Ich bin wütend. Ich bin so unfassbar wütend Herr Minister. In ihrem Tweet vom 08.06.2020 schreiben Sie folgendes:
„46% der Deutschen (38,2 Mio) sind mind. einmal geimpft, ca. 22% (18,2 Mio) haben vollen Impfschutz. Bei den Ü60-Jährigen sind über 80% & bei den 18-59-Jährigen 40% mind. einmal geimpft. Wollen wir eine Impfquote von >75% erreichen, müssen wir mind. noch 15 Mio Menschen überzeugen“
Sie fordern also die Bevölkerung auf, 15 Millionen Menschen noch zu überzeugen, sich impfen zu lassen.
Sie erdreisten sich also allen Ernstes uns, der Bevölkerung, weiß zu machen, dass es nur an uns läge, dass viele Menschen noch nicht geimpft sind. Man müsste sie einfach nur überzeugen und dann wäre alles paletti?
Ich erzähle Ihnen gern mal, wie die Realität aussieht. Sicherlich gibt es bei der von Ihnen genannten Zahl einige, die sich nicht impfen lassen möchten. Was mir persönlich während einer weltweiten Pandemie ein absolutes Rätsel ist. Diese gilt es in der Tat zu überzeugen.
Die Mehrheit der von Ihnen genannten Zahl jedoch ist Willens, sich impfen zu lassen. Diese Menschen stehen auf diversen Wartelisten von ihren Hausärzten und von ihren Fachärzten. Ich kann nur für Baden-Württemberg sprechen. Die Menschen in Baden-Württemberg sitzen stundenlang tagelang nächtelang vor ihren Rechnern, Tablets, Handys, teilweise sogar vor allen dreien Endgeräten und versuchen verzweifelt, in irgendeinem Impfzentrum einen Termin zu bekommen. Viele davon sind sogar bereit, mehrere hundert Kilometer zu fahren.
Wissen Sie, wie das geht? Haben Sie schon mal versucht, auf diesem Weg einen Impftermin zu erhalten? Vermutlich nicht, ich erkläre es Ihnen. Zuerst braucht man einen Vermittlungscode. Hat man diesen endlich ergattert, hat man eventuell die Chance auf einen Termin. Wenn nicht alle Impfzentren melden, „zurzeit keinen Termin vergeben“ zu können. Und das ist das Erste, was man sieht und leider auch das Häufigste. Bekommt man dann einen Termin vorgeschlagen, muss man in 0,1 Sekunden- obwohl der Slot eigentlich 10 Minuten wäre - zuschlagen. Wie aus dem Nichts verschwindet diese Termin dann allerdings sehr häufig. Wunder der Technik.
Warum es so schwierig ist, in den Impfzentren einen Termin zu bekommen, sage ich ihnen auch. Und jetzt halten Sie sich fest: Es gibt zu wenig Impfstoff. Potzblitz.
Haben Sie eigentlich überhaupt eine Idee, was gerade in dem Land, dem sie als Gesundheitsminister vorstehen, so vor sich geht? Wie verzweifelt Menschen auf einen Impftermin hoffen, für sich und ihre Lieben?
Wie überlastet Hausärzte sind?
Und Sie erdreisten sich so einen Tweet abzusetzen, als läge es nur an der Bevölkerung, Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, zu überzeugen. Auch das wäre im Übrigen Ihre Aufgabe, Herr Minister. Es liegt in Ihrer verdammten Verantwortung, dass wir immer noch so viele ungeimpfte Menschen haben.
Wenn Sie mir versprechen, das alle Menschen, die ich Ihnen heute noch überzeuge, ein Impfangebot wahrzunehmen, und zwar eines, dass auch zeitnah stattfinden kann, dann stelle ich mich heute noch in die Fußgängerzone einer Großstadt und mache Werbung dafür. Ich versuche, Menschen zu überzeugen, ich schreibe Aufrufe in den sozialen Medien, ich stelle mich mit einem großen Plakat auf die Straße, ich klingel sogar an der Haustüren. Einzige Voraussetzung: wenn ich jemanden überzeugt habe, wird er geimpft. Und zwar sofort oder zumindest in absehbarer Zeit, bekommt also einen konkreten Impftermin in die Hand. Deal?
Ich bin wirklich wütend Herr Minister. Meine Wut wird Sie leider nie erreichen. Die Mehrheit der Menschen sind wütend. Sie sind verzweifelt und sie wollen jetzt endlich geimpft werden.
Machen Sie Ihre Hausaufgaben und warten Sie nicht darauf, dass irgendjemand aus der Parallelklasse diese für Sie schon gemacht hat.
Und hören Sie bitte auch auf, solch zynische Tweets zu schreiben. Das ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die sich die letzte Nacht wieder um die Ohren geschlagen haben, um einen Impftermin zu bekommen.
Beste Grüße,
Mrs. Mary
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