Vor einigen Jahrzehnten war es auf Weihnachtsfeiern und zu ähnlichen vorweihnachtlichen Anlässen noch oft üblich, sich gegenseitig kleine Geschenke zu machen: Julklapp. Heute wird bei solchen Anlässen auch oft noch etwas verschenkt, doch ist das nun meistens das sogenannte Schrottwichteln. Im Grunde eine Kleinigkeit, aber dennoch bezeichnend für unsere Zeit, wie ich finde.
Es gibt nämlich einen entscheidenden Unterschied zwischen beiden Beschenkungsspielen: Beim Julklapp ziehe ich den Namen einer anderen Person und überlege mir dann, was dieser gefallen könnte. Beim Schrottwichteln schaue ich, was ich noch so übrig habe, womit ich nichts anfangen kann – und gebe das dann als Geschenk weiter.
Von dem Hineinversetzen in die Befindlichkeit von jemand anderem also hin zur eigenen Befindlichkeit. Ist jetzt nicht gerade ein Fortschritt, wie ich finde.
Aber das ist eben passend zu unserem Zeitgeist: Der Mensch kreist vor allem um sich selbst und um seinen eigenen Kram, andere werden da in erster Linie als Erfüllungsgehilfen für die eigenen Bedürfnisse gesehen – in diesem Fall, indem man ihnen den Kram aufs Auge drückt, der einen selbst nervt, damit das Zeug keinen Platz mehr in der eigenen Bude wegnimmt.
Wie gesagt: nur eine Kleinigkeit. Allerdings sehr bezeichnend für unsere Zeit.
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