Mit Distanz und Vorsicht zu genießen.

Ich schreibe und lese seit Kurzem Beiträge hier auf dieser Plattform und bin im Grundsatz durchaus froh darüber, dass Publikum.net Otto-normal-Bürgern- und Bürgerinnen diese Möglichkeit bietet.

Denn der Gedanke, vielfältige Inhalte präsentiert zu bekommen, die mich interessieren und mit Autoren und Lesern in Kontakt treten zu können, gefällt mir.

Die Gründer von Publikum schreiben selbst in ihrem Blog, sie möchten "den öffentlichen Diskurs fördern" und den Nutzern die Möglichkeit bieten, an diesem teilzunehmen.

So liegt es doch nahe, anzunehmen, dass eine solche Plattform die Chance bietet, demokratieförderlich zu sein. Gerade weil hier recht barrierefrei und ohne ansehen der gesellschaftlichen Stellung, Menschen frei ihre Meinung äußern können. Natürlich mit einer gewissen Einschränkung, der Netiquette und den gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Gewaltverherrlichendes, Terrorismus, Extremismus, sexuelle Ausbeutung von Kindern, Beleidigungen und Hetze sind selbstredend verboten.

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Foto von mari lezhava / Unsplash

Kontrolle gewährleistet?

Die Moderation der hochgeladenen Inhalte, geschieht zur Zeit händisch, bestätigte mir, auf Nachfrage hin, der Mitbegründer Jan Szembek, per Mail. Eine gewaltige Aufgabe, sieht man sich an, wie viele Inhalte schon jetzt auf der Plattform hochgeladen werden.

So ist dem Plattformbetreiber auch klar: Das "wird in Zukunft nicht funktionieren, wenn das Ding weiter wächst".

Mittelfristig solle die Kontrolle der Inhalte - auch zur Abwehr von Desinformation - "automatisiert passieren, i.e. mittels Upvoting / Algorithmen." Zur Zeit ist es jedoch noch nicht der Fall.

Mir drängt sich die Frage auf, wie es Publikum.net gelingen soll, die Masse an Beiträgen so zu kontrollieren, dass Desinformation und Missbrauch ausgeschlossen werden können. Insbesondere, weil durch die Anpassungs-Funktion, die Artikel-Inhalte jederzeit verändert werden können.

Meinen letzten Beitrag habe ich, beispielsweise, in den letzten 24 Stunden schon drei mal angepasst. Da liest jemand im Hintergrund innerhalb von Sekunden noch einmal drüber? Ich wage das zu bezweifeln.

Aus meiner Sicht besteht bei diesem gut gemeinten und durchaus tollen Projekt, die Gefahr, als Desinformations- und/oder Propaganda-Plattform missbraucht zu werden. Ich hoffe, die Gründer unternehmen hier passende Gegenmaßnahmen.

Selbst prüfen und hinterfragen

Bis dahin: Hinterfragen Sie immer mehr als kritisch, was sie hier lesen und prüfen sie selbst genau, ob die Inhalte der Netiquette entsprechen, gar gegen Gesetze verstoßen, oder Sie ggf. politischer Propaganda und/oder Fake-News aufsitzen.

Wo Sie sich melden können, wenn Ihnen ein Beitrag dementsprechend auffällt?

"Verstöße gegen unsere Netiquette können via [email protected] gemeldet werden."

Schlussbemerkung

Am Ende möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass auch nicht klar ist, nach welchen Kriterien Artikel auf der Seite hervorgehoben werden oder deren Sichtbarkeit eingeschränkt wird. Die Annahme, dass dies zuvorderst durch Algorithmen geschieht (viel geklickt wird mehr gesehen) ist naheliegend.

Kritische Geister könnten aber auch vermuten, es bestünde auch die Möglichkeit (oder die wirtschaftliche Notwendigkeit), dass die Betreiber selbst, händisch Inhalte unterstützen, die sich besonders gut zur Polarisierung eignen, oder ihrer eigenen politischen Meinung entsprechen.

(Veröffentlicht am 09.06.2021)


(19.06.2021) Journalisten der Tagesschau sehen das wohl ähnlich:

Plattform “publikum.net”: Ein Modell mit Schwächen - und Gefahren
Eine mit Bundesmitteln geförderte Plattform will den Journalismus neu denken und für weitere Akteure öffnen. Das Engagement ist lobenswert - das Modell jedoch anfällig für Desinformation und Missbrauch.<strong> </strong><em>Von Wulf Rohwedder.</em>