Ist die Akupunktur risikofrei?

Wenn man den Akupunkteuren und ihren Befürwortern zuhört, könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Akupunktur völlig risikofrei sei. Dabei sollten sie es wirklich besser wissen. Untersuchungen an vielen Tausend Patienten zeigen, dass leichte Nebenwirkungen bei etwa 10-12% aller Patienten auftreten.^[1]

Zudem sind mitunter auch sehr ernste Zwischenfälle nach Akupunktur berichtet worden. Ein Fallbericht erinnert beispielsweise daran, dass Akupunktur im Extremfall sogar tödlich sein kann.

Ein männlicher Patient in den späten Vierzigern starb unmittelbar nach einer Akupunkturbehandlung.^[2] Bei der Autopsie wurden schwere Blutungen im Bereich des rechten Vagusnervs im Nacken festgestellt. Alle anderen Organe waren unauffällig, und die Laborbefunde ergaben auch keine Auffälligkeiten. Die Autoren dieses Fallberichts kamen zu dem Schluss, dass *der Mann höchstwahrscheinlich an einer schweren vagalen Bradykardie und/oder Arrhythmie infolge der Stimulation des Vagusnervs durch die Akupunktur gestorben ist. Nach unserem Kenntnisstand ist dies der erste Bericht über einen Todesfall aufgrund einer Verletzung des Vagusnervs nach Akupunktur.

Es handelt sich also um eine echte Rarität. Viel häufiger wurde ein Pneumothorax nach Akupunktur beschrieben. Dabei perforiert die Akupunkturnadel eine Lunge, die dann ihre Atemfunktion nicht mehr richtig erfüllen kann. Da wir zwei Lungen haben, ist ein solcher Zwischenfall zwar ernst aber meist nicht lebensgefährlich. Wenn ein Akupunkteur jedoch beide Lungen symmetrisch an piekst, wird es dramatisch.

Ein 52-jähriger Mann unterzog sich wegen Nacken- und Rückenbeschwerden einer Akupunkturbehandlung.^[3] Etwa 30 Stunden später wurde er mit schwerem Atem-Problemen in ein Krankenhaus eingeliefert. Der Patient wurde dort plötzlich bewusstlos, sein Herzschlag und sein Blutdruck sanken und er starb trotz Reanimationsversuchen. Die postmortale Ganzkörper-Computertomographie des Opfers ergab einen Kollaps beider Lungenflügel und eine mediastinale Kompression, was auch durch die Autopsie bestätigt wurde. Auf der Haut des oberen und unteren Rückens wurden mehr als 20 Nadelstichverletzungen gefunden, wobei sich mehrere Nadelstiche auf der Projektion der Lunge auf die Körperoberfläche befanden. Als Todesursache wurde ein akutes Atem- und Kreislaufversagen aufgrund eines durch Akupunktur verursachten bilateralen Spannungspneumothorax festgestellt.

Nicht ganz so häufig sind Verletzungen des Herzens durch Akupunkturnadeln. Hier unsere Übersicht zu diesem Thema:

Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit war es, alle Fälle von Herztamponade nach Akupunktur zusammenzufassen. Fünf elektronische Datenbanken und unsere eigenen Dateien wurden nach Berichten über Herztamponade nach Akupunktur durchsucht. Es wurden keine zeitlichen oder sprachlichen Einschränkungen gemacht. Die Daten wurden von zwei unabhängigen Gutachtern nach vordefinierten Kriterien extrahiert. Wir fanden insgesamt 26 Fälle. Bei 14 Patienten waren die Komplikationen tödlich. In den meisten Fällen gibt es kaum Zweifel an der Kausalität. Wir kamen zu dem Schluss, dass die Herztamponade eine schwerwiegende, oft tödliche Komplikation nach Akupunktur ist. Da sie theoretisch vermeidbar ist, sollten Akupunkteure geschult werden, um das Risiko zu minimieren.

Insgesamt sind in der medizinischen Literatur etwa 100 Todesfälle nach Akupunktur beschrieben worden.^[4] Das ist eine vernachlässigbar kleine Zahl, behaupten die Akupunkturanhänger. Das stimmt, es ist eine kleine Zahl, aber sie ist mit großer Sicherheit nur die Spitze eines viel größeren Eisbergs: Es gibt nämlich kein Meldesystem, das schwere Komplikationen erfassen könnte, und in Ermangelung eines solchen Systems kann niemand zuverlässige Inzidenzraten nennen. Und selbst wenn die Zahl der schweren Komplikationen und letalen Ausgänge gering wäre - sogar ein einziger Todesfall ist einer zu viel.