geschrei und Gezeter oftmals groß ob der dummdreisten Kapriolen von FDPlern, aber letztlich haben auch all diejenigen, die Parteien wählen, die eine Koalition mit der FDP nicht ausschließen, einen Anteil daran.

Für Politiker der koalierenden Parteien ergibt sich dadurch allerdings immer wieder eine ganz günstige Situation, wie ich ja letzten Monat schon mal in einem Artikel festgestellt habe: Man muss sich bequemerweise nicht an die eigenen sozialen und ökologischen Wahlversprechen halten, da man dann immer schön auf die FDP verweisen kann, die sich ja auch alle Mühe gibt, als Politchaoten und Hanswürste dazustehen.

Den Schaden haben nun vor allem die Bürger, denn vier weitere verschwendete Jahre beim Klimaschutz können wir uns leider nicht leisten. Aber genau darauf läuft es eben gerade, vor allem dank der FDP, hinaus.

Dir gefällt, was Karl Haas schreibt?

Dann unterstütze Karl Haas jetzt direkt: