Köln, 28. Februar 2022

Über 250.000 Menschen kommen in der Millionenstadt Köln zusammen, um Rosenmontag… nein, um eine Friedensdemo zu besuchen und mit Tausenden selbstgemalten Plakaten, Schildern, Bannern und, ja auch Kostümen ihrer Abscheu gegen den Krieg und ihrer Solidarität mit der vom Krieg heimgesuchten Ukraine Ausdruck zu verleihen. Diese Demonstration gehört damit zu den größten nordrheinwestfälischen Demonstrationen der Nachkriegsgeschichte.

Für die Menschen in der Ukraine sind solche Bilder eine wichtige Unterstützung. In fast der ganzen Welt gehen Menschen auf die Straße und diese Bilder erreichen die Ukrainer.

Eine sehr bewegende Auftaktkundgebung auf dem Chlodwigplatz, zu dem sämtliche sternförmigen Zufahrtsstraßen soweit das Auge reichen kann mit Menschen gefüllt waren, stellte unmissverständlich und empathisch dar, warum hier Menschen aus ganz Nordrhein-Westfalen zusammen gekommen sind. Der geäußerte Respekt vor den Menschen in Russland, die nicht wie wir in friedlichem Zug ohne Angst vor staatlicher Gewalt ihrer Meinung jederzeit Ausdruck verleihen können, sondern ihr Leben, ihre Gesundheit und ihre Freiheit riskieren, um für Freiheit zu demonstrieren, führte zu minutenlangem donnerndem Applaus. Auch das ist ein wichtiges Signal an die Menschen in Russland und es wird sie erreichen.

Man erinnerte sich auch an „Arsch huh, Zäng ussenander!“ vor über 30 Jahren, als über 100.000 Menschen auf diesem Platz zusammen kamen und ein Zeichen gegen Rassismus, rechte Gewalt und Neonazis setzten. Auch damals gingen Menschen auf die Straße und gaben ihrer Abscheu gegen Gewalt Ausdruck, am gleichen Platz. Der ein oder andere dürfte sowohl damals wie heute unter den Demonstrierenden gewesen sein. Es hört eben nie auf, und es darf auch nie aufhören, sich gegen Gewalt zu erheben.

Nach mehreren Stunden, als der Start des Friedenszuges schon an seinem Ziel angelangt war, standen immer noch Hunderte vor dem Severinstor und warteten, dass sie losgehen können.

Und so war es auch keine Karnevalsstimmung, höchstens vereinzelt drang das kölsche Temperament durch. Es war ein friedlicher Zug aller Generationen, mit Kindern auf den Schultern ihrer Eltern, die selbstgemalte Friedensplakate hoch hielten bis zu Großeltern, die fassungslos wahrnehmen, dass auf europäischem Boden wieder Krieg ist. Auf dem Platz war es eng, aber alle trugen durchweg ordentlich eine Maske, oft blau-gelb bemalt und in der Bewegung lief man überwiegend mit sichtbarem Abstand.

So furchtbar der Anlass ist, der heute die Menschen in Köln zusammenführte, so ermutigend ist es doch, zu sehen, dass für Menschenrechte, Frieden und Gewaltlosigkeit immer und immer wieder sich die Menschen auf den Weg machen. Die Ideen von Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung der Völker sind nicht aus den Herzen und den Köpfen zu kriegen. Und ein kleines Bisschen ist auch der Karneval so, er ist eben auch politisch und solidarisch – zumindest der Karneval, dem es um mehr und anderes geht als den Anlass zum Besäufnis.

Der voran ziehende Wagen, auf dem eine weiße Friedenstaube blutüberströmt von der scharfen Spitze einer russischen blutbesudelten Fahne durchbohrt verstirbt, dürfte das, was den Teilnehmern mindestens seit dem Weiberfastnachtsmorgen unter den Nägeln brennt, brutal und unmissverständlich ausdrücken. Es war kein Karnevalswagen, wie wir sie kennen und mögen, auf den man lachend oder erstaunt zeigt und über den man sich freut. Es war ein Wagen, wie er noch nie in der Geschichte des Karnevals durch die Straßen gefahren wurde. Er war wichtig. Es war der drastische, schockierende, auf sein blutiges, todbringendes Wesen reduzierte Ausdruck der Gewalt, die alle in ihren Werten bedroht: Demokratie, Gemeinschaft, Toleranz, Freiheit und Verständigung.

Ich war beeindruckt von der Ausdruckskraft und Kreativität, aber auch der Einfachheit der Botschaften, die auf den mitgebrachten Plakaten und Bannern zu lesen waren. So habe ich eine kleine Galerie erstellt, mit dem, was mir heute vor die Kamera gelaufen ist.

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