02.07.2021 Berlin

"Im Rechten Netz" beschäftigt sich mit dem Twitter Account von Boris Reitschuster und mit seiner Person selbst, zu diesem Zweck wurden 25 Stunden lang alle Aktionen rund um Boris Reitschuster mitgeschnitten und gespeichert.

 Heinrich-Böll-Stiftung | Foto: Stephan Röhl | Berlin, Deutschland - Boris Reitschuster, CC BY-SA 2.0

Seit einigen Monaten macht der ehemalige Focus Journalist auf sich aufmerksam. Gerade seit der Corona-Pandemie erarbeitete sich Reitschuster einen eher zweifelhaften Ruhm. Aufgefallen ist er mit bestimmten Fragen, welche sich merklich gegen die Pandemie Auflagen richteten.

Doch: Wer ist Boris Reitschuster?

Nach seinem Abitur, absolvierte Reitschuster eine Ausbildung zum Dolmetscher, diese führte ihn schon damals zu einer späteren Wirkungsstätte. Ab 1992 war er für verschiedene Zeitungen als Korrespondent in Moskau beschäftigt. Ein Volontariat durchlief er von 1995 bis 1997 bei der Augsburger Allgemeine. Danach war er für die Nachrichtenagenturen dpa und AFP tätig. In den Jahren von 1999 bis 2015 war Reitschuster für den Focus tätig und leitete das Moskauer Büro. Aufgrund von Morddrohungen soll er sich gezwungen gesehen haben, zurück nach Deutschland zu kehren. Von 2012 an leitete er das Büro von Deutschland aus. 2015 schloss der Focus das Büro und zog sich aus Russland zurück, jedoch sei dies nicht wegen der politischen Situation geschehen. “Unterschiedliche Auffassungen“ über die Beendigung gab es laut Boris Reitschuster.

Nach dieser Zeit arbeitete er bei unterschiedlichen Medien, so war er als Journalist für The European, The Washington Post, The Guardian und Frankfurter Allgemeine Zeitung, Tichys Einblick und Junge Freiheit tätig. Bei Tichys Einblick und Junge Freiheit handelte es sich um eher konservative bis weiter nach rechts gerichtete Zeitungen. So unterhält die Junge Freiheit eine gute Verbindung zu der neoliberalen und nationalistisch geprägten Partei AfD. Gauland sagte noch als Landesvorsitzender der AfD Brandenburg: „Wer die AfD verstehen will, muss die ,Junge Freiheit‘ lesen.“ Zu dem Thema empfehle ich https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2016/12/27/das-zentralorgan-der-afd/

Neben diesen Tätigkeiten war Reitschuster auch als Moderator und Dozent tätig.

Vom Kritiker zum Kritisierten
Reitschuster setzte sich in seinen Artikeln und Büchern kritisch mit dem politischen System Russlands auseinander und kritisiert vor allem wiederkehrend den Präsidenten Wladimir Putin, unter anderem wegen des Tschetschenien-Konflikts, Geiselnahme von Beslan und der Nähe der Medien zum Kreml. So hob die Konrad-Adenauer-Stiftung damals hervor "wie stark die russischen Medien inzwischen unter der Kontrolle der Kreml-Führung sind und sich in deren Desinformationspolitik einspannen lassen." 2008 ehrte man ihn aufgrund seines "hohen persönlichen Einsatz[es] für die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und damit für die Wahrung von Bürger- und Menschenrechten" mit der Theodor-Heuss-Medaille.

Nach dem Ende des Moskauer Focus Büros lässt sich bei Reitschuster ein Wandel beobachten. Er wendete sich immer weiter von den klassischeren und seriöseren Presse-Vertretern ab und begab sich immer weiter hin zu Medien wie Junge Freiheit oder Tichys Einblick. Noch bis in den April 2019 erschienen in unregelmäßigen Abständen Artikel auf dem Online-Portal von Focus. Warum sich Focus Online von Reitschuster trennte, ist aktuell nicht bekannt. Dazu fragte ich bei Focus und dem Medienhaus Burda an, bekam bisher keine Antwort.

Nach dem Vertreter von RT Deutsch, einem Ableger von Russia Today (ein vom russischen Staat gegründeter und finanzierter Medien-Apparat), dürfte Boris Reitschuster wohl das umstrittenste  Mitglied der Bundespressekonferenz (BPK) sein.

Die Bundespressekonferenz e.V., kurz BPK,  ist ein Zusammenschluss verschiedener hauptberuflicher Journalisten.  Dieser Verein richtet in eignen Räumlichkeiten eine Pressekonferenz aus und zu dieser werden die Sprecher der Ministerien eingeladen. Während dieser Zusammenkunft können die Mitglieder Fragen an die einzelnen Sprecher richten.

Seit 2020 berichtet Reitschuster von der BPK und fiel unter anderem mit seinen Fragen, beziehungsweise mit der Art auf. Mehr als fünf dutzend BPK Mitglieder schrieben einen offenen Brief, welcher sich gegen die "Instrumentalisierung des Vereins und der Pressekonferenzen durch teilnehmende Korrespondenten" richtete. Besonders um das Ansehen der Konferenz machten sich die Unterzeichnenden Sorgen. "Wir beobachten zunehmend einen raueren Ton, eine öffentliche Diskreditierung der BPK und ihrer Mitglieder sowie konstruierte Empörungs- und Provokationsmechanismen, die dem Ansehen der BPK schaden.", hieß es in dem Brief weiter. Auch wenn Warweg (RT DE) und Reitschuster nicht namentlich genannt wurden, war es offensichtlich, dass der offene Brief sich expliziert gegen die beiden richtete. "Störsender" heißt ein Artikel, welcher im Februar in der Süddeutschen Zeitung (online/print) erschien und dies mit einem durchaus passenden Untertitelte: "Die Bundespressekonferenz ist einzigartig: Journalisten befragen und kontrollieren dort die Regierung. Doch manche missbrauchen die Veranstaltung für Propaganda und Verschwörungsmythen."

Dort erhob man zu dem den Vorwurf: Reitschuster würde die BPK für seine eigenen Zwecke missbrauchen und verbreite dort "Desinformation und Propaganda". Zusätzlich sehen viele Mitglieder das Ansehen der BPK gefährdet, was ein Grund zum Ausschluss sein könnte. Einige Journalisten und Medien stimmten diesem Text zu, andere und hier vor allem eher konservative und rechtsgerichtete Medien sahen es anders. So zum Beispiel die schweizerische Wochenzeitung Weltwoche: Wolfgang Koydl beschrieb Reitschuster als "Einmann-Opposition gegen die deutsche Regierung und die meist unkritischen Corona-Medien". Koydl und die Weltwoche allgemein unterhalten einen guten Kontakt zum Blog "Achse des Guten". Der Blog sieht sich immer wieder Kritik entgegen, besonders die Politisch rechts-gerichtete  Ausrichtung zieht immer wieder Aufmerksamkeit auf sich - so bezeichnete Roger de Weck "Die Achse des Guten" als "bekannteste[n] neurechte[n] Blog". Die Bundestagsvizepräsidentin  Glaudia Roth (Grüne) äußerte sich kritisch über das Geschäftsmodell, dies solle  "auf Hetze und Falschbehauptungen" beruhen.

„Wenn ein einzelner Provokateur die Runde tatsächlich so stören und unterminieren kann, liegt das Problem in der Abwesenheit anderer Stimmen. Das hätte viel mehr im Fokus stehen müssen“, so äußerte sich Sonia Seymour Mikich  (ehemalige Chefredakteurin WDR-Fernsehen) gegenüber des Deutschlandfunks.

Die Datenanalyse

Kurz zur Technik: Die Datenanalyse lief über 25 Stunden lang. Beginn war der 17.06.2021 13:46:00. Alle Postings, welche ab diesen Zeitpunkt von, mit oder über Boris Reitschuster liefen, wurden aufgezeichnet. Darüber hinaus alle Daten, welche Twitter bereitstellt: Also insgesamt alle Tweets, Retweets, Zitate, Erwähnungen und anderes Dinge über Reitschuster selbst. Auch alle Tweets, welche an diesem Tag von ihm abgesetzt wurden.

Ein kleines Beispiel:

Ein kleiner Ausflug in die Daten-Visualisierung: Dieser Tweet ist technisch gesehen ein größerer Knoten in meinen Daten. Diese sogenannten Knoten können Tweets, Hashtags, Links, Media oder User sein, diese verschiedenen Typen haben unterschiedliche Farben zugeordnet bekommen. User sind so zum Beispiel in roter Farbe gehalten und Tweets in grüner. In der unten liegenden Bildergalerie sind einige Exemplare abgebildet. Neben den sogenannten Knoten gibt es auch Kanten, diese "Linien" verbinden die Nutzer (User) so zum einen mit dem dazugehörigen Tweet oder anderen Aktionen. Die blau eingefärbten "Linien" stellen so ein Retweet dar, grüne Kanten zeigen vom Urheber zum Tweet. Damit sich auch erkennen lässt, wo eine Aktion beginnt oder endet: Sind diese "Linien" als Pfeile angeordnet. Die Spitze zeigt immer zum zugehörigen Punkt. Nimmt man so das erste Bild aus der Galerie, so zeigt der Pfeilkopf zu einem Tweet. Die Kanten beginnen, in diesem Fall, jedes Mal bei einem Account(roter Punkt). Das Ende, also der Pfeilkopf,  befindet sich bei dem Tweet, so lässt sich in diesem Beispiel einfach erkennen, welche Person den Tweet wiederum geteilt hat.

Nach und nach entsteht so ein immer dichteres "Spinnennetz", in dessen Mitte der Account von Boris Reitschuster steht. Mit immer mehr Daten lässt sich so eine gewisse Verbundenheit ablesen und vor allem Reaktionsketten werden so deutlich.

Die Daten liegen in einer Datenbank und werden zur bessern Übersicht in verschieden Farben und Größen dargestellt.

Doch was macht man mit den Daten?

Ohne zu sehr in technische oder mathematische Details abzurutschen: Versuche ich euch kurz das Wichtigste zu vermitteln, dabei gehe ich an dieser Stelle noch nicht auf die genaue Methode ein. In den einzelnen Schritten gibt es immer einiges an Beschränkungen und Detailarbeit, dies ist jedoch nicht in kurzer Form zu erklären - daher nur eine kurze Übersicht.

  1. Daten sortieren:

Die Daten werden automatisch sortiert. Auch wenn die Übersicht erstmal etwas chaotisch wirkt, stecken dahinter verschiedene Logiken. In der Mitte befindet sich der Account, welcher beobachtet wurde, hier ist es @reitschuster (Bild 2). Von Reitschuster selbst gehen auch einige Aktionen aus. Auf dem vierten Bild sind die Kanten (Linien) aufgeführt, welche zu seinen eignen Tweets gehen.

2. Daten automatisch analysieren:

Um die Daten besser beurteilen zu können, werden diese am Anfang automatisch analysiert. Dazu gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, so kann man das Netzwerk und die Größe betrachten oder wie stark die einzelnen Akteure miteinander verbunden sind. Dazu verwendet man häufig die Einteilung in Hubs, welche eine Art "Oberknoten" darstellen.

3. Auffällige Daten betrachten:

Nicht alle Daten sind besonders interessant. Einige dieser Daten spielen für eine Analyse eine eher untergeordnete Rolle. Besonders die auffälligsten Exemplare sind dabei häufig sehr spannend. Bei einer Twitter-Analyse steht oft die große Frage im Raum: Spielen Bots eine Rolle und wenn ja: Wie erkenne ich das? Ein wichtiger Schlüssel, um genau dies herausfinden zu können, sind eben diese auffälligen Daten. Man vergleicht die Nutzer unter einander und schaut sich gewisse Muster an.

4. User analysieren:

Am Ende werden auffällige User und zufällige Stichproben genau analysiert. Dazu werden verschiedene Programme genutzt. Neben dem Botometer® bzw. Botsalyer®, jeweils einem Tool der INDIANA UNIVERSITY,  oder unionmetrics.com verwende ich verschiedene freie (Open Sources) Datensoftware und online Tools. Neben diesen Werkzeugen habe ich selbst eine Berechnung geschaffen, welche an Hand von verschiedenen Parametern versucht, die Nutzer einzustufen.

Etwas technisches Englisch:
In diesem Artikel werden häufiger "Fachbegriffe" genutzt, diese sind dabei (wie für das Internet und Programme üblich) in Englisch gehalten.
Posting: Meint jede Art von Tweet (Retweets, Mention etc.)
Tweet oder Original Tweet: Einen ganz normaler Beitrag.
Mention: Ist eine Erwähnung von Nutzern.
Retweet: Eine Funktion, bei welcher man Tweets
von anderen teilen kann.
Hashtag: Mit Raute (#) gekennzeichnetes Schlagwort.
Account/User: Nutzerprofil/Account
Follower: Ein User, welcher einen anderen User folgt. / Abonnent eines Accounts.

Was kam heraus?

Bots werden gerne - oft und schnell einem Land zugeordnet, doch dies ist tatsächlich nicht wirklich so einfach, wie es in verschieden Medien dargestellt wurde. Es gibt natürlich einige Indizien welche diese Annahmen stützen können, doch ohne die User genau rückverfolgen zu können - ist dies eher schwierig. Was man jedoch relativ leicht feststellen kann, ob es ein Bot ist, dabei verhalten sich diese jedoch nicht mehr so primitiv wie vor einigen Jahren und manche Verdachtsfälle stellen sich am Ende, doch als Mensch heraus.

Was ist eigentlich ein Bot?
Ein Bot ist einfach gesagt ein Programm, was dazu eingesetzt werden kann: Gewisse Dinge automatisch auszuführen. Diese Bots können nützlich und informativ sein, aber auch missbräuchlich eingesetzt werden.
Auf Twitter selbst gibt es eine ganze menge Bots, welche klar erkennbar sind und wie der Gesetz des Tages Bot nützlich sein können.

Am Anfang überprüfte ich den Account von Boris Reitschuster selbst. Die Daten waren dabei kaum überraschend und bilden zudem die Eckpunkte des Accounts ab. So hat Reitschuster 9.800 Tweets abgesetzt, folgt selbst 53 Menschen und ihm folgen rund 87.700 Accounts. Die "teil-automatische" Analyse erfolgte anhand der letzten 2198 Tweets. So postet er etwa 8 Tweets am Tag und ist somit im normalen Rahmen unterwegs. Interessanter sind hier schon die Hashtags:

#Merkel x 44
#Bundespressekonferenz x 43
#Spahn x 25#Lockdown x 25
#ARD x 21
#Söder x 18
#BPK x 16
#ZDF x 13
#Corona x 11
#Laschet x 9

Oder welche User von ihm erwähnt oder retweetet werden:

Darunter der umstrittene Nutzer @argonerd (Übersicht des Netzwerkes von ihm) ist in dieser Liste mehrfach zu finden und relativ bekannt für seine Art von Tweets, so wurden in der Vergangenheit gerne Daten oder Fakten aus dem Zusammenhang gerissen oder gewisse Debatten (DIVI-Gate) von diesem Account aus befeuert. Tatsachen wurden teilweise gewollt verdreht. In rechten bis rechts-extremen Kreisen wurde der Account dafür schon länger gefeiert.

Eine Gemeinsamkeit, welche beide Nutzer teilen, ist die eigenartige Auffassung von Meinungsfreiheit und dass man in Deutschland wohl nicht mehr sagen könne, was man denkt. Was beide jedoch scheinbar nicht verstanden haben oder es auch einfach nicht wollen: In Deutschland kann jeder seine Meinung verbreiten, solange es in den Grenzen des Gesetzes bleibt. Nur hat man eben nicht das Recht, dass man selbst vor anderen Antworten geschützt ist. In Nordkorea oder Russland sieht das schon etwas anders aus. Reitschuster schien dies auch einmal zu wissen, um seiner Arbeit nachgehen zu können zog er zurück in die Bundesrepublik und kann sich seit dem hier frei betätigen. Doch ein Recht auf Kritikfreiheit gibt es nicht.

Beiden gemeinsam ist zu dem, die Accounts sind keine Bots. Beide werden jedoch oft von Bots gefolgt und regelmäßig erwähnt. So kam dies, in den Analysen, mehre dutzend mal vor.  Boris Reitschuster veröffentlicht zu 87 Prozent Original Tweets, Retweets machen gerade 2 Prozent aus, daher sind diese auch interessant und lassen eine gewisse Verbindung zumindest erahnen. Zitate Tweets (Quoted tweets) machen ebenso 2 Prozent aus. Alles in allem bisher keine auffälligen Werte.

Bei den Followern lässt sich sagen: der Großteil der Follower ist mäßig bis normal aktiv, doch ein kleiner Teil ist extrem engagiert.

Ein kleines Beispiel: Der Twitteraccount @schwarzehexe5 postet etwa 1098 Tweets am Tag, wenn man die letzten 2195 Posts als Maßstab nehmen würde. Nimmt man alle Tweets als Grundlage, seit Erstellung des Accounts, wären es 434. Diese enorme Zahl ist für einen Menschen selbst kaum zu erreichen. Doch wie erkennen wir nun einen solchen Bot? (Hier klicken um eine Grafik zu diesem Account zu betrachten)

Allgemeine Erkennungsmerkmale von Bots:

  • setzen extrem viele Tweets ab
  • folgen häufig auffälig vielen Leuten
  • haben oft keine oder seltsame bis unnatürlich wirkende Profilbeschreibungen
  • Oft sind keine oder geklaute Profilfots in der Benutzung
  • erwähnen in einem Tweet sehr oft die selben Nutzer
  • Kaum/keine Originale Tweets

Wenden wir diese Merkmale bei dem Account von @SchwarzeHexe5 an:

  • Extrem viele Tweets (zwischen zeitlich sogar 1099, bei 2197) Insgesammt
  • Folgt 1.900 Leuten (eher ungewöhnlich)
  • Keine Beschreibung
  • Profilfoto aus dem Netz (Gemahltes Bild, Teil eines Spiels)
  • Erwähnt häufig Leute
  • Die letzten 2190 Tweets waren alle Retweets (0% Origiginale, 0% Replies)

Dieser Bot war einer der auffälligste Account in der gesamten Beobachtung. Besonders die rechts-konservative bis extreme Seite erhält hier Aufmerksamkeit. Besonders häufig werden die Seiten von Journalistenwatch, Tichys Einblick, BILD und  Reitschuster  über diesen Account geteilt. Ein Muster welches sich bei den weiteren Analysen oft wiederholte.

Laut taz gehört der Blog Journalistenwatch ebenso wie Epoch Times und Anonymous News RU (nicht mit AnonNewsDE verwechseln) zu den Webseiten, welche über Facebook am erfolgreichsten sind.   „Flüchtlingsfeindlichkeit, Rassismus, Merkelhass und die AfD“, sollen demnach die bevorzugten Themen sein.

Häufig teilt SchwarzeHexe5 die Inhalte von Stephan Brander (MdB, AfD). Allgemein lässt sich in der gesamten Datenanalyse sagen, dass die Abgeordneten der AfD besonders häufig von Bots erwähnt oder geteilt wurden. Egal ob es sich hier um Accounts von einzelnen Abgeordneten handelt oder um Verbände (Kreis- oder Landesverbände).

Interessanterweise war es relativ einfach einen gewisses Bot-Netzwerk zu finden. So wurden dort teils die exakt gleichen Tweets und zusätzlich um die selbe Uhrzeit geteilt oder die Bots teilten einfach gewisse Tweets von "ihrem Großmeister".

Bot-Netz "Holger"

Während der Analyse verdichtete sich im Süden (auf der Grafik unten) ein gewisses Netzwerk. In diesem Bereich reagierten sehr viele Nutzer miteinander und dies wiederholt. Eine kleine Auswahl:

Die meisten Bots wurden einfach als Bot bezeichnet, wenn nach dem Namen die Maskierung "Holger" steht ist eine enge Verbindung zu dem Account @holgerewald1 vorhanden. Hier ist ein recht merkwürdiger Account zu beobachten. Dieser Account wurde durch andere schon als Bot bezeichnet. Meine Tools sind sich hier nicht sicher. Fakt ist: Diesen Mann gibt es wirklich und er bewegt sich durchaus in den gewissen Kreisen. Auffällig bei seinem Account ist jedoch die große Anzahl an nachweislichen Bots, welche mit ihm verbunden sind. Holger Ewald folgt zudem extrem vielen Menschen. Im Netz sind über den Herrn kaum Daten vorhanden. Ein Journalist, welcher regelmäßig veröffentlicht, ist der Mann jedoch nicht, so lässt sich bei Google kaum etwas finden. In einigen speziellen Suchmaschinen findet man einen VK Account. VK ist ein soziales Netzwerk und oft bezeichnet man dies auch als "russisches Facebook". Zudem lassen sich Video finden, in welchen Ewald Interviews gibt und auch seine berufliche Kariere lässt sich nachvollziehen. Journalistische Tätigkeit gehört jedenfalls nicht zu seinem Beschäftigungsfeld.

Der Mann hinter dem Foto ist mehr ein Aktivist und freundlich gesagt: Durchaus kritisch gegen unseren Staat eingestellt, so finden sich einige "Interviews" mit ihm. 199 Postings am Tag sind jedoch sehr auffällig und sprechen zumindest für eine gewisse "Freizeit". 70 Prozent der Tweets sind bei diesem Account reine Retweets. Der Bot-Indikator steht bei 50 %. Vorstellbar wäre eine gewisse Automatisierung, was technisch möglich ist. Ansonsten steckt hinter diesem Account ein Mann mit zu viel Freizeit, denn alleine in den letzten 2193 Post wurden folgende Seiten geteilt:

318 x pressecop24.com
210 x epochtimes.de
200 x journalistenwatch.com
108 x de.rt.com
89 x wochenblick.at

Am auffälligsten bleibt bei dem Account die Interaktion zwischen ihm und verschiedenen Bots, da auch exakt gleiche und fast gleiche Tweets mehrfach geteilt wurden (retweets).

Ein klarer Fall aus dem Netz:

Der Account  @roninrebell ist offensichtlich als ein Bot erkennbar.

  • Extrem viele Tweets 112.000 seit 2020
  • Folgt 3.800 Leuten (eher ungewöhnlich)
  • Keine Beschreibung
  • Favorisiert häufig eigene Tweets (Replies) unter anderen Postings
  • Teilt häufig eigene Antworten unter anderen Threads
  • Erwähnt sehr häufig User
  • Die letzten 2190 Tweets waren fast alle Retweets (0% Origiginale, 1% Replies)

Dieser Account verbreitet häufig Seiten mit fragwürdigem Inhalt und bewirbt auch die Telegram Gruppe "RadioSavana". BILD.de, die Verschwörungsseite anonymousnews.ru und RT DE gehören zu seinen meist geteilten Seiten. Während die BILD Inhalte hier als gemäßigt uns eher seriös beschrieben werden können, ist gerade die Seite anonymousnews.ru ein Ort voller Verschwörungsmythen und FakeNews. Inhalte über Baerbock, Drosten und weitere dürften, als justiziabel anzusehen sein und werden hier expliziert nicht geteilt.

(Hier klicken um eine Grafik zu diesem Account zu betrachten)

Von Porno nach Rechts:


Mein heimlicher Favorit unter den ganzen abstrusen Accounts dürfte @bernd471 sein. Am Anfang seiner Twitter Karriere warb der Account für Pornos. Manchmal auch ohne Links. Ging dann zu Musik über und plötzlich war der Account rechts:

  • Extrem viele Tweets 413.000
  • Folgt 14.400 Leuten (extrem ungewöhnlich)
  • Keine Beschreibung (außer Link)
  • Erwähnt sehr häufig Leute - Mention Spamming (Mass Mention)
  • Lange Zeit der Stille (Account könnte übernommen worden sein)
  • Foto zeigt AfD Politiker (eines Kreisverbandes)
  • Die letzten 2190 Tweets waren fast alle Retweets (2% Origiginale, 6% Replies)

(Hier klicken um eine Grafik zu diesem Account zu betrachten)

Interessant sind bei diesem Account einige Punkte, jedoch ist dieser Nutzer wahrscheinlich nur zum Teil ein Bot. Zwar hat auch dieser User ein unglaublicher Berg an Tweets gesammelt, doch findet sich der Mann hier wirklich. Vieles spricht jedoch für eine teilweise Automatisierung, so ist die Masse an Tweets (Retweets) sehr ungewöhnlich. Seit den letzten 2176 Posts kamen 311 Tweets pro Tag. Auffällig sind hier die extrem aktiven Follower, welche hier bei 6,6 Prozent liegen. Zu diesem Account fragte ich bei der AfD (regional) an, es gab bisher jedoch keine Antwort.


Der Account @manou77633472 ist ein erneut einfach erkennbarer Bot.

  • Extrem viele Tweets 98.000 seit 2018 | 220 pro Tag (seit den letzten 2197)
  • Folgt 1.600 Leuten (eher ungewöhnlich)
  • Keine Beschreibung (außer Link zu reitschuster.de)
  • Erwähnt sehr häufig Leute
  • Lange Zeit der Stille (Account könnte übernommen worden sein)
  • Die letzten 2190 Tweets waren zum großenteil Retweets (0% Origiginale, 23% Replies)
  • Profilfoto ist ein Stockfoto

Zwischenzeitlich ist Twitter auch aktiv geworden und hat einige dutzend Nutzer gelöscht. Diese liegen jedoch als "Kartei" Leichen weiterhin im System, nur der Name des Profils bleibt dabei erhalten. Informationen, Bilder und Tweets werden von Twitter zumindest nicht mehr zugänglich gemacht.

(Hier klicken um eine Grafik zu diesem Account zu betrachten)

Es ist also nicht immer ganz so einfach zwischen Bot und Mensch zu unterscheiden:

Wenn ein Account mehr als 50 Beiträge pro Tag verfasst, gilt dieser schon als suspekt beziehungsweise verdächtig. Gerade in der heutigen Zeit ist eine Teilautomatisierung nicht wirklich schwer zu erreichen. Webseiten und Apps ermöglichen es bestimmte Inhalte, wie Tweets von gewissen Usern oder Hashtags  automatisch zu retweeten. Am Ende ist es bei einigen Accounts eher ein schwimmen, als ein klares Fazit.
Umso mehr Merkmale erfüllt werden - Umso wahrscheinlicher handelt es sich um einen Bot.
Wie in diesem Teil des Artikels klar geworden sein sollte:
Man sollte Nutzern auf Twitter mit Vorsicht begegnen. Leider gibt es keine zu 100 Prozent verlässliche oder einfache Methode. Gewisse Tools, wie Botometer® geben einen guten Eindruck, aber sind nicht immer zu verlässlich. Eine erweitere Verifizierung, könnte Abhilfe schaffen. Twitter: Wie wäre es mit einer Art von "Account-Check"? Wenn ein Nutzer es möchte, könnte er so auf Echtheit überprüft werden und für andere wäre dies dann ersichtlich?!
Jedoch sollte Twitter zumindest an seiner automatisierten Bot-Erkennung arbeiten.

Über diesen und weitere Punkte, geht es im zweiten Teil des Artikels:

“Im Rechten Netz” - Eine Twitter-Datenanalyse über Boris Reitschuster | Teil 2
Teil 2: Während der Recherche fiel vor allem die sehr häufige Erwähnung von US Medien auf. Bei diesen Medien handelt es sich mehrheitlich um konservative bis extrem Rechte Seiten beziehungsweise deren Repräsentanten.

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