Wenn es nach Konservativen geht, steht demnächst wieder einmal der Kollaps des Christlichen Abendlandes auf dem Programm: Die Ampel hört endlich auf Christian Ströbele und wird Cannabis freigeben. Mir könnte das egal sein, denn ich konsumiere das Zeug nicht. Wirklich nicht. Nicht aus ideologischen oder gar moralischen Gründen, sondern weil meine bisherigen (spärlichen) Erfahrungen mir keinerlei Anreiz boten, das weiter zu verfolgen.
Meine diesbezügliche Position als Nicht-Nutzer, so sie wen interessiert, ist ganz einfach: "Wer sich das Gehirn mit Wodka zuschwemmt, wird [...] krank und blöd; und wer es mit THC zubläst, wird ebenfalls krank und blöd." (Thomas Fischer). Anders herum formuliert: Eine Gesellschaft, in der das 'Kulturgut' Alkohol mit nur geringen Einschränkungen frei verkäuflich ist, muss sich mit Recht die Frage stellen lassen, wieso sie Cannabis verbietet. "Krank und blöd" (Fischer, a.a.O.) werden zudem längst nicht alle Kiffer und nicht alle, die Alkohol trinken, sondern nur ein kleiner Teil.
Vieles spricht dafür, dass im Hinblick auf den Konsum die Auswirkungen einer Legalisierung minimal sein dürften: Höchstwahrscheinlich wird die "Anzahl der Konsumenten [...] moderat zunehmen und sich dann ungefähr da einpendeln, wo sie jetzt schon ist. [...] Wenn die Zahl der regelmäßigen Kiffer von drei auf vier Millionen steigt, ist das ungefähr so gefährlich wie ein besonders öchslehaltiges Jahr in der Rheinpfalz und am Kaiserstuhl." (Fischer, zum dritten).
Dass Drogen immer auch politische Aspekte haben, ist eine Binse. Mit der Substanz, die heute als Crystal Meth gehandelt wird, wurde unter dem Markennamen 'Pervitin' einst die Wehrmacht auf Marschleistung und Durchhalten getrimmt. Mit Heroin, ursprünglich bei Bayer als gut verträgliches Beruhigungsmittel entwickelt, wurden in Vietnam gezielt GIs angefixt, um deren Kampfkraft zu dämpfen. Das aufputschende Kokain, auch 'Nasen-Ata' oder 'Marschierpuder' genannt, unter Leistungsträgern, Pornodarstellern und Workaholics Droge der Wahl, scheint weit weniger ein Problem als das sedierende Cannabis.
Wo immer Drogen kriminalisiert wurden und werden, richtete und richtet das mehr Schaden als es Nutzen bringt. Berühmtestes Beispiel ist die Prohibition in den USA von 1920 bis 1933. Viele noch heute bekannte Cocktails mit hohem Zucker- und Fruchtsaftanteil wurden damals erfunden, um den schwarzgebrannten, geschmuggelten, teils methanolhaltigen Fusel überhaupt trinkbar zu machen. Durch gepanschten Rackebatz starben einige tausend Menschen. Das Bombengeschäft mit dem illegalen Alkohol machte vor allem mal Leute wie Al Capone reich.
"Wer durch Dezennien Schlafmittel genommen hat, kann natürlich nicht schlafen, wenn man ihm das Mittel entzieht. Dass die Wirkung der religiösen Tröstungen der eines Narkotikums gleichgesetzt werden darf, wird durch einen Vorgang in Amerika hübsch erläutert. Dort will man jetzt den Menschen [...] alle Reiz-, Rausch- und Genussmittel entziehen und übersättigt sie zur Entschädigung mit Gottesfurcht. Auch auf den Ausgang dieses Experiments braucht man nicht neugierig zu sein." (Sigmund Freud)
Cannabiskonsumenten zu kriminalisieren, bindet Polizeikräfte und kostet ein Heidengeld bei mäßigem Erfolg. Der Anteil der mehr oder minder regelmäßigen Kiffer dürfte trotz aller Bemühungen die letzten Jahrzehnte über konstant geblieben sein. Nach einer Legalisierung werden THC-Bedröhnte so zum Straßenbild oder auch nicht gehören wie Besoffene. Mit dem Unterschied, dass Bekiffte normalerweise nicht zu Gewalt neigen.
Umgekehrt wird ein Schuh draus. Legales Cannabis würde als Genussmittel bzw. legale Droge wie Tabak und Alkohol zusätzlich zur Mehrwertsteuer gesondert besteuert werden. Die lizenzierten Läden brächten den Kommunen Gewerbesteuereinnahmen und so weiter. Man könnte die Entwicklung des Konsums genau im Auge behalten.
Nicht einmal das Argument, das Gras von heute sei viel heftiger als das, was die Hippies sich einst reinflöteten, zöge mehr: So wie es für Alkohol und Zigaretten strenge Deklarationsvorschriften bezüglich Alkohol-, Nikotin- und Teergehalt gibt, wären dann auch unterschiedlich starke Cannabissorten entsprechend gekennzeichnet und niemand müsste sich mehr darauf verlassen, dass der Dealer einem keinen Scheiß andreht.
Das schöne daran, progressiv zu sein: Man weiß, man wird am Ende gewinnen.
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