Dass die rechtsextreme und in Teilen sogar faschistische israelische Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Gaza ein Massaker ohne Rücksicht auf Verluste verüben würde, ist leider nicht so überraschend nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023. Wie sehr dabei allerdings nun ganz selbstverständlich und unter Billigung vom Großteil der westlichen Welt Kriegsverbrechen begangen werden, finde ich dann schon erschreckend.

Dass es auf ein derartiges Blutbad hinauslaufen würde, habe ich ja bereits im Oktober in einem Artikel zu dem Thema prognostiziert. Liebend gern hätte ich mich geirrt, aber dafür sitzen einfach zu knallharte Rassisten und Rechtsextreme in der israelischen Regierung und damit an den Entscheidungsstellen, um diesen Krieg in Gaza immer weiter voranzutreiben.

Wie brutal dabei vorgegangen wird ohne jede Rücksicht auf die Zivilbevölkerung ist dann allerdings doch schon etwas überraschend – für mich zumindest. Und was ich vor allem schlimm finde, ist, dass man in den gängigen deutschen Medien davon so gut wie nichts mitbekommt. Hier gilt offenbar für die Journalisten auch die Staatsräson der bedingungslosen Unterstützung Israels – selbst wenn man damit Kriegsverbrechen unterstützt, indem man sie verschweigt.

Doch zum Glück gibt es die viel gescholtenen sozialen Medien. Natürlich findet sich dort auch haufenweise Blödsinn, allerdings gibt es eben auch immer Menschen, die dort Beiträge aus internationalen Medien posten und kommentieren, auf die man sonst nicht so ohne Weiteres gekommen wäre. Robert Zion ist so einer, und schon im US-amerikanischen Vorwahlkampf von 2016 habe ich bei ihm viel Interessantes gefunden, sodass mir bereits im Sommer, nachdem Bernies Sanders vom Parteiestablishment der Demokraten „abserviert“ wurde, klar war, dass Donald Trump die Wahl wohl gewinnen würde – zu einem Zeitpunkt, als hierzulande immer noch die meisten Medien die Präsidentschaft Hillary Clintons als absolut sichere Nummer angesehen haben.

Und so fand ich da bei Robert Zion in den letzten Wochen einige Beiträge, die ein etwas anderes Bild vom Massaker in Gaza zeichnen, als das sonst so von den meisten unserer Medien gemacht wird:

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Das liest sich dann schon ein bisschen anders als das, was man so in der hiesigen Medienlandschaft zu dem Thema überwiegend vorgesetzt bekommt, oder?

Und selbst, wenn dann mal so was angesprochen wird wie die Hungersnot in Gaza und dass diese mittlerweile ein „katastrophales Ausmaß“ angenommen hat – wie beispielsweise in einem Artikel auf Zeit Online, in dem eine Aussage dazu von der Chefin der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) Samantha Power wiedergegeben wird -, dann fehlt dabei in der Regel der Hinweis, dass diese Hungersnot bewusst herbeigeführt wurde und quasi als Methode der Kriegsführung eingesetzt wird. Was ein ziemlich eindeutiges Kriegsverbrechen darstellt.

Auch über ein anderes Kriegsverbrechen der israelischen Streitkräfte habe ich zuerst etwas bei Robert Zion gelesen:

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Immerhin kamen dann allerdings ob der Schwere dieses Vergehens andere Medien auch nicht umhin, darüber zu berichten, wobei dann meistens der Hinweis darauf fehlte, dass die Route, auf der die Helfer ermordet wurden, von der israelischen Armee freigegeben war. Was das Ganze m. E. noch mal deutlich perfider macht und zumindest die Nachfrage legitimieren sollte, ob mit solchen Methoden eventuell gezielt andere humanitäre Helfer eingeschüchtert werden sollen.

Auch aus der Politik gab es hierauf Reaktionen, so äußerte sich laut einem Liveblog in der Süddeutschen Zeitung US-Präsideten Joe Biden wie folgt dazu (man muss recht weit runterscrollen bis zum 3. 4.):

Nach dem Tod mehrerer ausländischer Helfer im Gazastreifen durch einen israelischen Luftangriff hat US-Präsident Joe Biden Israel schwere Vorhaltungen gemacht. „Das ist kein Einzelfall“, beklagte Biden  in einer schriftlichen Stellungnahme. „Dieser Konflikt ist einer der schlimmsten in jüngerer Zeit, was die Zahl der getöteten Mitarbeiter von Hilfsorganisationen angeht.“ Der Demokrat kritisierte: „Israel hat nicht genug getan, um die Helfer zu schützen, die versuchen, die Zivilbevölkerung mit dringend benötigter Hilfe zu versorgen.“ Dies sei einer der Hauptgründe, warum die Verteilung der humanitären Hilfe im Gazastreifen so schwierig sei.
„Israel hat auch nicht genug getan, um die Zivilbevölkerung zu schützen“, sagte Biden weiter. Die Vereinigten Staaten hätten Israel wiederholt aufgefordert, Militäroperationen gegen die islamistische Hamas von humanitären Einsätzen zu entkoppeln, um zivile Opfer zu vermeiden. Biden forderte eine zügige Untersuchung und eine Veröffentlichung der Ergebnisse. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Biden erklärte, er sei „empört und untröstlich“ über den Tod der humanitären Helfer, unter denen ein Amerikaner gewesen sei. „Sie versorgten mitten im Krieg hungernde Zivilisten mit Lebensmitteln. Sie waren mutig und selbstlos. Ihr Tod ist eine Tragödie.“

Das sind zumindest schon mal klar Worte, wenngleich auch hier natürlich die Benennung als Kriegsverbrechen fehlt. Aber immerhin wird Biden schon mal sehr deutlich, indem er beispielsweise betont, dass dies kein Einzelfall wäre.

Und was ist von unserer Bundesaußenministerin dazu zu hören? Nicht wirklich viel. Laut einem Artikel vom Deutschlandfunk Folgendes:

Bundesaußenministerin Baerbock forderte eine gründliche Untersuchung. Solche Vorfälle dürften nicht passieren.

Vorfall? Echt jetzt? Eine widerwärtigere Verharmlosung kann ich mir da kaum vorstellen. Nun dürfte ja mittlerweile jedem politisch Interessierten klar sein, dass Annalena Baerbock das diplomatische Gespür (und wohl auch den Intellekt) eines Rasenmähroboters gerade mal mit Mühe erreichen dürfte, aber hier haut sie nun wieder mal eine Aussage raus, die verdeutlicht, dass es ihr nie um immer wieder gern betonte Werte oder Menschenrechte geht, sondern ausschließlich um geopolitische Interessen. Ich schäme mich für diese Aussage, da ich als Deutscher ja in aller Welt auch von dieser Person vertreten werde.

Auch sonst wird die politische Bigotterie unserer Bundesregierung sehr deutlich anhand dieses Krieges, denn immerhin ignoriert man ja beispielsweise auch den Internationalen Gerichtshof (IGH), immerhin die welthöchste juristische Institution. Dort wurde nämlich schon vor Wochen, nachdem die Klage von Südafrika gegen Israel wegen Völkermord in Gaza als gerechtfertigt erachtet wurde, betont, dass Israel humanitäre Hilfe gewährleisten (und nicht abschießen) sowie die Zivilbevölkerung weitestgehend schonen muss (s. hier). Tja, scheint beim israelischen Militär niemanden so richtig zu interessieren, genauso wenig wie bei den Regierungen (zu denen auch die Bundesregierung gehört), die nach wie vor Waffen liefern. Im besten Fall kann das als vollständiges Versagen beurteilt werden (s. hier), allerdings halte ich das bei dem Andauern des Massakers dann schon für bewusstes Ignorieren des IGH.

Was dann natürlich schon dazu führt, dass es sehr doppelzüngig wirkt, wenn man sich dann zukünftig mal wieder auf die Rechtsprechung und Aussagen des IGH berufen möchte, so es einem dann eben gerade in den Kram passt …

Wie bereits erwähnt: Dass nach dem brutalen und scheußlichen Terrorangriff der Hamas mit einer harten Reaktion Israels zu rechnen war, habe ich ja schon vor einigen Monaten in einem Artikel angedeutet, genauso wie die Vermutung, dass dieser Anschlag einigen in der rechtsextremen Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu durchaus gut in den Kram passen würde. Was nun allerdings gerade in Gaza geschieht, übersteigt dann doch meine damaligen Befürchtungen um einiges. Was dabei vor allem hierzulande erschreckend zu beobachten ist: Nicht nur werden offen rassistische Äußerungen im Zuge von Pro-Israel-Stellungnahmen gerade sehr salonfähig (s. hier), sondern auch der real praktizierte Antisemitismus nimmt immer gröbere Formen an – und zwar im Zuge der Unterbindung von unliebsamen Meinungsäußerungen, die das Vorgehen der israelischen Regierung und Armee kritisch sehen.

Ein Beispiel dafür habe ich ja neulich erst in einem Artikel geschildert, nämlich dass dem Verein „Jüdische Stimme“ das Konto von der Berliner Sparkasse gesperrt wurde, weil man sich eben für ein Ende der Kriegshandlungen ausgesprochen hat. Und seitdem sind einige weitere Versuche, kritische jüdische Stimme mundtot zu machen, hinzugekommen.

So wurde eine Veranstaltung des Heilbronner Friedensrates in der dortigen Volkshochschule unterbunden, weil Moshe Zuckermann, der dort einen Vortrag mit anschließender Diskussion halten sollte, als Antisemit angesehen wurde. Wie absurd dieser Vorwurf ist, schildert Zuckermann selbst in einem Artikel im Overton Magazin, gipfelnd in der Aussage:

Die deutsche Herrschaftsinstitution hat den Juden Moshe Zuckermann für einen Antisemiten erachtet.

Und auch die bedeutende jüdische Philosophin Nancy Fraser aus den USA wurde von der Kölner Universität wieder ausgeladen, nachdem sie dort eine Gastprofessur erhalten hat. Diese hatte zwar inhaltlich kaum etwas mit dem derzeitigen Krieg in Gaza zu tun, allerdings reichte es schon aus, dass Fraser im November letzten Jahres die Erklärung „Philosophy for Palestine“ unterzeichnet hatte und dies anschließend nicht widerrufen wollte, nachdem sie von der Universitätsleitung dazu aufgefordert wurde. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau zu dem Thema finden sich einige sehr interessante Aussagen dazu von Fraser:

Das Ganze sendet auch ein sehr starkes Signal an Wissenschaftler:innen in der ganzen Welt: Wenn du es wagst, bestimmte Ansichten zu bestimmten politischen Themen zu äußern, wirst du hier (in Deutschland) nicht willkommen sein. Eine eiskalte Wirkung auf die politische Meinungsfreiheit.
[…]
Die Verantwortlichen an deutschen Universitäten und Kunstinstitutionen und in der deutschen Bundesregierung, die sowas abnicken, verstoßen eindeutig gegen akademische und offen gesagt auch verfassungsrechtlich verbriefte Normen politischer Freiheiten. Dieser Vorgang wird der deutschen Wissenschaft erheblichen Schaden zufügen.
[…]
Es wäre wichtig ist, dass die Deutschen anfangen sich mit der Komplexität und inhaltlichen Breite des Judentums, seiner Geschichte und Perspektive auseinanderzusetzen. Sie verschreiben sich dieser Idee eines bedingungslosen Treuegelöbnisses gegenüber Israel als Ausdruck der historischen Sühne und Verantwortung. Angesichts dessen, was Israel gerade tut, ist dies ein Verrat an einigen der wichtigsten Aspekte des Judentums als Geschichte und Perspektive. Ich spreche vom Judentum von Maimonides und Spinoza, von Sigmund Freud, Heinrich Heine und Ernst Bloch.

Es lohnt sich, das gesamte Interview zu lesen, denn Nancy Fraser zeigt dort, dass sie zu einer wesentlich differenzierteren und fundierteren Sichtweise in der Lage ist, als dies bei den meisten deutschen Medienschaffenden und Politikern offenbar der Fall ist. Anstatt also sich mal anzuhören, was solche (zumal jüdischen) Stimmen zu sagen haben und sich konstruktiv damit auseinanderzusetzen, erleben wir eine Art der Cancle Culture, die „Antisemitismus“ brüllt und dabei selbst antisemitisch handelt. Geht es noch viel scheinheiliger, geschichtsvergessener und abartiger?

Und dann noch mal was aus den sozialen Medien. Dort berichtete dann nämlich erneut die „Jüdische Stimme“, dass man leider einige Repressionen durch die Polizei erfahren hat:

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Wenn also Juden von einem „zunehmend totalitären Deutschland“ sprechen, dann zeigt das vor allem eins: Wenn man sich mit einem rechtsextremen Regime gemein macht, dann verändert man sich selbst auch in Richtung Rechtsextremismus. Doch das scheint die dummbräsigen Staatsräsonisten entweder nicht zu interessieren, oder aber sie kapieren es schlichtweg nicht.

In jedem Fall ein hochgradiges Armutszeugnis für Journaille und Politik – und ein alarmierendes Zeichen dafür, wie wenig als selbstverständlich erachtete menschenrechtliche Werte bei uns offenbar gesellschaftlich verankert sind.

Nachtrag: Charlotten Wiedemann findet in einem Debattenbeitrag in der taz deutliche kritische Worte für das einseitige und verengte Staatsräsonverständnis der deutschen Politik. Dabei zeigt sie auf, dass Deutschland eigentlich das Potenzial hätte, eine Mittlerrolle durch Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven einzunehmen im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Das ist nicht nur eine „geistige Selbstamputation“, sondern auch mal wieder eine deutsche bornierte Überheblichkeit, indem man anderen erklären möchte, wie man sich bei diesem Konflikt zu verhalten habe, da man sich zweifelsohne als „die Guten“ wähnt. Absolute lesenswert und jedes Wort ein Volltreffer!

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