Jeder von uns Eltern kennt es, hin und wieder macht man sich mal Gedanken um die Fußstellung seiner Kinder. Hier stellt man sich die Frage, ob es denn so richtig ist wie der Sohn oder die Tochter steht? Die Antwort bis zum 5 oder 6 Lebensjahr lautet "JA".  Es gibt ein paar Besonderheiten wie zum Beispiel angeborene Klumpfüße, Sichelfüße oder Spitzfüße, aber das ist eher die Ausnahme.

In der Regel sind alle Kinderfüße gesund und weisen keine Deformitäten oder Fehlstellungen auf. Leider wird schon oft im sehr frühen Kleinkindalter mit Einlagen gearbeitet. Ohne wichtigen Grund wie z.B. rheumatische Grunderkrankungen (die daraus entstehenden Gelenksentzündungen) oder wie oben beschrieben, ist dies völlig überversorgt und meiner Meinung nach einfach unnötig.

Lasst eure Kinder im Kleinkindalter einfach viel barfuß laufen. Vor allem in den schönen Jahreszeiten geht dies auch gut draußen, es stärkt die Fußmuskulatur, sowie den Sinn für das richtige und gesunde laufen. Als Zusatz wenn es nicht möglich ist barfuß zu laufen, kann ich euch zu Barfußschuhen (auch Minimalschuhe genannt) raten.

Gerne könnt ihr zu dem Thema Kinderschuhe euch mal diesen Beitrag von mir durch lesen. (Hier Klicken)

Was gibt es überhaupt für Fehlstellungen?

Jeder kennt es und jeder hat diese Diagnose auch schon gehört. Die typische Diagnose, wenn man einen Arzt aufsucht ist Knick-Senk-Spreizfuß oder Plattfuß, dies kommt daher, dass viele Ärzte schlichtweg keine Zeit mehr haben, oder sich diese nicht nehmen wollen um sich die Füße der Patienten genau anzuschauen. Dies gilt natürlich nicht nur bei Kindern, sondern genauso bei uns Erwachsenen. Es kostet wirklich nicht viel Zeit, eine kurze Gang-Analyse zu machen und die Füße zu palpieren (den Fuß in die Hand nehmen und Bewegungen der Gelenke durchgehen, sowie den Fuß untersuchen).

Fakt ist, dass wir diese Arten von Fehlstellungen oft überhaupt nicht haben, oder diese Probleme (wenn sie denn wirklich vorhanden sind) mit einfachen Selbstübungen auch in den Griff bekommen können.

Also was wären übliche Fehlstellungen bei Kindern und Jugendlichen, bei denen man wirklich handeln sollte, damit diese im Alter keine Probleme mehr machen. Weniger als 2 % der Kinder hat tatsächlich seit der Geburt eine Fehlstellung der Füße.

Bei den kleinen Füßen, ist es wie bei uns Erwachsenen auch, jeder einzelne Fuß hat 26 Knochen und 2 Sesambeinchen, sowie 60 Muskeln und mehr als 100 Bänder, wie auch 200 Sehnen die dafür sorgen, dass unsere Füße im entsprechenden Moment, genau das machen, was wir wollen (gerne auch diesen Artikel zum Thema Fuß lesen). Der komplexe Aufbau dieser Körperteile, bringt auch viele Beschwerden und vor allem Fußfehlstellungen mit sich, da wir sehr viel harten und sehr festen Boden unter uns haben. In seiner Freizeit sollte man daher öfter die Schuhe ausziehen und barfuß laufen um den Muskeln und dem Bandapparat eine Chance geben sich zu entfalten. Viele Probleme und Fehlstellungen treten auch in Kombination miteinander auf. Im folgenden Abschnitt versuche ich euch mal zu erklären was es für Fehlstellung gibt und erkläre diese ganz einfach.

Die häufigsten Fußfehlstellungen sind:

  • Knickfüße: Die Fersen stehen schräg und kippen den Fuß nach innen.
  • Senkfüße: Das Fußlängsgewölbe ist abgeflacht.
  • Hohlfüße: Das Fußlängsgewölbe ist erhöht.
  • Klumpfüße: Das Kind geht auf dem Fußaußenrand oder sogar auf dem Fußrücken, wenn der Fuß komplett umgekippt ist. Bei einer Therapie direkt nach der Geburt, ist eine vollständige Heilung mittlerweile sehr wahrscheinlich. Ich kenne sehr viele Kinder, bei denen man davon quasi nichts mehr sieht, wenn man es nicht weiß.
  • Hackenfüße: Der Fußrücken ist in Richtung Schienbein gezogen. Ursache ist meist vorgeburtlicher Platzmangel, deswegen tritt die Heilung oft spontan kurz nach der Geburt ein. Dank der heutigen Operationstechniken sind Hackenfüße bei älteren Kindern oder Erwachsenen extrem selten geworden.
  • Sichelfüße: Die Zehen und der Vorfuß sind nach innen gedreht. Ursache kann die Bauchlage von Säuglingen sein, diese Fußfehlstellung sollte behandelt werden.
  • Plattfüße: Die Fußsohle liegt durch Abflachung des Fußlängsgewölbes flach auf dem Boden auf. Plattfüße sind angeboren, aber sehr selten.
  • Knick-Senk-Füße: Eine X-Stellung der Ferse und Abflachung des Fußinnengewölbes. Sie sind die häufigste Fußfehlstellung bei Kindern, verwachsen sich aber meistens bis zum Grundschulalter.  Wenn sie im späten Jugendlichen- oder Erwachsenenalter noch vorhanden sind, sollten sie behandelt werden.
  • Krallenzehen: Überstreckung des Grundgelenks bei gebeugtem Mittel- und Zehenendgelenk.
  • Hammerzehen: Isolierte, maximale Beugung des Zehenendgelenks.
Plattfuß und Zehenfehlstellung (Zur Verfügung gestellt von einem netten Berufskollegen)
Plattfuß und Zehenfehlstellung (Zur Verfügung gestellt von einem netten Berufskollegen)

Was sind die Ursachen von Fußfehlstellungen?

Ein ganz kleiner Teil der Fußfehlstellungen ist erblich bedingt oder hängt mit Verletzungen zusammen. Die ganz großen Probleme, kommen vom falschen Schuhwerk. Babys tragen schon viel zu früh und dann auch meistens in der falschen Größe Schuhe. Da Kinderfüße noch sehr weich und formbar sind, merken die Kleinen oft wenig bis gar nichts von dem nicht passenden Schuhwerk.

Wenn beispielsweise die Ferse keinen Halt hat, rutschen die Zehen nach vorne und werden gestaucht, sie versuchen sich im Schuh festzukrallen. So entstehen zum Beispiel Krallenzehen oder kaputte Fußnägel. Auch synthetische Schuhe und Socken sind hier keine Hilfe, sie fördern Fußprobleme nur. Schweißfüße und das zusammendrücken der Zehen sind oft dafür Verantwortlich, dass die Zehen sich verformen (wie z.B. später der Hallux Vagus).

  • Wann wäre der richtige Zeitpunkt für Schuhe: Babys/Kleinkinder sollten so spät wie möglich Schuhe tragen. Lieber sollen sie viel barfuß laufen und möglichst viele „Bodenerlebnisse“ machen. Sorgt also als Eltern dafür, dass Euer/Eure Kind/er über viele verschiedene Untergründe läuft/laufen und auch durch unebene Böden die Muskeln, Bänder und Sehnen trainiert werden. So kann man schon ganz früh Fußfehlstellungen vorbeugen.
  • Der Schuhkauf: Beim Schuhkauf musst Du darauf achten, dass die Schuhe genau passen. Spezielle Messgeräte sind hier hilfreich.  Auf die „Daumenprobe“ solltest Du verzichten, da sie je nach Schuh sehr ungenau ist. Wichtig ist grundsätzlich, dass zur effektiven Länge des Fußes des Kindes, mindestens zwölf Millimeter dazugerechnet werden. Ihr könnt den Fußumriss auch einfach auf Pappe oder Papier aufzeichnen und dann die Größe und Breite errechnen. Wie genau das funktioniert? Gerne noch einmal hier nachlesen.

Was wären Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlstellungen?

Bei Fußfehlstellungen sollte man immer einen Arzt hinzu ziehen, vor allem dann, wenn man sich nicht sicher ist ob es normal ist oder eben nicht. Oft helfen schon orthopädische Schuheinlagen oder spielerische Fußgymnastik, wobei ich hier letzteres bei Kindern immer bevorzugen würde.

Gerade Knick-Senkfüße, die bei Kindern sehr häufig auftreten, kann eine so genannte „anatomisch intelligente Bewegung“ die Beweglichkeit des Kindsfußes stärken und das Wohlbefinden fördern. Je nach Schweregrad der Fußfehlstellung (also über Training der Füße nicht mehr korrigierbar) können jedoch auch korrigierende Gipsverbände, Schienen, Maßschuhe oder Krankengymnastik notwendig sein. Erst wenn all diese Maßnahmen nicht helfen, sollte über eine Operation nachgedacht werden.

Die 3 Häufigsten Fehlstellungen mit Beispielen

Knick-Senkfüße (Bilder wurden von einem netten Berufskollegen zur Verfügung gestellt)
Knick-Senkfüße (Bilder wurden von einem netten Berufskollegen zur Verfügung gestellt)

Knick-Senk-Fuß

Eine Mutter kommt mit ihrem siebenjährigen Sohn in die Werkstatt des Schuhtechnikers. Sie macht sich Sorgen um die vermeintliche Fußfehlstellung ihres Kindes, d. h. ein abgeflacht erscheinendes Längswölbung. Der Junge hatte bereits Einlagen verordnet bekommen. In Wirklichkeit ist das Längswölbung aber völlig in Ordnung. Der Junge hat jedoch einen sehr ausgeprägten Musculus abductor hallucis (lat. für Großzehenspreizer) , der optisch den Eindruck einer abgeflachten Wölbung erweckt.

Es fällt auf, dass der Fuß von der Rückseite betrachtet leicht valgisch (nach innen kippend) steht, der Innenknöchel schiebt sich stark nach innen vor. Die Sehne vom Musculus tibialis posterior (lat. für hinterer Schienbeinmuskel) ist sichtbar.

Ist dieser Knick-Senk-Fuß wirklich behandlungsbedürftig? Dies könntet ihr leicht prüfen. Baut sich im Zehenstand plötzlich das Längswölbung auf und stellt sich der Rückfuß leicht nach außen gebogen ein (Valgusstellung), ist keine Therapie erforderlich. Hier sollte der Junge am besten viel barfuß am besten auf natürlich gewachsenem Boden, wie z.B. Erde, Wiese, Sand laufen, um die Fußmuskulatur zu stärken. Eine Korrektur mittels Einlagen sollte hier nicht stattfinden.

Bei einer starken Fehlstellung des Fußes, die auch im Zehenstand bestehen bleibt, sollte über eine Fußführung mittels Fußorthese überlegt werden. Hier definitiv den Orthopäden mit ins Boot holen und/oder einen guten Orthopädietechniker/Orthopädieschuhtechniker.

Sichelfuß (Bilder wurden von einem netten Berufskollegen zur Verfügung gestellt)
Sichelfuß (Bilder wurden von einem netten Berufskollegen zur Verfügung gestellt)

Sichelfuß

Beim Sichelfuß ist der Vorfuß nach innen gedreht. Doch ein Sichelfuß, der in den meisten Fällen schon im Neugeborenen Alter auffällt, ist nicht immer behandlungsbedürftig. Meine beiden Kinder selbst, hatten nach der Geburt einen leichten Sichelfuß, dieser normalisierte sich komplett von alleine. Wenn der Fuß durch ein Bewegungsspiel, d. h. Reize am Fußaußenrand (streicheln), die richtige Stellung einnimmt, erübrigt sich jegliche Therapie. Ist jedoch ein kräftiger Widerstand vorhanden, sollte man gleich nach der Geburt eine Therapie einleiten. Hier gibt es Operationsmethoden oder auch manuelle Therapien wie z.B. die Wickeltherapie. Bei der Wickeltherapie umwickelt man den Fuß mit einer elastischen Binde nach einem bestimmten Schema, sodass sich der Fuß zwar noch frei bewegen kann, aber immer in die richtige Richtung gelenkt wird. Das kann jedes Elternpaar innerhalb von Minuten erlernen. Es gibt spezielle Physiotherapeuten in Deutschland, die sich mit der Wickeltherapien beschäftigen.

Die normale Einlagenversorgung ist bei dem Sichelfuß in der Regel nicht die wirksamste Methode. Bei der häufig propagierten Methode, die Schuhe verkehrt herum anzuziehen (linker Schuh rechts, rechter Schuh links), kann es passieren, dass der Fuß dort nachgibt, wo der geringste Widerstand herrscht und deshalb das Os naviculare (lat. für Kahnbein) nach außen gedrängt wird. Bei einer Subluxation des Kahnbeins wird der ganze Aufbau des Mittelfußes zerstört, was einer Korrektur der Fehlstellung unumgänglich macht. Erschreckend finde ich, dass es heute noch Menschen gibt, die so etwas empfehlen.

Auch hier sollte Kontakt zu einem Facharzt aufgenommen werden. Eventuell macht es Sinn, mit einer Fußorthese zu arbeiten, sofern alle anderen Arten der Versorgung nicht funktioniert haben.

Klumpfuß

Der angeborene Klumpfuß ist eine Kombination aus verschiedenen Fußdeformitäten, meist einhergehend mit einer Supination und einer Varusstellung der Ferse, einer Sichelfußstellung des Vorfußes (lat. Pes adductus), Spitzfuß (lat. Pes equinus) sowie einem Hohlfuß (lat. Pes excavatus). Damit verbunden ist eine Verkürzung der Achillessehne. Bei Neugeborenen muss man direkt prüfen, ob es wirklich ein Klumpfuß ist oder ob das Kind nur eine Klumpfußhaltung z.B. aufgrund der Lage im Mutterleib angenommen hat. Letzteres ist der Fall, wenn man den Fuß an sich recht gut bewegen kann. Dies klappt nicht immer beim ersten Mal, aber der Fuß gibt irgendwann nach und lässt sich in eine normale Stellung bringen. Hier gilt Vorsicht: Nicht mit Gewalt! Wenn der Fuß nicht nachgibt, dann ist es im allgemeinen ein echter Klumpfuß und muss behandelt werden.

Bei einem echten Klumpfuß wird meistens eine Operation notwendig, um ein normales wachsen und gehen zu gewährleisten. Eine der Methoden ist die Achillessehnendurchtrennung nach Ponseti. Hierbei wird nach einem bestimmten Schema sieben- bis achtmal gegipst, sodass der Fuß 70 Grad nach außen steht. Der Talus (lat. für Fersenbein) wird festgehalten, der Fuß herumgedreht, aber massiv über korrigiert (bis 70 Grad). Dabei wird nichts an der Spitzfußstellung gemacht, da sich dieses meist nicht korrigieren lässt, sondern nur an die komplexen Fehlstellung geändert.

Im Anschluss wird die Achillessehne durchtrennt. Trennt man beim Kind unter drei Jahren die Achillessehne durch, dann wächst sie nach etwa drei bis vier Monaten wieder zusammen.  Danach benötigt das Kind eine mehrjährige nächtliche Schienenversorgung. Wenn die Kinder allerdings erst in späteren Alter beim Arzt vorgestellt werden, ist eine deutlich aufwendigere Operation nötig.

Falls ich euch mehr damit beschäftigen wollt (u.a. Erfahrungswerte und Heilungschancen), dann findet ihr die passende Studie hier. Schön ist, dass die Kinder heute durch solche super Methoden ein nahezu beschwerdefreies Leben führen können. Wenn man es nicht weiß, sieht man den Unterschied zu einem gesunden Fuß in der Regel nicht mehr.

Fazit

Ich hoffe, dass ich euch heute mit diesem Beitrag einen Einblick in die kindlichen Fußfehlstellungen geben konnte.

Mir ist wichtig. euch darüber zu informieren, wann Handlungsbedarf besteht oder man einfach "die Füße still halten" sollte, da sich vor allem bei kleinen Kindern (sobald diese richtig laufen können) noch einiges an den Füßen und deren Stellung verändert.

Regelmäßiges kontrollieren ist richtig und auch wichtig, aber in den aller meisten Fällen ist es nicht behandlungsbedürftig. Falls doch, dann habt ihr oben schon ein paar einfache Informationen darüber, was gemacht wird oder gemacht werden kann.

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