„Die Würfel sind gefallen, Armin Laschet wird Kanzlerkandidat der Union."  Diesen Satz sagte Markus Söder am Dienstag.

Damit bestätigte er Armin Laschets Kanzlerkandidatur. Die Basis ist empört, zum einen über die Vorgehensweise von Laschet und dem Bundesvorstand, zum anderen über die Entscheidung selbst.
Aber wie schlimm ist die Stimmung an der Basis? In den sozialen Netzwerken liest man von vielen Unionsmitgliedern, dass sie nicht bereit sind, für Laschet Wahlkampf zu machen.
Es wird sogar von Massenaustritten berichtet.
Um ein besseres Bild von der Stimmung an der Basis zu bekommen, habe ich mich mit zwei Unionsmitgliedern, die eine sehr unterschiedliche Sicht auf die Dinge haben, unterhalten.

Vorgehensweise


Die Vorgehensweise von Armin Laschet im Bundesvorstand ist hochumstritten, denn: Laschet sagte vor der Sitzung, dass alle Anwesenden ihre Stimme abgeben dürfen. Doch nachdem viele der nicht gewählten Mitglieder des Bundesvorstandes ihre Stimme gegen Laschet erhoben hatten, wurde diesen plötzlich doch das Stimmrecht entzogen.
Für weiteren Unmut sorgte eine Enthüllung der BILD. Demnach war für Laschet von Anfang an klar, dass er ein Votum gegen ihn überhaupt nicht akzeptieren wird. In einer langen Sitzung am Sonntag im Bundestag, zusammen mit Markus Blume, Paul Ziemiak, Alexander Dobrindt, Wolfgang Schäuble und Markus Söder machte Laschet klar, dass die CDU der CSU, im Falle einer Kandidatur von Markus Söder, die Unterstützung im Wahlkampf verweigern würde.
Jan, Mitglied der CDU und JU, sagt zum Verhalten von Laschet und des Bundesvorstandes: „Wenige Monate nach der Vorsitzendenwahl entscheidet sich die CDU zum zweiten Mal trotz vieler Hinweise und Warnungen gegen die Basis. Es gab klare Signale, nicht nur heute, dass  Armin Laschet nicht der Kanzlerkandidat der breiten Mehrheit ist. Interne und externe Umfragen haben deutlich belegt: Will die CDU auch in  der kommenden Legislaturperiode Verantwortung übernehmen, muss Markus  Söder als Kanzlerkandidat ins Rennen geschickt werden."
Kilian Pietsch, ebenfalls CDU Mitglied und Mitglied im Jugendparlament Leipzig, sieht das Verhalten von Laschet und dem Bundesvorstand etwas anders, er schreibt: „Der Bundesvorstand ist eines unserer obersten Parteigremien.  Wir haben als Union keinen festgelegten Prozess, welcher regelt, wie  die Kanzlerkandidatur zustande kommt. Die CSU hat auf die Einberufung  einer Kreisvorsitzendenkonferenz verzichtet und den Ball an die CDU gespielt. Diese hat nun entschieden.  Ob man mit dem Ergebnis einverstanden ist oder nicht, der Bundesvorstand hat die Autorität, die Frage der Kanzlerkandidatur zu entscheiden."
Hier gibt es also unterschiedliche Auffassungen innerhalb der CDU.

Das Verhalten von Armin Laschet ist aber mindestens fragwürdig. Er koppelte sich komplett von den Umfragen an der Basis ab.
Das Verhalten gegenüber der CSU dürfte wohl bei den Mitgliedern auch nicht gut ankommen.

Elfenbeinturm


Schon kurz nach der Entscheidung, die ja fast auf live auf BILD gestreamt wurde, gab es in den sozialen Medien, den Vorwurf des Elfenbeinturms gegenüber dem Bundesvorstand.
Kilian Pietsch dazu:„Ich  sehe eine gewisse Diskrepanz zwischen Parteiführung und Parteibasis,  welche sich über die letzten Jahre hinweg aufgebaut hat. Das Problem liegt jedoch tiefer und ist nicht durch reine Personalfragen zu lösen.  Man muss sich in Zukunft fragen, wie wir als CDU das Verhältnis zwischen  Basis und Führungsspitze definieren wollen. Parteiarbeit und  Mitgliederbeteiligung muss neu gedacht werden. Durch die Leaks der Bundesvorstandssitzung haben wir gesehen, dass die Bedenken der  Basis durchaus vorgetragen wurden und Anklang gefunden haben. Der Vorstand hat sich dennoch für Armin Laschet ausgesprochen. Das kann man  gut oder schlecht finden, aber ich persönlich tue mich schwer damit, den  Bundesvorstand als Elfenbeinturm oder gar Hinterzimmer zu bezeichnen.  Wir werden im September sehen, ob die Entscheidung richtig war. Wenn dies nicht der Fall ist, dann müssen entsprechende Konsequenzen gezogen  werden."
Aufgrund des Übergehens der Basis, sieht Jan den Vorwurf  gegen den Vorstand anders: „Man kann das Verhalten des Bundesvorstands  aus meiner Sicht auf jeden Fall als Elfenbeinturmartig bezeichnen, da ganz offensichtlich »einfache Mitglieder« kein Gehör mehr finden."
Dieser Vorwurf lässt sich also nicht ganz abstreiten, sehr viele Mitglieder haben das berechtigte Gefühl, dass der Bundesvorstand auf ihre Meinung nicht viel gibt.


Austritte


Als Reaktion auf die Entscheidung des Bundesvorstandes gab es viele Berichte über Austritte.
Kilian Pietsch sieht das nicht als gerechtfertigt an: „Austritte gibt es  leider immer. 2015 sind die Leute wegen der Flüchtlingspolitik  ausgetreten, 2020 wegen der Coronapolitik und es werden bestimmt auch  Leute wegen Armin Laschet austreten. Ich halte nichts von Austritten wegen der aktuellen Tagespolitik oder Personalfragen."
Jan sieht das deutlich kritischer, er meint:„Es gibt seit geraumer Zeit einige Rücktrittsandrohungen  und auch konsequente Austritte. Mein Umfeld bestätigt das. Dieses  Phänomen ist nicht vom der Hand zu weisen, aber auch nicht sonderlich  verwunderlich."
Die Austritte wegen Laschet sind also real, auch wenn viele, die es androhen, ihre Partei, trotz dem frustrierendem Ergebnis, nicht verlassen werden.


Wahlkampf


Am Tag danach machten sich viele Unions-Mitglieder auf Twitter Luft.
Sie wollten das Ergebnis nicht akzeptieren.
Den Hashtag #KeinWahlkampffürLaschet sah man unter den Unionsmitgliedern sehr häufig und es spiegelt auch die Erfahrung von einem unserer Gesprächspartner wider, Jan sagt:
„Der Frust sitzt, nicht nur bei mir, bei vielen Mitgliedern tief."
Ob er selber den Wahlkampf für Laschet unterstützt, lässt er offen: „Ob und in welcher Form ich den Kurs der CDU und somit auch Armin Laschet  unterstütze, halte ich mir zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Klar ist: ein »Weiter so« kann es nicht geben."
Kilian Pietsch geht es nicht um das Personal: „Ich möchte Wahlkampf für starke christdemokratische Positionen machen. Für Rechtsstaat, liberale Wirtschaftspolitik und eine vernünftige Lösung der Klimafrage. Ob unser Kandidat dabei Laschet, Söder, Merz oder Röttgen heißt, ist für mich zweitrangig. Es kommt auf die Inhalte an. Wenn diese stimmen, dann sehe ich keinen Grund, warum ich oder andere Mitglieder keinen Wahlkampf für Laschet machen sollten."
Es gibt also durchaus noch Hoffnung auf Unterstützung für Armin Laschet.
Jedoch wird es aufgrund des Ignorierens der Basis nicht einfach die Mitglieder von einem engagierten Wahlkampf zu überzeugen.
In Sachsen-Anhalt setzt man gar nicht mehr auf Laschet, sondern voll auf die Unterstützung von Markus Söder und Friedrich Merz.
Falls dort die Landtagswahl am 6. Juni verloren geht, wird es für Laschet wohl noch schwerer die Mitglieder für sich zu begeistern.


CSU Bundesweit?


Am Donnerstag machte ein Twitterpost der CSU die Runde, auf diesem warb die CSU für ihre Online-Mitgliedschaft mit dem Slogan „Markus Söder unterstützen?-Bei uns möglich" Auf Twitter war die Sache danach für viele klar.
Die CSU steht in den Startlöchern für ein bundesweites antreten.
Meine Gesprächspartner halten das aber beide für unwahrscheinlich.
Kilian Pietsch auf die Frage, ob er ein bundesweites Antreten unterstützen würde: „Die Beziehung  zwischen CDU und CSU ist angespannt und muss wieder repariert werden.  Das ist jetzt die Aufgabe von Armin Laschet. Eine bundesweite CSU, bzw. eine bayrische CDU, würde ich nicht unterstützen und ich denke die große Mehrheit sieht das genauso. Die Union ist nur zusammen und nicht gegeneinander stark."
Ähnlich antwortet Jan: „Bei einer bundesweiten Kampagne der CSU bin ich skeptisch, obgleich ich ihr wohl programmatisch näher stehe. Ich denke nicht, dass die CSU in anderen Teilen Deutschlands punkten kann, da sie in Bayern fest verwurzelt und sozialisiert ist." Er unterstütze die Partei aber wo er kann.


Fazit


Das Vorgehen von Armin Laschet ist höchst fragwürdig.

Er entschied im Bundesvorstand über den Kopf der Basis hinweg und untersagte der CSU im Falle einer Kandidatur Söders die Unterstützung der CDU.
Am Tag danach hagelte es geradezu Austritte und Verweigerung von Unterstützung für Laschet.

Diese Leute wieder einzufangen wird ein schweres Unterfangen für den CDU-Vorsitzenden.
Aber:„Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird" diese Redewendung lässt sich auch wunderbar auf die aktuelle Lage der Union anwenden.
Zwar sagen viele, sie werden den Wahlkampf von Armin Laschet nicht unterstützen, jedoch werden nicht alle, die jetzt sagen,dass sie die Unterstützung verweigern, dies auch tatsächlich tun.


Ich danke den beiden Gesprächspartnern für ihre Bereitschaft die Fragen zu beantworten.

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