Gestern Abend sah ich auf DVD den Film „Der Krieg des Charlie Wilson“. Der ist zwar schon etwas älter, nämlich von 2006, ist aber von der Thematik her zurzeit brandaktuell!

Zurzeit ist ja vor allem die Neuverfilmung von Erich Maria Remarques „Im Westen nicht Neues“ in aller Munde, da der Film für einen Schwung Oscars nominiert wurde. Der ist mit Sicherheit auch sehenswert, wobei man den ja gerade nur auf Netflix schauen kann, aber die Grauen des Krieges schilderte Remarque ja auf eine sehr eindringliche Art und Weise.

Das spielt nun bei „Der Krieg des Charlie Wilson“ auch eine Rolle, wenngleich nicht so dominant, da Kriegsfolgen dort zwar auch thematisiert werden, aber nicht im Zentrum der Handlung stehen.

Zunächst mal zum Film selbst: Der ist sehr prominent besetzt mit Tom Hanks, Julia Roberts, Philip Seymour Hoffman und Amy Adams in den Hauptrollen, und die machen ihre Sache auch wirklich gut. Die Handlung ist allerdings nicht fiktiv, denn Charlie Wilson gab es wirklich: Er war Kongressabgeordneter für die Demokraten von 1972 bis 1997. In diese Zeit fiel auch der sowjetischee Krieg in Afghanistan, und als Wilson sich einmal mehr oder weniger zufällig vor Ort ein Bild von der Lage in einem Flüchtlingslager in Pakistan machte und sich die Schilderungen der Menschen dort anhörte, fing er an, sich für die afghanische Seite zu engagieren.

Dazu galt es nun, damit der Kalte Krieg nicht allzu heiß wurde, verdeckte Waffenlieferungen an die Mudschahidin zu organisieren, damit diese dem technisch überlegenen sowjetischen Militär etwas entgegenzusetzen hatten. Angesichts der Tatsache, dass die Zivilbevölkerung massiv unter diesem Krieg zu leiden hatte und auch gezielt von den Invasoren attackiert wurde, erscheint das auch erst mal nachvollziehbar.

Genauso wie es jetzt auf den ersten Blick nachvollziehbar erscheint, Waffen in die Ukraine zu liefern, damit die Menschen dort sich gegen die russische Übermacht zur Wehr setzen können. Und damit sind wir auch schon beim aktuellen Bezug von diesem Film.

Wie schließlich jeder einigermaßen historisch und politisch Interessierte weiß (weshalb ich das hier auch nicht als Spoiler für den Inhalt des Filmes ansehe), musste die UdSSR sich schließlich nach immer größeren Verlusten aus Afghanistan zurückziehen – was zu einem Großteil der Verdienst von Charlie Wilson war, der für den afghanischen Widerstand die Mittel dazu organisiert hatte.

Was in dem Film nicht vorkommt, man aber beispielsweise erfährt, wenn man zu diesem Kriegsgeschehen ein bisschen auf Wikipedia rumstöbert: Die USA hielten es für eine gute Idee, afghanische Kinder und Flüchtlinge ein bisschen ideologisch zu radikalisieren:

Um den Widerstand gegen die sowjetische Besatzung in Afghanistan anzuspornen, hatten die USA unter anderem mehrere Millionen Dollar in gewaltverherrlichende Lehrbücher investiert. Diese Bücher mit Gewaltdarstellungen und militanten islamistischen Lehren brachten den afghanischen Schulkindern die Lehre vom Dschihad im Sinne vom „Heiligen Krieg“ nahe. Diese Bücher wurden ebenfalls in Lagern für afghanische Flüchtlinge in Pakistan im Unterricht eingesetzt. Auch die Taliban verwendeten die von den USA produzierten Bücher.

Womit wir dann nämlich auch schon bei den Taliban wären. Nachdem die Sowjet-Truppen abgezogen sind, entspann sich nämlich ein ziemlich fieser Bürgerkrieg in Afghanistan zwischen den einzelnen Warlords der Mudschahidin und zudem noch weiteren Gruppierungen, aus dem dann letztendlich die Taliban als Sieger hervorgingen (wobei sich in deren Reihen auch zahlreiche Mudschahidin befanden) und ihre radikal islamistische, totalitäre Herrschaft antreten konnten.

Was dann nach den Anschlägen auf das World Trade Center im Jahr 2001 dazu führte, dass die USA wiederum in Afghanistan einmarschierten. Hat also nicht allzu lange gedauert, bis die einstigen mit Waffen ausgerüsteten Freunde zu Todfeinden wurden …

Das ist vor allem keine einmalige Sache, denn ein paar Jahre zuvor hat sich im Irak Ähnliches zugetragen: Nachdem Saddam Hussein im Krieg gegen den Iran von den USA noch kräftig unterstützt wurde, hat er dann danach diese Waffen genutzt, um in Kuwait einzumarschieren – was dann wiederum die USA dazu brachte, zweimal in den Irak einzumarschieren.

Die Rüstungsindustrie freut sich über solche Entwicklungen ungemein. Die zahlreichen Opfer dieser Kriege eher weniger …

Mit Blick auf das, was gerade in der Ukraine geschieht, kann man nun natürlich einwenden, dass das dort ja auch eine Demokratie sei und nicht so ein zerrüttetes Land wie Afghanistan nach der sowjetischen Invasion oder keine Autokratie wie der Irak. Aber stimmt das denn wirklich so ganz? Vor etwa einem Dreivierteljahr habe ich mal ein in einem Artikel zusammengetragen, wie denn die deutsche Medienlandschaft die Kiewer Regierung vor dem Krieg beurteilt hat – und da war eher von ausufernder Korruption, Oligarchie, Kleptokratie und fehlender Pressefreiheit die Rede.

Na ja, und auch das, was da nun während des Krieges von Selenskij und seinen Spießgesellen so abgezogen wird, erweckt nach meinem Dafürhalten zumindest nicht den Eindruck, dass es sich dabei um das Gebaren einer gefestigten demokratisch-rechtsstaatlichen Regierung handelt. Auch dazu habe ich vor einigen Monaten mal einiges in einem Artikel zusammengefasst.

Und wenn ich mir dann noch überlege, wie jemand wie der ehemalige Botschafter der Ukraine in Berlin und jetzige stellvertretende Verteidigungsminister Andrij Melnyk wohl mit politischen Gegnern umspringen dürfte, wenn er denn die Möglichkeit dazu bekommt …

Zumal ja auch noch gar nicht klar sein wird, in welchem Zustand die Ukraine nach diesem Krieg überhaupt sein wird. Das ist ja auch einer der Gründe dafür, warum man eben besser keine Waffen in Kriegsgebieten senden soll: Man weiß nie, was in dem dortigen Chaos dann mit denen so alles passieren wird.

Insofern ist „Der Krieg des Charlie Wilson“ all denjenigen zu empfehlen, die sich nun für immer mehr Lieferungen von immer stärkeren Waffen an die Ukraine aussprechen, um sich dann mal die Frage zu stellen: War das denn damals wirklich so eine richtig gute Idee, die Mudschahidin einfach so hochzurüsten, oder wären nicht eventuell Diplomatie und Verhandlungsgeschick, gepaart mit humanitärer Hilfe, die besseren Optionen gewesen?

Die Geschichte gibt darauf eine ziemlich eindeutige Antwort – und wäre es nicht sinnvoll, vielleicht auch mal aus der Geschichte zu lernen?

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