Die Stimmen, die eine Impfpflicht gegen Covid-19 fordern, werden immer mehr und lauter. Das sagt sich ja auch so schön einfach daher, doch ich habe so meine Zweifel, dass sich die meisten überhaupt überlegt haben, wie das Ganze denn dann praktisch umgesetzt werden soll.
Das Erlassen einer Pflicht oder eines Verbots ist ja nur dann sinnvoll, wenn man sich vorher überlegt hat, wie denn ein Übertreten verhindert oder sanktioniert werden soll.
Man kann wohl davon ausgehen, dass viele der bisher noch nicht Geimpften bei einer Impfpflicht dann auch eine Impfung in Kauf nehmen würden. Da wir aber hier über ein paar Millionen Menschen reden, bleiben dann, selbst wenn sich (nur mal so als Wert ins Blaue hinein) drei Viertel der bisher nicht Geimpften impfen lassen, immer noch ein paar Millionen Menschen übrig.
Und was soll dann mit denen gemacht werden? Sollen die so lange mit Geldbußen bedacht werden, bis sie zahlungsunfähig sind und dann ins Gefängnis müssen? Und dort? Und was ist mit Kindern und Jugendlichen, bei denen die Eltern nicht wollen, dass sie geimpft werden? Die sind ja schließlich noch nicht strafmündig.
Oder sollen diese Menschen dann unter Zwang geimpft werden, notfalls eben auch mit Gewalt? Das wäre ja die einzige Möglichkeit, wenn es tatsächlich darum ginge, die Impfpflicht umzusetzen.
Was wäre dann wohl los, wenn im Internet oder in den Medien Bilder von schreienden Kindern auftauchen, die ihren Eltern von Polizisten entrissen werden, um dann mit Gewalt eine Spritze verabreicht zu bekommen?
Ist unsere Gesellschaft zurzeit gefestigt genug, als dass es bei solchen Bildern nicht zu schweren Zerwürfnissen kommen würde? Ich hab da so meine Zweifel nach 40 Jahren „There is no such thing as society“-Neoliberalismus …
Ein anderes Szenario, das wohl bei der schieren Menge an Nichtgeimpften mit ziemlicher Sicherheit auch das eine oder andere Mal auftreten dürfte: Jemand bekommt zwangsweise eine Impfung verabreicht, regt sich dabei massiv auf, was dann zu einem Herzinfarkt führt, sodass diese Person verstirbt.
Immerhin ist so was nicht absurd, denn bei der Zwangsverabreichung von Brechmitteln bei Drogendealern ist ja in Hamburg 2006 Achidi John zu Tode gekommen. Natürlich ist das generell ein ruppigerer Vorgang als der Pieks bei einer Impfung, aber dafür wurden diese Brechmittel ja (glücklicherweise) auch nicht ein paar Millionen Mal unter Zwang verabreicht – und eben auch nicht bei älteren Menschen, die eventuell Herz-Kreislauf-Vorerkrankungen haben.
Und dann sind da noch die psychisch Kranken. Ich könnte mir vorstellen, dass bei einigen Menschen mit einer Psychose oder Schizophrenie, bei denen die Ablehnung einer Impfung ein Teil ihres Krankheitsbildes ist, ganz üble Effekte auftreten können. Viele von diesen können sich zwar von ihren Ärzten attestieren lassen, dass sie aufgrund ihrer Erkrankung keine Impfung bekommen können. Wenn da jedoch einige „durchrutschen“ und sich dann beispielsweise aufgrund der verabreichten Impfung suizidieren oder in ihrem Wahn verstärkt werden und dann daraufhin irgendwas Schlimmes anstellen, dann dürfte auch ziemlich was los sein.
Wie weit sind wir als Gesellschaft also bereit, bei den Durchsetzungsmaßnahmen einer Impfpflicht zu gehen? Welche Bilder und „Kollateralschäden“ nehmen wir dafür in Kauf?
Und was wird das dann mit uns als Gesellschaft machen? Denn dank Internet und Social Media kann man wohl davon ausgehen, dass solche „Zwischenfälle“ dann auch publik würden. Oder aber, was auch möglich ist, einfach von denjenigen erfunden und dann verbreitet werden, deren Geschäft es eh schon seit Jahren ist, mithilfe von Lügen und Fake News die Menschen gegeneinander aufzuwiegeln.
Eine Impfpflicht, die von denen, die sich bisher bewusst nicht haben impfen lassen, wohl eher als Impfzwang wahrgenommen werden dürfte, ist ein erheblicher Eingriff in die körperliche Unversehrtheit – der zudem wohl nur mit Gewaltanwendung vorgenommen werden kann, wenn sich jemand partout nicht impfen lassen möchte. Und das dürften nicht wenige sein, so verhärtet wie die Fronten in dieser zurzeit extrem aufgeheizten und polarisierend geführten öffentlichen Debatte sind. Wird hier also möglicherweise eine Büchse der Pandora geöffnet, die jetzt noch nicht absehbarer Folgen haben könnte?
„Ich bin für eine Impfpflicht!“ Das sagt sich recht einfach so daher. Doch ich schätze mal, dass die wenigsten, die das momentan gerade so äußern, sich dann auch weiterführende Gedanken bezüglich der praktischen Umsetzung und der Auswirkungen auf unseren eh schon reichlich erodierten gesellschaftlichen Zusammenhalt gemacht haben dürften.
Und genau diese Überlegungen sollten bitte extrem sorgfältig vorher angestellt werden!
Ach ja: Wie immer bei diesem Thema auch hier der Hinweis darauf, dass ich selbst bereits doppelt geimpft bin und auch schon einen Termin für die Booster-Impfung habe.
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