Ich hasse Wetter!

Heute möchte ich Sie gerne einmal mitnehmen in meinen Alltag. Denn ich finde, dies ist ihr gutes Recht. Sie lesen zwar und sicher mit viel Freude und Erkenntnisgewinn meine Geschichten, doch wie sie entstehen, ja das wissen sie nicht. Heute lüfte ich nun dieses gut gehütete Geheimnis.
Ich habe für mich das ritualisierte Schreiben entdeckt. Wenn nicht sogar erfunden! Ich kenne neben mir keinen anderen Schriftsteller, der so verfährt wie ich. Allerdings kenne ich keine anderen Schriftsteller. Andere Schriftsteller kennen mich aber auch nicht. Ich tröste mich dann immer mit dem Gedanken: Man soll keine anderen Götter neben sich haben.
Doch kommen wir nun zum Wesentlichen! Kommen wir zu mir.
Mein schriftstellerisches Tagwerk beginnt mit dem Ignorieren jeglichen Hungergefühls. Meine Auffassung ist, ein gutes Frühstück will verdient sein. Und Aufstehen und die notwendigen, da sichtbaren Körperstellen, zu befeuchten. Doch verdient das alleine schon ein Frühstück? Ich denke NEIN!
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, so war schon immer meine Devise.
Zum Zweiten, ich schreibe aushäusig. Zu Hause zu arbeiten geht nicht, weil, wenn ich zu Hause bin, läuft der Fernseher. Dann ist da noch der verlockende Kühlschrank, meine kleine aber feine Bar, die manche Köstlichkeit birgt. Und nicht zu vergessen, mein Bett. Das birgt die Gefahr, mich nach dem Aufstehen, mich sofort wieder hinzulegen. Außerdem ist die Wohnung dreckig! Da fühle ich mich nicht wohl. Leider bin ich als Hausmann indiskutabel. Ich bin, um es vorsichtig auszudrücken, eine alte Drecksau! Da ich aber nie jemanden zu mir einlade, weiß es keiner und bleibt somit mein persönliches Geheimnis.
Aus diesen, wohl einleuchtenden Gründen, habe ich mir ein Büro gesucht, indem ich gut schreiben kann. In meinem Fall ist das Büro ein Café, indem es auch Bücher gibt. Eine Art Buchhandlungscafé oder Cafébuchhandlung. Dort sitze ich von April bis Oktober im Außenbereich. Ich werde da geduldet und als Stammgast geführt. Um es der Bedienung leicht zu machen, bestelle ich mein tägliches Getränk, was mir die Berechtigung gibt, mich dort stundenlang aufzuhalten und zu schreiben. Ein kleiner runder Bistrotisch ist dann meine kleine Welt, wo ich schon viele kleine und größere reizende Geschichten erdacht habe. Unaufgefordert erhalte ich, kaum das ich eingetroffen bin, meinen Milchkaffee und ein Glas Wasser. Letzteres geht auf Kosten des Hauses. Das ist sehr nett von der Geschäftsführung und belastet mein Budget auch nicht. Im Preis meines Milchkaffees eingeschlossen, ist die kostenfreie Benutzung der Toilette, deren hygienischer Zustand den meiner bei weitem schlägt. Ich besuche und nutze sie mit großer Freude und Leidenschaft. Sauberkeit ist mir sehr wichtig, weshalb hier einmal ein Dank auszusprechen ist, an die reinigenden Buchhändler und innen. Durch ein gezieltes Zielen meiner Notdurft zeuge ich ihnen meine Anerkennung. Da geht nichts daneben. Ich weiß ja, ich bin nicht zu Hause! Wie sie merken, der optimale Arbeitsplatz.
Und doch kommt dieses Paradies paradiesischer daher, als es ist. Denn jeden Tag bin ich der Witterung ausgesetzt, der ich trotzen muss. Ich habe meine festen Arbeitstage und Zeiten, ungeachtet der Wetterumstände, die keinerlei Rücksicht auf mich nehmen. Am Wetter liegt es, ob ich einen produktiven Tag habe oder eben nicht. Da bin ich machtlos! Ich habe schon sehr viele tolle Geschichten nicht geschrieben, weil das Wetter mir einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Denn ich schreibe, weil ich mit der Zeit gehe, an und mit einem Laptop.
Das ist praktisch und unpraktisch zugleich. Leider ist er nicht wasserabweisend, da das noch nicht erfunden ist und selbst wenn, kann ich mir so ein teures Gerät dann nicht leisten. Denn noch bin ich unentdeckt und die dicken Schecks lassen auf sich warten.
Wenn es also regnet, dann kann ich nicht arbeiten, weil mein Laptop nass wird und ich Gefahr laufe einen Stromschlag zu bekommen, der mich das Leben kosten könnte. Der Preis ist mir zu hoch! Da gehe ich dann deprimiert heim und lege mich ins Bett. Das bleibt dann auch für den Rest des Tages so. Das frustriert zwar, ist aber nicht zu ändern. Dann gibt es die Tage, die wie geschaffen scheinen für einen erfolgreichen Tag. Jetzt werden sicher viele denken, bei Sonnenschein lässt sich besser schreiben! Doch dies ist ein Trugschluss. Denn Sonne ist nicht gleich Sonne. Denn sie entscheidet ja auch über die Temperatur. Manchmal friere ich, obwohl die Sonne scheint und dann wieder schwitze ich. Meist trage ich die entgegengesetzte Kleidung, was dann auf meine Stimmung schlägt. Oder was auch eine Spezialität von ihr ist, sie blendet mich und ich kann nicht sehen, was ich in meinen Laptop hinein tippe. Abends bin ich dann meist überrascht, welchen Unsinn ich tagsüber geschrieben habe. Das frustriert mich so, dass ich mich ins Bett lege.
Auch ein Ärgernis ist Wind. Da ich, als Künstler, selbstverständlich langes Haar besitze, weht er es mir gerne ins Gesicht und stört mein Sichtfeld beträchtlich. Dann bin ich mehr damit beschäftigt mir die Haare aus dem Gesicht streife. Je nach Stärke der Orkanböe entwickelt sich das zu einer Sisyphusarbeit.
Sie sehen, nur mit der richtigen Witterung kann ich vernünftig schreiben.
Wenn ich mir ein Schreibwetter wünschen könnte, so würde ich es gerne wie folgt haben:
Leicht bewölkter Sonnenschein, bei 20 – 23 Grad. Windgeschwindigkeit bis maximal 3 km/h und einer Luftfeuchte von 20 Prozent.
Erst dann und nur dann, bin ich in der Lage produktiv, originell und fantasiereich neue Geschichten mir ausdenken. Im letzten Jahr gab es genau sieben Tage, an denen die Voraussetzungen stimmten. Sie fielen ausnahmslos auf einen Sonntag. Da hat mein Büro geschlossen und ich bleibe gleich im Bett und bestaune meine dreckige Wohnung und freue mich auf Montag, egal wie das Wetter wird.

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