Gestern habe ich den Film „Der Mauretanier“ im Kino gesehen – und war schwer beeindruckt!
Darin wird die wahre Geschichte von Mohamedou Ould Slahi (dargestellt von Tahar Ramin) erzählt, der im November 2001 von den USA in seiner mauretanischen Heimat verschleppt und dann über einige Umwege nach Guantanamo Bay gebracht wird. Da Slahi Anfang der 90er in Afghanistan für die Mudschahedin gekämpft hatte (noch auf Seiten der USA gegen die von Russland unterstützte Regierung) und zudem in Hamburg, wo er studierte, flüchtigen Kontakt mit einem der 9/11-Attentäter hatte, wird er beschuldigt, einer der Hauptanwerber für den Terroranschlag auf das World Trade Center gewesen zu sein.
2005 wird dann die Menschenrechtsanwältin Nancy Hollander (Jodie Foster) auf Slahi und seine Inhaftierung aufmerksam und nimmt sich seines Falls an. Bisher wurde nämlich noch keine Anklage gegen ihn erhoben, sodass Hollander hier einen eklatantes Vergehen gegen die Rechtsstaatlichkeit sieht. Es gelingt ihr, das Vertrauen von Slahi zu gewinnen und diesen dazu zu bringen, ihr seine Geschichte zu erzählen.
Als dritte Hauptperson tritt Colonel Stuart Couch (Benedict Cumberbatch) auf, der als Armeeanwalt dafür sorgen soll, dass Slahi verurteilt wird. Die Todesstrafe ist dabei das Ziel, und Couch zeigt sich auch sehr engagiert, da er einen guten Freund bei den Anschlägen vom 9. September verloren hat, der in einem der Flugzeuge saß, die in das World Trade Center flogen.
Nun wird die Geschichte auf zwei Ebenen erzählt: Zum einen ist da die Handlung rund um den Aufbau des Prozesses, bei dem sowohl Hollander als auch Couch schnell feststellen müssen, dass es gar nicht so einfach ist, an be- oder entlastendes Material heranzukommen, da die Armee bestrebt ist, die Vorgänge in Guantanamo geheim zu halten.
Warum das so ist, erschließt sich dann auf der zweiten Ebene, nämlich der Erzählung von Slahi, die er Hollander schriftlich Stück für Stück zukommen lässt. Ohne jetzt zu viel zu spoilern: Was Slahi widerfahren ist, ist echt starker Tobak, und sowohl Hollander als auch Couch zeigen sich zunehmend entsetzt, je mehr sie über die Geschehnisse erfahren.
Gerade von diesem Kontrast lebt der Film: Auf der einen Seite das juristische Verfahren, bei dem sich die Protagonisten mit allerlei militärbürokratischen Hindernissen herumschlagen müssen, andererseits die Darstellung von Slahis Zeit in Guantanamo. Und das ist echt nichts für Leute mit schwachen Nerven, vor allem vor dem Hintergrund, dass man sich ja nicht sagen kann: Ach, ist ja alles nur ein Film und daher ausgedacht.
Dass vonseiten der US-Regierung Folter geduldet und angeordnet wird, ist ja nichts Neues, und auch von Guantanamo hat wohl jeder schon mal was gehört oder Bilder gesehen. So unmittelbar mit drastischen Bildern in Form einer filmischen Handlung umgesetzt, ist das aber echt noch mal was anderes – und auf eine verstörende Art und Weise beeindruckend. In jedem Fall sind meine Sympathien für das (US-)Militär und die US-Regierungen der letzten Jahrzehnte nicht eben gestiegen, nachdem ich „Der Mauretanier“ gesehen habe …
Sollte dieser exzellent besetzte Film nicht mehr in einem Kino in Eurer Nähe laufen (was wahrscheinlich ist, da der schon vor ein paar Monaten in Deutschland gestartet ist), dann gibt es den mittlerweile auch auf DVD bzw. Blu-Ray (die natürlich nicht bei Amazon gekauft werden sollte ;o) ).
Ergänzend dazu: Im September lief auf arte die Reportage „Slahi und seine Folterer“, die noch bis September 2022 in der Mediathek des Senders angeschaut werden kann. Diese ist an und für sich schon sehr empfehlenswert, doch die Kombination mit dem Film „Der Mauretanier“ (ich empfehle, erst den Film und dann die Reportage zu schauen) wertet sie dann doch noch mal ein Stückchen auf.
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