Wir alle kennen fluoreszierende oder phosphoreszierende Farben. Die Farben werden durch das Tageslicht „aufgeladen“ und geben die Energie später in Form von Licht wieder ab. Diese „Aufladung“ geschieht dadurch, dass das Licht die Elektronen des Materials in einen höheren Energiezustand hebt, es trägt sie quasi eine Leiter nach oben. Diese Elektronen können später die Leiter wieder runterspringen. Was bei einem Sprung von einer Leiter das „Plumps“ ist, ist bei den Elektronen Licht, deshalb leuchten die Farben nach.

Diese Energie kann aber auch ohne die Aussendung von Licht übertragen werden. Dafür müssen geeignete Moleküle allerdings sehr dicht aneinander sein. Beim Förster-Resonanzenergietransfer (FRET) liegen die Abstände bei ca. 5 nm, also ca. dem 50fachen des Radius eines Kohlenstoffatoms.

Bei FRET fällt das Elektron des ursprünglich angeregten Moleküls (A) die Leiter runter und zieht dabei quasi das Elektron des zweiten Moleküls (B) über einen Seilzug die Leiter hoch. Wenn Molekül B selbst nicht leuchtet, kann man damit die Fluoreszenz unterdrücken, die Farbe leuchtet also nichtmehr. Dadurch kann festgestellt werden, ob der Vorgang abläuft oder nicht.

Nähern sich die Moleküle noch weiter an (~0.5 nm, also das 10fache des Radius deines Kohlenstoffatoms) ändert sich der Mechanismus. Statt einem FRET findet ein Dexter Energietransfer statt. Dabei überlappen die Moleküle teilweise. Dadurch kann das Elektron von A einfach zu B übertreten, dafür geht von B ein Elektron, das unten an der Leiter steht, auf A über.

Wie aber passt das alles zur Überschrift? Schließlich ist das ja maximal von akademischem Interesse.

Falsch gedacht, ohne den FRET gäbe es das Leben, so wie wir es kennen nicht. Denn dieser Vorgang findet kontinuierlich in Pflanzen bei der Photosynthese statt. Die Photosynthese läuft nicht nur über Chlorophyll ab, sondern benötigt sogenannte Lichtsammelkomplexe. Diese dienen dazu das Licht möglichst effektiv zu sammeln und an das Reaktionszentrum weiterzuleiten, wo sie benötigt wird. Diese Lichtsammelkomplexe leiten die aufgenommene Lichtenergie über FRET weiter, gäbe es ihn nicht, hätten Pflanzen ein Problem.

FRET wird auch längst technisch genutzt. In Solarzellen werden Komplexe eingesetzt, die genau das machen. Hier wird die Natur nachgeahmt, um die Effizienz zu steigern. Ebenfalls treffen wir den Effekt in einigen modernen Fernsehern, genauer gesagt den QLED-Fernsehern an. Hier läuft er aber gewissermaßen umgekehrt ab. Die Energie wird über FRET von den Elektroden zur leuchtenden Schicht übertragen und dadurch das Bild erzeugt.

Auch im Großen hat FRET einen Effekt. Da er für die Photosynthese extrem wichtig ist, nimmt er indirekten Einfluss auf die Rotationsgeschwindigkeit der Erde. Im Herbst fallen die Blätter der Bäume nach unten und befinden sich damit näher am Erdmittelpunkt als im Frühjahr und Sommer. Das führt wie bei einer Pirouette dazu, dass sich die Erde schneller dreht.

Auch wenn Photosynthese, Fernseher und Solaranlagen ohnehin schon interessant sind, je mehr man über ihre Abläufe lernt, umso faszinierter kann man davon sein. Je genauer man etwas kennt, umso unfassbarer wird es.

In diesem Sinne:

#staycurious

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